Hallo.
(Nun habe ich mich entschlossen, mich doch nochmal einzumischen - insbesondere, um zu versuchen, ein bisschen die Panik aus den großen Zahlen zu nehmen.)
Ich denke, es ist wichtig, darauf zu achten, aus welchen Quellen die Informationen stammen, die man sich zu Herzen nimmt oder auch weiterverbreitet. Es sind nicht immer seriöse Informationen, die da so bei Facebook oder in manchen Foren geposted werden. Auch bei Bild und manchem RTL-Infotainment wäre ich vorsichtig.
Aus diesem Grund nochmals meine Empfehlung:
Corona-Update mit Christian Drosten
(Ich weiß: Heutzutage ist es schwer, sich lange auf eine Sache zu konzentrieren. Jedoch ist 1/2 Stunde pro Folge der Erklärung komplizierter Sachverhalte samt seriösen Einordnung geschuldet.
Vor zwei Tagen sagte ein Vertreter vom Robert-Koch-Institut:
70 % werden mit dem Corona-Virus befallen, nicht sofort, vielleicht innerhalb der nächsten 2 Jahre.
Zu erwartende Mortalitätsrate 0,5 %.
83 Mio., davon 70 % = 58.000.000
davon 0,5 % = 290.000.
Sehr schlimme Aussichten.
“Seriösere“ Quellen sprechen von bis zu 290.000 Toten in Deutschland, was rein rechnerisch bei 82 Millionen Menschen nicht „viel“ wäre...
Zunächst zum Unterschied zwischen Mortalität und Letalität:
Die Mortalität (Sterblichkeit) ist die Anzahl der an einer Krankheit Verstorbenen in einem bestimmten Zeitraum (meist 1 Jahr). Bei der Mortalitätsrate steht im Zähler die Mortalität, im Nenner die Zahl derer, die die bestimmte Krankheit bekommen können. Beispiel:
Im Jahr 2017 starben 932.272 Menschen in Deutschland, davon 344.500 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, 227.600 an Krebs, 68.400 an Krankheiten des Atmungssystems:
Statistische Daten zu den Todesursachen von Frauen, Männern und Kindern (u.a. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Suizid, Unfälle).
www.destatis.de
Das ist jeweils die Mortalität. Die Mortalitätsrate für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in 2017 lag also bei:
344500/83000000 = 0,41%. Es stirbt jährlich ca. 1,1% der Bevölkerung (nicht-krankheitsspezifische Mortalitätsrate).
Letalität (Fallsterblichkeit) ist der Anteil derer, die an der Krankheit versterben, an der sie bereits erkrankt bzw. mit dessen Erreger sie infiziert sind. Es sterben also z.B. 0,5% derjenigen, die mit dem Virus infiziert sind. So errechnen sich dann viele die rohen Ziffer von 290.000 Todesfällen aufgrund von SARS-CoV-2.
Diese muss dann aber noch zusätzlich eingeordnet werden. Z.B.
> Es handelt sich um eine Letalitätsschätzung unter den aktuellen Umständen - und das sind mancherorts z.B. fehlende Intensivbetten und Beatmungsgeräte. Deshalb doch der ganze Aufwand zur Verlangsamung der Infektionswelle.
> Die 60-70 % Infektionen, die es bis zur Herdenimmunität braucht, sollen ja möglichst spät eintreten. Man rechnet oft mit 2 Jahren. Sollte vorher eine Impfung zur Verfügung stehen, wird diese in die 60-70% eingerechnet. Dies wird nicht die Letalität beeinflussen, jedoch die Mortalität senken, weil man die Letalität dann ja nur auf weniger als 60-70% "echte" Infektionen anwenden kann. Wahrscheinlich wird es noch vor den Impfungen bessere Therapien geben, als es derzeit der Fall ist. Dies wird die Letalität senken.
> Jährlich sterben ja sowieso fast 1 Mio. Menschen in Deutschland (hochgerechnet auf 2 Jahre: 2 Mio., vielleicht meinten die "Ärzte im TV" das so) - davon sehr viele an Krankheiten, die in der aktuellen Diskussion um die gefährdeten Bevölkerungsgruppen, als "Vorerkrankungen" bezeichnet werden (Statistik s.o.). Wenn also jemand mit Herzinsuffizienz einen Monat früher und dann an COVID-19 stirbt, wird er als Corona-Todesfall bezeichnet und bei den Herz-Kreislauf-Todesfällen abgezogen.
Ich habe gelernt, dass sich dies (für Hausgärtner recht anschaulich) "Harvest-Effekt" nennt: Wenn man zur Ernte das Apfelbäumchen schüttelt, fallen vornehmlich die Äpfel, die in den nächsten Tagen sowieso herunterfallen würden.
Ich weiß: das klingt hart und ist für die Betroffenen auch wenig tröstlich. Meine Mutter ist 82 und es wäre mir lieber, wenn sie erst in ein paar Jahren vom Baum fiele, als dass sie in diesem Jahr schon heruntergeschüttelt würde. Und deshalb werden wir einiges tun, um sie zu schützen. Für sie einkaufen, möglichst wenige Kontakte, keine riskanten Oma-Besuch unserer Kinder, ... und vorgestern habe ich sie zur Pneumokokkenimpfung geschickt.
Bitte entschuldigt den langen Text.
heiteck