Hallo allerseits,
die Frage war ja, warum der Baum nicht trägt. Dann ist es schon fast als off topic zu bezeichnen, wenn zum Schnitt des Baumes geraten wird. Ein Schnitt, auch wenn er zweckmäßig ausgeführt wird, führt zu einer Verzögerung des Ertragseintrittes, er beschleunigt ihn jedenfalls nicht. Ich sage das, weil ich immer wieder höre und lese, dass zu Schnitteingriffen geraten wird, wenn ein Obstbaum nicht trägt. Damit verhindert man zwar künftige Probleme, behandelt das bestehende Problem des fehlenden Ertrages aber nicht.
Ließe man den Baum einfach "machen", käme er also früher in den Ertragseintritt. Dies macht man natürlich nicht, weil solche Bäume früher vergreisen und keine langlebige kräftige und statisch sinnvolle Krone ausbilden.
Deshalb ist der Schnitt grundsätzlich notwendig und auch bei diesem Exemplar anzuraten. Er sollte aber bei dem bestehenden Symptom (schlechter Ertrag) nur ganz selektiv und vorsichtig angewendet werden. Der Schnitt in der Vergangenheit war eher zu stark, da der Baum starken Neutrieb aufzeigt.
Da ist die Idee, die Äste zu spreizen, schon eher zielführend.
Apfel blüht und fruchtet am mehrjährigen Holz. Entfernt man dieses durch jährlich starken Schnitt kann man den Ertragseintritt erfolgreich verhindern

.
Auch Befruchtungsprobleme sind beim Apfel selten. Gala ist eine diploide Sorte und sollte daher keine Befruchtungsprobleme haben. Steht der Baum in einer Gartenanlage mit anderen Apfelbäumen im Umkreis von bis zu 1 km, dürfte kein Befruchtungsproblem vorliegen.
Was ist es dann? Schaut man sich den Baum an, sieht man sehr wenig Fruchtholz. Dies könnte daran liegen, dass der Schnitt zu kräftig ausgefallen ist. Steht die Sorte auf Sämling als Unterlage, dauert es auch lange bis zum Ertragseintritt. 10 Jahre wären dann nicht ungewöhnlich. Bei Hochstämmen dauert es regelmäßig so lange.
Ich persönlich würde empfehlen künftig vorsichtiger mit der Schere zu hantieren. Überflüssige Triebe werden ganz entfernt, andere werden möglichst gar nicht geschnitten und formiert, also flacher gestellt. Hierbei darauf achten, den Trieb nicht zu flach zu stellen, wenn es nicht ein reiner Fruchttrieb werden soll, der ohnehin nach einigen Jahren erneuert wird. Dies würde sonst dazu führen, dass der Trieb schwach bleibt und seine Funktion als Gerüstast nicht übernehmen kann. Bitte auch nicht zu viele Gerüstäste zulassen, 3-4 genügen. Die Gerüstäste verzweigen sich später ja auch noch und brauchen entsprechend Platz.
Ob die "Wasserschosser" nun gerissen oder geschnitten werden, ist dann eher eine Nebensache und zum Teil auch Geschmacksfrage.
Ansonsten finde ich den Baum durchaus gelungen. Es dürfte bei künftig vorsichtigem Schnitt und dem formieren der Triebe nur eine Frage der Zeit sein, bis der Vollertrag einsetzt.
Jetzt noch etwas konkreter:
Ich persönlich würde die schon dicht werdende obere Kronenpartie auslichten, indem ich ganze Triebe entferne. Ziel ist es, die unteren Astpartien, die ja die künftigen Gerüstäste darstellen sollen, wieder gut mit Licht zu versorgen. Dann würde ich nur die geplanten Gerüstäste anschneiden (ca. 1/3 tel bis 1/2 des Neutriebes einkürzen), um ihr Dickenwachstum zu fördern. Tut man dies nicht, kippen sie erfahrungsgemäß früher oder später ab. Dafür reicht schon das Gewicht des sich bildenden Seitenholzes oder die eine oder andere Frucht. Steil und dicht stehende Jungtriebe (Wasserschosser) komplett entfernen. Damit meine ich den einzelnen Trieb. Keinesfalls sollten alle Wasserschosser entfernt werden. Nur die ungünstig stehenden, da auch Wasserschosser letztlich zu Fruchtholz führen. Alle anderen Triebe werden belassen und vor allem nicht angeschnitten. Sie werden sich in der kommenden Saison mit Seitenholz garnieren, welches ebenfalls vorsichtig ausgelichtet werden muss. Dies bildet das künftige Fruchtholz. Die Fruchttriebe können zusätzlich auch formiert (flacher gestellt) werden, um die Fruchtholzbildung noch zu forcieren. Die Gerüstäste werden nur dann flacher gestellt, wenn dies wirklich erforderlich ist. Sie brauchen "Zug" um künftig wüchsig zu bleiben und nicht zu verkümmern.
Im Zweifel einen Trieb einfach "lang" stehen lassen. Er kann später immernoch entfernt werden.
Bei den obigen Tipps gehe ich von einem klassischen Halbstamm mit Gerüstästen (Rundkrone, Hohlkrone etc.) aus. Bei der Spindelerziehung behandelt man einfach alle Äste wie Fruchtholz. Hierfür eignen sich aber eher schwächerwüchsige Unterlagen, die auch einen früheren Ertragseintritt induzieren. Eine Spindel als Halbstamm wäre ebenfalls ungewöhnlich.
Ich würde also auch zum Schnitt raten aber zu weniger Schnitt :grins:. Vor allem das Fruchtholz bzw die künftigen Fruchttriebe (alles was nicht Gerüst ist) sollte ganz in Ruhe gelassen werden.
Meine Vermutung ist, dass der Baum bisher nur sehr spärlich geblüht hat. Dann helfen weder eine zusätzliche Befruchtersorte noch mehr Bienen. Die Zeit wirds in diesem Fall heilen.
VG
carot