Schrackendackel,
es ist nun einmal so, daß man seitens der Ernährung von Zitruspflanzen heraus gefunden hat, daß Kalk ein Ernährungsproblem darstellt.
Inzwischen haben große Dünger Hersteller eingelenkt. Compo hat z.B. die Pflegehinweise zu Zitrus immer ganz, ja oft Doppelseitig gehabt, weil die Pflanzen so kompliziert sind.
Aufgrund der Studie wurde der Dünger von Compo angepasst und der Leithinweis zu Pflege wurde inzwischen auf eine Viertelseite geknappt.
Es ist schon richtig, das Calciumcarbonat, oder schlicht Kalk(-stein) im Boden z.B. Eisen bindet. Doch dies ist abhängig vom Boden pH-Wert.
Das ist nun eine sehr komplexe Sache, denn der Boden pH-Wert steigt nun nicht gleich an, weil man mit Leitungswasser gießt. Es kommt also darauf an, wieviel Kalk man dem Boden zuführt, und wieviel Säuren. Oft ist es so, zum Schrecken der Besitzer, daß der pH-Wert des Bodens weit unter 5 gefallen ist, was in toxische Bereiche für Zitruspflanzen kommt.
Das kann man nachlesen:
The Citrus Industry - ist ein Link, auf ein leider englisches Fachbuch, welches ich nicht besitze, aber für den Link dankbar bin.
Ich halte es, mit Verlaub, als eines der Besten Werke welches geschrieben wurde.
Schaut man dann noch in alte Schriften, wie z.B. den Comelyn, so fällt auf, daß man sich um den Kalk damals kaum Sorgen machte, wohl aber heute darum Sorgen macht, weil er bei bestimmten Pflanzungen und Umständen Probleme bereitet. Probleme, die bei uns zumeist nicht auftreten, weil wir selten in Muschelkalkböden oder Natriumsalzböden pflanzen, sondern meist mit einer gut ausgesuchten Erde ein optimum finden, welches die Natur kaum besser hinbekäme.
Somit ist Kalk im Boden sicherlich erst einmal, aufgrund dieser Umstände kein Problem und bei den leicht sauren Böden ist die Festlegung der Spurennährstoffe auch kein Problem. Man muss also nicht Eisen reintun, und das Substrat zu einer Erzmine umgestalten, die Pflanzen braucht es ja, aber selten in den Mengen, die wir zudosieren.
Auch das belegte die Studie aus Geisenheim, deren Link ich gerade nicht finde. Vielleicht ist Kai so lieb....
Das ist übrigens bei allen Topfpflanzen so.
Jetzt kommt als nächstes, daß die meisten Pflanzen mal mehr und mal weniger Calcium brauchen. Der Kalk im Wasser ist ja gelöst, sprich das Schwimmt ein Ion Calcium rum, und ein Ion Carbonat.... Das Carbonat könnte nun sich mit Eisen verbinden, aber unter sauren Bedingungen auch in Wasser und Kohlendioxid umgewandelt werden, es verflüchtigt sich also, das Calcium selbst wird gern von der Pflanze gefressen, also aufgenommen. Sie braucht es für die Zellwände.
Daher ist in allen Erden auch Calcium drinne, insbesondere Torfkultursubstrate haben oft nicht unerhebliche Mengen an Calcium, weil diese sonst aufgrund der Huminsäuren des torfes so sauer wären, daß nichts darin gedeihen würde... Glaubste nicht? Geh mal in ein torfmoor und schau dir die Lebenskünstler dort an.... die holen sich zum Teil den Kalkbedarf über irre Wurzeltiefen aus dem Grundwasser, ja andere neigen zu Krüppelwuchs und Missbildungen, weil der stabiliserende Kalk in Zellwänden fehlt....
Auch daher hat man in Geisenheim davor gewarnt.
Also, saure Böden sind nachteilig, wenn diese zu sauer sind, weil nicht genug Calcium zur Verfügung steht. Jedenfalls nicht in der Form, daß es die Pflanzen aufnehmen könnte.
Das Gegenteil von Sauer ist nun mal Basisch, oder Alkalisch.
Hier überwiegen die Basen. Insbesondere Natron, also die Laugenverbindung aus Natrium sind hier zu nennen, aber auch Bor und Magnesium sorgen für stark alkalische Reaktionen.
Das geht nun nicht besonders gut, weil nun Eisen gern durch diese Laugen zu unlöslichen Verbindungen gebunden und damit Pflanzen verfügbar gemacht wird.
Der Webber hat hierzu auch Ideen, empfiehlt er die Pflanze mit entsprechenden Chelaten zu behandeln, was zum Teil glaube ich, in Australien gemacht wird. Mit Erfolg, denn die Pflanze braucht es in Spuren, nicht in Mengen.
Also wäre nun erst einmal der hohe Boden pH-Wert nicht schlimm, man müßte die Pelfe ein wenig anpassen, geht auch.
Doch meist ist es gar nicht so, daß wir das merken, denn viele der Pflanzen sind auf Veredelungsunterlagen vermehrt, und auch dies ist eine Technik aus den Anbauländern, die eben Kalk vertragen. Gerade in Süditalien ginge es gar nicht anders, da Sizilien oder auch Calabrien sehr hohe Boden pH-Werte aufgrund Kalkstein hat, da könnte man gar nicht anders pflanzen.
so sind eben viele Importpflanzen der Gartencenter so vermehrt, da passiert gar nichts, die Pflanzen können das ab.
Die meisten gehen davon aus, daß die Wurzeln Zitrussäure ausscheiden und so im sich herum ein leicht saures Milieu verschaffen, welches dann einfach auch die schwer löslichen Stoffe wieder verfügbar macht.
Andere nehmen an, daß die Pflanzen mit bestimmten Bodenpilzen in Symbiose leben, und so von den Pilzen diese schwer löslichen Stoffe aufgespalten als Futter bekommen, die Pilze dafür sekundäre Pflanzenstoffe als Nahrung erhalten - Job Sharing.
Wie auch immer: Solche Pflanzen leiden keinen Mangel, selbst in Kalkböden.
Somit muss eine Pflanze erst einmal empfindlich reagieren, und selbst dann kann der Topfgärtner das umgehen, braucht er doch nur seine Erde tauschen.
Oft merkt also der Topfgärtner das gar nicht, topfen viele rascher um, als der Boden überhaupt so mit Kalk gesättigt ist, daß der pH-Wert so hoch steigen würde, daß es kritisch wird.
Es ist also Panikmache, das Kalk schädigt. Es ist nicht haltbar.
Schlimmer ist es, wenn der pH-Wert unkontrolliert fällt, was bei kalkarmer Kultur das Zellgewebe schwächt, die Pflanze anfälliger macht und zudem die wuchskraft etwas drosselt. Und dank der meisten Dünger reagiert die Düngerlösung trotz Leitungswasser eher sauer, als basisch, so daß die Erde auch immer schön angesäuert wird, und so langsam der Puffer schmilzt, bis eben der pH-Wert so sauer geworden ist, daß es ungemütlich für die Pflanze geworden ist. Biologisch an die Grenze gefahren....
So, ich hoffe Du konntest folgen.
Wenn noch jemand der Link zu der Geisenheimer Studie nachlegt, kannst Du Dir das sogar aus fachlich einwandfreier Quelle zu Gemüte führen, wo dann eben mit kalkfreiem Wasser bestimmte Düngerlösungen ausprobiert wurden und da kannst du sehen, was passiert ist.
Irgendwo hatte ich auch mal, glaub ich, die vollständige Studie und nicht bloß die Veröffentlichung gelesen, da war es noch viel ausführlicher bebildert und erklärt.
Und zudem: Auch hier im Forum gibt es genug, die seit Jahren erfolgreich mit kalkhaltigem Wasser gießen, die so eine aussage vor den Kopf stößt.
Denn wenn es schädlich wäre, diese Leute wären nicht erfolgreich.
Übrigens: eine kalkarme und kalkfreie Kultur führt nicht gleich zu Problemen und Schäden, die Pflanze kann es gut kompensieren, es sind eher Sekundärsymptome die zu Problemen führen... und viele Blatt-Chlorosen, so die Geisenheimer Forscher, scheinen dann doch eher Calcium Chlorosen zu sein, als auf Eisenmangel schließen zu lassen....