Okay, nächste Wetterstory: Ich wurde gestern nämlich von einem Gewitter vermöbelt.
Ich war auf weiter Flur mit dem Fahrrad unterwegs, als sich mir dieses Gewitter in den Weg gestellt hat. Der Zwischenfall lief in drei Akten ab...
- Erst kam dieses Regenband mit einer unbeschreiblichen Geschwindigkeit auf mich zu, das sah wirklich bedrohlich aus und gefiel mir überhaupt nicht. Ich versuchte noch eilig eine Scheune zu erreichen, was mir aber nicht mehr gelang. In wirklich weniger als einer Sekunde war ich nass bis auf die Unterhose und noch weit darunter.
- Da ich nasser nicht werden konnte, wollte ich an Ort & Stelle ausharren. Aber das Unwetter hatte andere Pläne für mich, als sich zum Sinnflutregen noch Hagel dazu gesellte. Da dieser sich wenig angenehm anfühlte, wollte ich meinen Plan wieder aufnehmen den Unterschlupf zu erreichen.
- Aber keine Chance, den zwischenzeitlich kam noch als dritte Komponente der orkanartige Sturm dazu. Das war dann für mich der Moment, wo ich das Gefühl bekam, dass das wenig gut ausgehen wird. Ich verlor komplett die Orientierung, es war keine Sicht mehr möglich. Das Atmen fiel schwer, ich hatte das Gefühl Unterwasser zu sein, da ich ständig Wasser einatmete. Dazu noch Hagelgeschosse, die aus horizontaler Richtung mit einer Geschwindigkeit von bis zu ~ 125 Km/h (laut der Messstation in unmittelbarer Nähe) schmerzhaft auf mich einschlugen. Dann verlor ich den sicheren Halt unter meinen Füßen, stolperte einige Meter und stürzte dann letztlich zu Boden (zum Glück Wiese).
Dort haderte ich dann aus, zusammengekauert, mich irgendwie schützend. Und mein zentraler Gedanke war eigentlich nur: Dieser Hagel darf nicht größer werden, sonst gehen mir noch die Lichter aus. Denn vom wilden Getöse um mich herum wurde nur ein Geräusch noch übertönt, und das war das Geräusch in meinem Kopf, wie dieser Hagel auf meine Birne knallt. Und dieses Geräusch empfand ich wahrlich als unangenehm, schlimmer als der Schmerz der fitzenden Hagelkörner.
Irgendwann hörte das Geschehen sehr plötzlich wieder auf (als würde man den Schalter auf off stellen). Ich stand da, schaute mich an, war übersät am ganzen Körper mit roten Flecken (die jetzt blau sind), die teilweise etwas bluteten. Ich fasste mir auf den Kopf, in die Haare. Aber da war nichts, keine Blutung, keine Beulen. Der Hagel war glücklicherweise nicht größer als 2 cm.
Die Sicht war wieder klar und ich begann mich wieder zu orientieren. Ich war recht irritiert darüber wo ich eigentlich stand. An total anderer Stelle wo ich glaubte mich zu befinden oder wo ich zumindest zuletzt war, als ich noch Orientierung hatte.
Ich hatte das Gefühl, dass die Geschehnisse gerade eben schneller abliefen, als es mir möglich war diese im Kopf zu verdauen. Als stand ich da einfach rum, eine Weile. Im Begriff das gerade Erlebte zu reflektieren und mich über meinen Standort zu wundern.
Dann begann ich mein Fahrrad zu suchen. Als ich es gefunden hatte realisierte ich erst, dass ich etwas verschwommen sah, griff mir ins Gesicht und merkte, dass meine Brille fehlte. Dann erst merkte ich, dass eine Frau mit ihrem Hund auf mich zu kam. Sie war genauso mittendrin in diesem Unwetter wie ich - sie hat sich zusammengemurmmelt an ihren Hund geklammert. Gemeinsam suchten wir meine Brille und redeten über das gerade Erlebte. Während wir das taten, hörte man schon die Feuerwehr fahren.
Letztlich fanden wir meine Brille, ich versuchte sie am total durchnässten T-Shirt trocken zu wischen und setzte sie auf. Als ich den Fernblick wieder hatte, wurde mir erst richtig klar, welches Glück wir hatten und mich das Unwetter orientierungslos weg von Bäumen und Gegenständen getrieben hatte.
Das Gras auf der Wiese platt, der Mais umgenietet. Eine Eiche entwurzelt. Viele abgerissene, teils etwas größere Äste. Auch ein Verkehrsschild hat es umgenietet. Ein paar runtergewehte Dachplatten.
Und ich war fasziniert davon. Anstelle nach Hause zu gehen mit meinen nassen Klamotten, hab ich Fotos gemacht (ja, mein Smartphone hats überlebt) und hab versucht die Schäden einzuordnen. Ich war nicht lange allein auf meiner Schadenssuche-Fahrrad-Tour. Hab da noch eine Hobby-Meteorologin (in Fachkreisen nennt man sie "Stormchaser") kennengelernt. Kurzerhand mit triefnassen Klamotten in ihr Auto gestiegen, bissl rumgefahren um nach Schäden zu suchen.
Es zeigte sich, dass es ein sehr lokal begrenztes Ereignis war. Schäden begannen 6,5 km entfernt, entlang einer mehr oder weniger geraden Spur auf der Landkarte, bis dorthin wo ich mich aufhielt. Dort hatte es den Schadensbildern nach mit Abstand seinen Höhepunkt. Und dann verlor sich urplötzlich die Spur - keine weiteren Schäden.
Nach dem gemeinsamen Ausflug war ich mit dem Radel auf dem Rückweg, es hat schon etwas gedämmert. Da zog dann ein weiteres, aber schwaches bzw. sterbendes Gewitter auf. Da ich eh und immernoch nass war, nahm ich den Regenschauer völlig entspannt oder gleichgültig war. Nach dem Erlebnis konnte mich so ein 08/15 Gewitterchen mit ein bisschen Blitz & Donner auch nicht mehr erschüttern. Daheim angekommen hab ich mir erstmal 'n heißes Bad gegönnt. Danach 'ne Kleinigkeit gefuttert und dann ab ins Bett. War einfach nur noch Müde...
Grüßle, Michi