Sodele, ich hab' ja schon gemeint, dass ich vielleicht noch was dazu schreibe... musste halt überlegen zu welchem Teil. Denn in diesem Themenbereich gibt es so viele Einzel-Themen über die ich schreiben könnte, aber ich habe mir jetzt mal die Anti-Matsch-Tomate rausgegriffen. Anhand dieses Beispiels kann man verschiedene Punkte betrachten.
Tomaten mussten früher halb roh geerntet werden, damit sie einigermaßen transportfähig blieben. Genau das führte aber zu den Geschmacksverlusten (-> schnittfestes Wasser) - Tomaten sind nun mal "Sonnenkinder", je mehr Sonne, desto besser der Geschmack.
Genauere Untersuchungen ergaben, dass die Tomate mit der Reifung ein Enzym produziert, das die Zellwände weich macht / zerstört. Die Tomate hat(te) also nur eine kurze Zeitspanne zwischen reif (schmeckt gut), bis überreif (sie wird matschig). Eines der ersten gentechnisch veränderten Produkte, das auf den Markt strebte, war also die Anti-Matsch-Tomate, eine Tomate, die auch im reifen Zustand nicht innerhalb kürzester Zeit matschig wurde.
Schon damals gab es viel Widerstand gegen gentechnisch veränderte Pflanzen/Lebensmittel. Auch ich war ein absoluter und überzeugter Gegner dieser Technologie. Ich glaubte damals die Information, dass die Tomate gentechnisch ja nur eine feste Haut verpasst bekommen hätte und das hätte man erreicht, in dem man Gen-Sequenzen von Fröschen in das Erbgut der Tomate eingefügt hätte *schauder*. Frankenstein hatte angeblich eine Tomate mit Froschhaut geschaffen. Tatsache ist aber, dass die Forscher damals lediglich die Gen-Sequenz, die für die Produktion des Matsch-Enzyms verantwortlich ist, zusätzlich invertiert in das Genom eingefügt hatten. Diese Tatsache hätte aber vermutlich nicht genügend Emotionen gegen die GMO-Tomate geschürt.
Mittlerweile ist diese gentechnisch veränderte Tomate schon lange vom Markt verschwunden (hat auch keine Anbau-Genehmigung mehr), sie wird einfach nicht mehr benötigt, da auch die konventionelle Zucht das Ziel erreicht hat und sehr viele (moderne) Tomatensorten nicht mehr das Enzym produzieren, das die Zellwände zerstört.
So das sind jetzt die wissenschaftlichen Tatsachen laienhaft erklärt. Ich habe für mich viele Schlüsse daraus gezogen:
1. Es wird leider zu oft mit Fehlinformationen gearbeitet und ich denke sie werden gezielt gestreut, um Emotionen zu schüren
2. Mit nur wenig Nachdenken hätte man merken können, dass es im konkreten Fall eine Fehlinformation sein musste (hätte die Tomate nur eine feste Haut verpasst bekommen, dann würde eine sehr reife Tomate nach dem Anschneiden regelrecht ausfliessen).
3. Mit ein wenig mehr Nachdenken wäre man darauf gekommen, dass das Einfügen von tierischen Gen-Sequenzen in eine Pflanze ungleich schwieriger ist.
4. Es gibt viele tolle alte Tomatensorten (die man sicherlich auch gerne erhalten darf), sie sind aber nur bedingt für den Erwerbsgartenbau geeignet, da sie zu schnell matschig werden oder halb reif und damit mit wenig Geschmack geerntet werden müssen.
5. Die viel gescholtenen Hollandtomaten waren also in erster Linie unreife Tomaten (sehr interessant dazu war übrigens die
NDR-Sendung 'Markt' vor gut einem Jahr, ich habe sie durch Zufall gesehen).
6. Die Gentechnik kann auch positiven Druck auf die Zucht/Zuchtziele ausüben (würde es ohne die Gentechnik auch schon so viele verschiedene Tomatensorten geben, die nicht so schnell verderben?)
7. Alle Tomaten, die als Rispen auf den Markt kommen, sind moderne Tomatensorten.
Und das könnte man jetzt sicherlich noch fortführen.
Ich bin jetzt auch gerade mit meinen Gedanken sehr stark daran hängen geblieben, warum so oft davon gesprochen wird, dass früher alles besser war bzw. besser schmeckte. Könnte das nicht auch daran gelegen haben, dass man nur für eine sehr kurze Zeit die entsprechenden Früchte erhalten konnte und die deshalb etwas ganz besonderes waren?
Ich verstehe auch nicht, warum es früher richtig war, verschiedene Tomatensorten zu züchten und das heute so argwöhnisch beäugt wird.
Nachdenkliche Grüße
Orlaya
PS: Meine Oma hatte noch gar keine Tomaten im Garten, meine Eltern haben es einige Jahre lang probiert - die Tomaten schmeckten zwar schon sehr lecker, wenn sie denn mal reif wurden, viel zu oft wurden sie nämlich von der Braunfäule dahingerafft.