Ja, was soll ich sagen!? Ich bin überrascht und erstaunt über Deinen Sinneswandel...
Vorsorglich habe ich Deinen Text ausgedruckt und in 'nen roten Bilderrahmen eingerahmt. Bin gespannt, wie die Lage aussieht, wenn es wieder Winter ist, alles kalt und Schmuddelwetter. Und grau, kein bisschen Grün in der Natur, die da schlummert. Ob du da nicht doch schwach werden könntest... *zwinker*
Nein, Spaß beiseite. Ich kann das schon nachvollziehen und Dich verstehen. Entspannt schlendert durch den Garten, wer sich für 30 ct 'ne Tüte Harzfeuer F
1 im Supermarkt mitgenommen hat, sinngemäß.
Da fühlt man sich als Pionier und muss dem letzten Trend, den neuesten und den seltensten Sorten hinterher jagen. Und nachher hat man das G'schies. Sei es bereits im Winter, wenn eine Lieferung verloren geht oder vom Zoll gekrallt wird. Oder dann der teure bzw. mühsam besorgte Samen nicht keimen will. Und na-ja, man überhaupt alles dafür tut, dass der auch ja keimt: Nicht zu nass, nicht zu trocken, nicht zu warm, nicht zu kalt. Und sich genau so nach diesem Schema durch die Saison durch zieht. Man die Tomaten verhätschelt, als wären es Tomagotchis. Und am Ende kommt ein Hagelschauer, die Rostmilben oder die Braunfäule und macht alles zunichte. Und wenn man doch das Glück hat mit 'ner Ernte gesegnet zu sein, dann schmecken die Tomaten scheußlich. Wie Gerds Fall zeigt. So oder so ähnlich läufts doch in unser allen Gärten ab, stimmts!?
Da kommt man sicherlich (oder hoffentlich!) mal auf die Schiene sein eigenes Handeln zu hinterfragen. Und vielleicht die Konsequenz zu ziehen, einfach mal einen Gang runter zu schalten. Um zu erkennen, dass eben das Leben oder wegen mir die Freizeit auch noch andere Facetten kennt, als sich den Tomaten aufzuopfern.
Viele von uns haben so viele Tomaten-Sorten. Viele davon sogar noch in der verschlossenen Original-Tüte, noch nicht mal einmal ausprobiert die Sorte. Anstatt sich immer neue und neue Samen von Übersee zu importieren, wäre es vielleicht mal zur Abwechslung nicht verkehrt zumindest eine Saison lang auszusetzen, und die Sorten auszuprobieren, die man bereits sicher im Archiv rumstauben hat, bevor der Samen zerfällt. Oder zu sagen ich habe bereits hunderte von Sorten ausprobiert und davon meine persönlichen Favoriten gefunden, die mir schmecken und die gut in meinem Garten arbeiten. Ob man sich nun nicht verdientermaßen in "Tomaten-Rente" begeben könnte und mit dem Bewährten seinen Hobbygarten bestreitet.
Ich stehe allerdings zu dem was ich mache, meinem Projekt, meinem Acker und alle darauf befindlichen Tomaten und zu dem was in meiner Signatur geschrieben steht. Ich kann das für mich vertreten, solange ich eben aus einer Distanz heraus gärtnere und den Tomaten keine all zu hohe Priorität einräume. Allerdings geht es mir da nicht einfach nur um einen "Hype". Nicht einfach nur um das Sammeln, nicht einfach nur um den letzten Trend oder seltensten Sorten hinterher zu jagen. Ich mache das für mich, es macht mir Freude, es ist meine Leidenschaft. Und ich kann das seit diesem Jahr auch nahezu grenzenlos ausführen. Aber ich rechtfertige das im Rahmen meiner Pflanzenzüchtung. Wo eben das Ausprobieren neuer Sorten Jahr-für-Jahr auch wertvolle Talente zutage geführt hat, welche durchaus Potenzial haben in eigenen Pflanzüchtungsprojekten als Eltern oder Einkreuzungen genutzt zu werden.
Sei es wie es will - ich mach mich auf den Acker. Ich werd gießen müssen. Ne, müssen ist nicht das richtige Wort: Ich habe Lust meine Tomaten zu gießen. Ist grundsätzlich immer alles eine Einstellungssache. Ich versuche trotz teurer und seltenen Sorten recht entspannt durch die Reihen zu schlendern. An manchen Tagen gelingt mir das besser, an anderen weniger gut. Aber ich habe aus den Erfahrungen der letzten drei Jahren mit der Braunfäule 2010, dem Unwetter in 2011 und den Rostmilben 2012 gelernt, dass egal wie man den Maßstab anlegt, die einzig richtige Maßeinheit die ist, entspannt zu gärtnern. Egal was man tut. Denn wir müssen mit unseren Tomaten nicht unser täglich Brot verdienen, sondern Erholung finden, genau damit wir eben unser täglich Brot verdienen können und den stressigen Alltag meistern können.
Grüßle, Michi