Vorlesen - find ich gut!

City of bones

wunderbar!!

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ich mag Fantasy halt...
 
  • "Seelen" hört sich interessant an, Ingi. :rolleyes:

    Dabei dachte ich schon, Science Fiction sei ausgestorben. Bzw. von den Vampiren verdrängt worden.
     
    Carl Hiaasen “Der Reinfall”

    Kriminalgroteske

    Der furiose Auftakt: Während sie auf den dunklen Atlantik zustürzte, war Traumfrau Joey viel zu verdattert, um in Panik zu geraten. “Ich bin mit einem Arschloch verheiratet” dachte sie noch, als sie kerzengerade ins Wasser tauchte. Und sah dann zu, wie das festlich beleuchtete Vergnügungsschiff unbeirrt davondampfte.

    Dank glücklicher Zufälle (genauer gesagt, dank der übergroßen Dämlichkeit des sie hinuntergeschubst habenden Gatten) kommt Joey mit dem Leben davon. Ihre Rachepläne sind so chaotisch wie der Rest der schrägen Story. Ist zwar mit Tom Sharpe nicht zu vergleichen, aber ebenfalls recht vergnüglich.

    Das Vergnügen ist zu einem großen Teil dem Sprecher geschuldet. Jan Josef Liefers ist in seinem Element. Mit Genuss parodiert er die skurrilen Figuren. Der Spaß, den er beim Lesen hat, überträgt sich unweigerlich auf den Hörer.
     
  • Striptease von Carl Hiaasen....hab ich als Film gesehen :D , wenn "Reinfall" genauso schräg ist...werd ich das Hörbuch haben wollen tuen.
     
  • Schräg ist das Büchlein (nur 4 CDs) unbedingt ingi, und mit staubtrockenen Kommentaren garniert. Darfst sich nur nicht dran stören, dass die chaotische Handlung immer mehr ins Unglaubwürdige abdriftet. Als Buch ganz nett, als Hörbuch einfach bärenstark.

    Herrlich drastisch sind kleine Beschreibungen erotischer Natur (keuchen kann der Liefers auch!). Nach dem Mordversuch sieht der Schlawiner von Gatte unerwartet seine Manneskraft gefährdet. Er besorgt sich einige blaue Pillen, nimmt zwei davon gleich ein und ruft die naive Ricca an: “Ich habe eine Riesenüberraschung für dich”. Als sie keine Lust hat, versucht er mit der “bevorstehenden Mutter aller Erektionen” ein anderes, willigeres Mädchen zu beglücken. Was natürlich in einer bitterbösen Frustration endet, hehe.
    :D:D:D


    Jan Josef Liefere ist einfach unglaublich. Seine Stimmen treffen die skurrilen Charaktere saugut. Er liest so lustvoll und spritzig, wie ein sehr liebevoller Vater seinem kranken Kind ein Lesebuch inklusive Kasperletheater-Einlagen präsentieren würde.
    Ein Luxus, den man sich auch als Erwachsener durchaus einmal gönnen sollte. :)
     
    Zuletzt bearbeitet:
    Ruth Rendell “Der Liebesbetrug”

    selbsternannter Psychokrimi um einen nichtsnutzigen Herzensbrecher

    Der “hochspannende, psychologische Krimi” (Eigenwerbung) hat eine an sich gute Idee verschenkt. Aus verschiedenen Perspektiven werden die Erfahrungen einsamer Frauen mit dem skrupellosen Heiratsschwindler Jock geschildert.

    Leider läßt sich die spannungsarme Story äußerst zäh an. Die Figuren mit all ihren Eigenheiten und den biederen Details vermögen kein rechtes Interesse zu wecken. Schließlich ist auch der äußerst vorhersehbare Todesfall nicht einmal ein richtiger Mord.

    Hansi Jochmann liest grottig wie nie. Beiläufig spult sie die Geschichte runter, weder von Betonung noch von einer Modulation ihrer Stimme scheint sie übertrieben viel zu halten. So bleibt als einzige Abwechslung das schon gewohnte quarkige Knödelpressgeräusch bei den Vokalen, besonders heftig knatscht das “au”. Hörvergnügen sieht anders aus.
     
  • Oscar Wilde “Das Bildnis des Dorian Gray”

    Faustischer Roman über das Streben nach ewiger Jugend und Schönheit

    Über den Inhalt dieses Klassikers aus dem Ende des 19. Jahrhunderts muss wohl nicht viel gesagt werden - kaum einer dürfte im Laufe der Jahrzehnte an dem Werk (oder wenigstens einer Filmversion) vorbeigekommen sein.

    Der antiquierte Schreibstil gefällt mir sehr. Beschreibungen sind oft so schwülstig, dass es schon wieder schön ist. Der Roman lebt vor allem von den eleganten Dialogen - auch wenn man sich zwischendurch fragt, ob “die” nicht zur Abwechslung auch mal etwas weniger dekadent reden könnten.

    Schon wieder liest Jan Josef Liefers - diesmal aber kein Bisschen klamottig. Er interpretiert die schwere Kost immer im genau passenden Tonfall, ob witzig-zynisch, dramatisch oder einfach nur normal. Sein intensiver Vortrag macht dem Hörer anschaulich, wie sich Dorian unter dem Einfluss des zynischen Lord Henry vom unbekümmerten Jüngling (so süß gelesen!) zum kaltherzigen Menschenverächter entwickelt. Einfach nur großartig.
     
    Frederic Forsyth: “Der Afghane”

    Recht spannender Spionagethriller, der sich sehr authentisch anfühlt

    Zufällig erhalten die Geheimdienste Englands und der USA Informationen über ein geplantes Projekt des Terror-Netzes Al Quaida, bei dem es sich um einen Anschlag noch nie dagewesenen Ausmaßes handeln muss. SIS-Agent Mike Martin wird in der Rolle des inhaftierten afghanischen Taliban Izmat Khan in das Netzwerk eingeschleust, um mehr über das ominöse Projekt in Erfahrung zu bringen.

    Nicht zuletzt wegen der knapp gehaltenen Sätze liest sich der Roman eher wie ein Report. Er verfügt nur über wenig aktive Handlung, ist dafür aber angereichert mit einer Vielzahl geografischer, technischer und politischer Details und vermittelt ein glaubwürdiges Bild über die Funktionsweise islamistischer Dschihadisten-Netzwerke und die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Geheimdiensten und Militärs.

    Leider geht die Recherche und Detailversessenheit an manchen Stellen auf Kosten der Spannung. Extrem unwahrscheinliche Zufälle lassen die Handlung zudem etwas konstruiert wirken.


    Christian Berkel liest markig, lakonisch und unaufgeregt. Sein durchgängig hohes Sprechtempo erzeugt ein Gefühl der Atemlosigkeit und verleiht dem Text so zusätzliche Spannung.

    Dass ich ihn bei einer falschen Aussprache der Begriffe “Kabul” und "predator" (für die Aufklärungsdrohne) ertappte, tat dem Hörgenuss keinen Abbruch.
     
    Anne Enright: “Anatomie einer Affäre”

    Egozentrische Schilderung einer ereignisarmen Affäre.

    Die ich-Erzählerin Gina lernt den - ebenfalls verheirateten - Sean kennen und verliebt sich in ihn. Die beiden werden ein Paar. Mehr passiert eigentlich nicht in dem siebenstündigen Hörbuch. In großer Detailverliebtheit werden alle beteiligen Personen seziert. Einzig Seans Töchterchen Evie kommt in der Geschichte halbwegs sympathisch rüber.

    Die Story ist nicht so sehr wegen der mikroskopischen Handlung, sondern der Sprache wegen lesenswert. Anne Enright versteht es, mittels lapidarer Nebensätze Stimmungen einzufangen.

    Anna Thalbachs Markenzeichen ist ein sowohl dynamischer, als auch heftig stockender Vortrag. Mal rattert sie ein, zwei Sätze ohne Punkt und Komma durch. Dann wiederum setzt sie kleine stockende Pausen, was eine ironische Akzentuierung des Folgewortes bewirken kann.

    Hat man sich erst eingehört, so passt diese Eigenheit an manchen Stellen sehr gut zu der interessanten Sprache. Doch überwiegend (krasses Beispiel: “Bourgain”-pause-”villea”) ging mir die Manie schon ziemlich auf den Sack.
     
    Andreas Föhr “Der Prinzessinnenmörder”

    Bayerischer Mundartkrimi mit viel Lokalkolorit, einiger Spannung und unaufdringlichem Humor

    In der oberbayrischen Gegend um den Tegernsee, Schliersee und Spitzingsee treibt ein Serienmörder sein Unwesen. In Rückblenden erfährt man nach und nach mehr über die Motive des Täters.

    Der eher feinsinnige, ruhige Krimi kommt ohne große Actionszenen und Brutalität aus. Er besticht durch die kauzigen Charaktere und ist erfreulich frei von Klischees.

    Auch in diesem Föhr-Krimi legt Stimmentalent Michael Schwarzmeier eine furiose Show hin. Er “kann” nicht nur den Bayern, sondern sogar den Bayern, der sich bemüht, hochdeutsch zu sprechen. Sehr überzeugend, man sieht die unterschiedlichen Charaktere förmlich vor sich. Sein grandioser Vortrag macht die nette Story unbedingt hörenswert.
     
  • Joy Fielding “am seidenen Faden”

    psychologisch angehauchter “Frauenkrimi”

    Bei einem “Brigitte”-Hörbuch habe ich zugegebenermaßen bestimmte Vorurteile - welche in diesem Fall auch vollumfänglich erfüllt wurden.

    Die Schwester der Ich-Erzählerin Kate verliebt sich in den des Massenmordes verdächtigen Colin und heiratet ihn sogar. Grässliche Dinge geschehen. Was von der Idee her sogar recht spannend sein könnte, plätschert in diesem Krimi nur fade vor sich hin. “Oh Gott” - eine Floskel, welche in dem Werk gehäuft auftaucht (nach dem ersten Dutzend gab ich das Zählen auf), charakterisiert dasselbe zugleich.

    Für einen Joy Fielding-Roman muss man in einer sehr speziellen Stimmung sein. Das war ich in der Tat, und rechnete auch fest mit Joy Fieldings Leib-und-Magen-Sprecherin Hansi Jochmann.

    Doch - Überraschung - stattdessen liest diesmal die knuffige Tatort-Kommissarin Simone Thomalla. Welche meiner Erwartungshaltung jedoch ausgezeichnet gerecht wird. Zwar gelingt Simone nicht dieser gewisse biedere Unterton. Doch sie liest den Text ebenso lustlos und uninspiriert herunter wie Hansi Jochmann, und wie diese betont sie immer wieder Sätze immer ein klein wenig verkehrt, so als habe sie vom Kontext nicht die leiseste Ahnung. Ein guter Roman würde durch einen derartigen Vortrag vernichtet, doch dieses Elaborat unterstreicht er stimmig. Oh Gott oh Gott.
     
  • Robert Scott Reiss: “Black Monday”

    Düsterer Ökothriller mit Endzeitstimmung

    Die Ölvorräte der ganzen Welt werden durch winzige Mikroben zersetzt. Autos bleiben einfach stehen, Flugzeuge fallen vom Himmel. Binnen weniger Tage bricht jegliche Ordnung zusammen. Dem Leser ist schnell klar, dass mehr dahinterstecken muss, und in der Tat kommt der Biologe und Seuchenexperte Dr. Gerard einer fiesen Verschwörung auf die Spur.

    Bei Ulrich Pleitgen kann man nie vorhersagen, was einen erwartet. Mal zerschnarcht er einen Text ohne Gnade, dann wieder verwandelt er einen Roman in ein packendes Drama. Diesmal liest er mit Tempo und einer Passion, die mir für diesen Stoff übertrieben erscheint und unnötige Hektik erzeugt. Einige Stellen hätte er trotz dieser Hast ruhig etwas deutlicher aussprechen dürfen.
     
    Maarten’t Hart: “Der Schneeflockenbaum”

    Schrulliger und gefühliger Erinnerungsroman

    Der Roman handelt von einer ungewöhnlichen Freundschaft zweier Außenseiter. Er spielt in den Niederlanden der 50iger Jahre in einem Umfeld, das von wirtschaftlicher Not und von calvinistischer und provinzieller Enge geprägt war. Zu einer Zeit, als sich die Uhren noch langsamer drehten. Es geht um Liebe, verpasste Lebenspartnerschaften und klassische Musik.

    Mit leichter Hand und dennoch tiefgründig schreibt der Autor über harte Zeiten. Man spürt einfach die Lust am Erzählen. Durch eine exzessive Beschreibung von Verdauungsstörungen (inklusive einer drastisch-plastischen Schilderung der manuellen Beseitigung einer grausligen Sache namens "Aftermaden") muss man allerdings erst einmal durch, ehe die Geschichte altmodisch-behäbig Fahrt aufnimmt.
    Eindringlich sind die Szenen, in denen der Ich-Erzähler mit klassischer Musik in Berührung kommt. Alles beginnt mit dem Kauf eines Grammophons.

    “Jeder rechtschaffene Mensch begreift, dass der Kauf eines Grammophons ein riesiges Loch in den Familienetat reißt. Folglich fehlen danach die Mittel, eine oder gar mehrere Schallplatten zu kaufen. Die Kerkmeesters waren nun also stolze Besitzer eines Grammophons und konnten es sich aus diesem Grund nicht leisten, Schallplatten zu kaufen. Aber das war keine Katastrophe, denn es zeigte sich, dass es bereits ein Riesenvergnügen war, den sich gleichmäßig drehenden leeren Plattenteller zu beobachten, den man zudem noch auf drei Geschwindigkeiten einstellen konnte.”

    Durch ein ungewöhnliches Tauschgeschäft kommt ein halbes Jahr später doch eine Schallplatte hinzu, von der der Protagonist schier nicht mehr genug bekommen kann - Händel, wie sich Jahre später herausstellte.

    “Nachdem wir die Platte äußerst behutsam aus der Hülle hatten gleiten lassen, betrachteten wir die Scheibe zunächst von allen Seiten. Es stand nichts anderes darauf als ‘Seite A’ und ‘Seite B’. Wir stellten den Plattenspieler auf 45 Umdrehungen pro Minute und legten die Platte ehrfurchtsvoll auf den Drehteller. Wir schalteten den Plattenspieler ein und ließen ihn zunächst warmlaufen, und setzten dann unendlich vorsichtig die Nadel in die Rille. Zunächst hörten wir nur das starke Rauschen der Nadel in der noch leeren Rille. Dann erklangen, erst noch zögernd und zurückhaltend, doch allmählich immer klarer und deutlicher, einige Streichinstrumente in dem Rauschen und es schien fast, als pickten sich die Streicher aus dem riesigen Angebot an Tönen genau die Noten heraus, auf die es ankam.” ... “als sollte mir auf diese Weise eingeprägt werden, dass sich in meiner Seele Kräfte verbargen, von denen ich bis dahin nichts gewußt hatte, und nicht nur Kräfte, sondern auch Schmerzen, die lieblich gelindert wurden von der Musik, die sie gleichsam hervorrief.” ... “Jouris Vater klappte, als er ins Wohnzimmer kam und gerade noch die letzten Töne hörte, langsam die Kinnlade herunter. ‘Lass die Platte nochmal von vorne laufen’ befahl er barsch. Und da kam es wieder. Ich konnte bereits mitsummen, leise mitpfeifen, wodurch die Musik noch ergreifender wurde - so sehr ich mich auch dafür schämte, dass mein leises Mitpfeifen in Mitflennen ausartete. ‘Verdammt schönes Stück’ sagte Jouris Vater mit belegter Stimme. ”

    Volker Martens liest ebenso amüsant, einfühlsam und lebendig, wie der Roman geschrieben ist. Ein bärenstarker Vortrag.
     
    :cool:Val McDermid: “Das Lied der Sirenen”

    klischeehafter, aber kurzweiliger typisch britischer Krimi

    Kriminalpsychologe Tony Hill und Inspektor Carol Jordan arbeiten zusammen an der Aufklärung einer Mordserie, bei der ein Serienkiller es scheinbar homosexuelle Opfer abgesehen hat. Die Autorin stellt den Handlungsablauf aus unterschiedlichen den Blickwinkeln von Tony, Carol und dem Täter da.

    Etwas konstruiert wirkt die persönliche Verwicklung des Polizeispychologen Tony in den Fall. Dass einige brutale Szenen bis ins Detail beschrieben werden stellt in meinen Augen nicht unbedingt eine Bereicherung des Psychothrillers dar.

    Elke Schützholt erfreut zunächst durch ihre wohlklingende, sehr weibliche Stimme. Hätte sie es nur bei ihrem sauberen, klar akzentuierten Vortrag belassen. Doch sie bemüht sich überdies, jedem Charakter eine eigene Stimme zu verpassen.

    Bei den männlichen Figuren schafft sie anfangs gerade so den Spagat einer Stimmabsenkung, ohne nach “Kasperle und das Krokodil” zu klingen. Doch beim polternden Detective Superintendent Tom Cross kommt es schliesslich zum Desaster - er wird unter ihrer Intonation zum klamaukigen Räuber Hotzenplotz. Was dem Thriller insgesamt einen großen Teil seiner Ernsthaftigkeit raubt. Schade eigentlich.
     
    Martin Suter “Allmen und die Libelle”

    selbstironischer und sehr fein geschriebener kleiner ...naja...“Krimi”

    Allmen, die Hauptfigur des vergnüglichen Romans, ist ein Gentleman der alten Schule. Nachdem er ein erkleckliches geerbtes Vermögen durchgebracht hat, bewahrt der im tiefsten Inneren rechtschaffene und eigentlich grundehrliche Mann seinen großzügigen Lebensstil zunächst durch den Verkauf eigener, später durch Diebstähle fremder Antiquitäten. Nachdem sich bei einem Schäferstündchen unter fast zwingenden Umständen die Gelegenheit ergibt, eine wertvolle Jugendstil-Glasschale (mit eingearbeitetem Libellenmotiv) mitzunehmen, gerät Allmen in ernste Schwierigkeiten. Mit Hilfe seines loyalen Dieners Carlos laviert er sich jedoch Schritt für Schritt aus den Unannehmlichkeiten heraus.

    Die beschauliche Story fesselt zwar ungemein, ist doch keinesfalls ein “page turner”. Sie will Wort für Wort goutiert werden.

    Ich kann nicht sagen, was mich bei dem trefflichen Büchlein mehr amüsiert hat: die feinsinnig beschriebenen Umgangsformen skurriler Snobs, der trockene, lakonische und immer präzise Schreibstil, oder der so herrlich plakativ beschriebene luxuriöse Lebensstil des geregelten Nichtstuns eines Mitgliedes der schweizerischen “oberen Zehntausend”. Schön zu lesen war auch die sinnlich-atmosphärische Beschreibung von Lokalitäten und Kunstobjekten.


    Gert Heidenreich erweist sich als Meister der süffisanten Dehnung und der ironischen Kunstpause. Er liest den subtilen Text genussvoll und mit Augenzwinkern. Seine sonore Stimme (welcher die Tontechnik unnötigerweise einen kräftigen Bass beigemischt hat) macht den Hörgenuss komplett.
     
    John Le Carle: “Der Spion, der aus der Kälte kam”

    Eiskalter, intelligent konstruierter, 50 Jahre alter Spionagethriller

    Alec Leamas ist Leiter des Berliner Secret Service Büros. Er muss miterleben, wie seine Agenten in der DDR von seinem Widersacher Mundt liquidiert werden. Um Mundt auszuschalten, wird Leamas als scheinbarer Überläufer aufgebaut und bei der Gegenseite eingeschleust.

    Der Roman stellt die Kälte und Skrupellosigkeit der Geheimdienste beider Seiten bloß. An Stelle des Menschen zählt nur die Nützlichkeit desselben. Unnötig fand ich nur einige moralisierende Dialoge, die den Leser wohl mit der Nase auf die moralische Fragwürdigkeit des Geschehens stoßen sollen - heutige Autoren schreiben anders.

    Die Story ist grandios spannend und enthält raffinierte Wendungen. Nichts ist, wie es scheint. Die dunkle, gewalttätige Atmosphäre des Kalten Krieges wird sehr realistisch wiedergegeben - gerade weil im Buch das Grauen statt durch übermäßige Gewaltszenen mehr mit psychologischen Mitteln erzeugt wird.

    Matthias Brandt ist als Sprecher dieses Romans eine ausgezeichnete Wahl. Sein ruhiger Vortrag vermittelt die düster-melancholische Grundstimmung des Romans, die sich in einigen Szenen geradezu greifen lässt. Auch fühlt er sich sehr gut in die unterschiedlichen Charaktere ein und verleiht ihnen Individualität.
     
    Simon Beckett: “Verwesung”

    mäßig spannende Mogelpackung, die sich als Forensikthriller gibt

    Wie “Die Chemie des Todes” beginnt auch dieser Roman mit einem vielversprechenden Prolog über die - chemische - Vergänglichkeit des Fleisches. Und wieder ermittelt Dr. Hunter in lange zurückliegenden Mordfällen. Doch dieses Werk von Beckett hat überhaupt nichts mit forensischer Anthropologie oder Gerichtsmedizin zu tun. Es fehlen einfach die Maden, das Blut und der Ekel, vor allem aber die Wissenschaft.

    Hat man sich mit der enttäuschten Erwartungshaltung abgefunden, so verbleibt der folgende Plot:

    David Hunter wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Ein Fall, an dem er acht Jahre zuvor bereits mitgearbeitet hat (dabei erfährt man nachträglich einiges über die Vorgeschichte des vom Schicksal gebeutelten Protagonisten, das in den Vorgängerromanen nur angedeutet wurde) wird wieder aktuell, denn der Mörder von damals ist geflohen.

    Der forensische Anthropologe bekommt Besuch von längst vergessenen Menschen, mit denen er damals zusammen gearbeitet hat. Zusammen mit diesen macht er sich auf die unfreiwillige Suche nach dem entflohenen Mörder und den Gräbern der damaligen Opfer. Schon frühzeitig wurden Zweifel an der Schuld des verurteilten Mörders gestreut, die sich während der Suche noch erhärten. Es kommt, wie es eben kommen muss... immerhin noch zu einem recht spannenden Showdown.

    Die unheimliche Atmosphäre von Dartmoor, der fesselnde Schreibstil Becketts und vor allem der geniale Vortrag von Johannes Steck retten den Leser über einige Enttäuschungen hinweg. Zwischen den Kapiteln gibt es kurze musikalische Einschübe, die recht gut zur konstruierten Dramatik passen.
     
    Herman Koch: “Angerichtet”

    Hinterfotzig-spannendes Psychogramm, Betrachtungen über Glück und Familie

    Es steigert die Wirkung dieser Geschichte, wenn man vorab nicht zu viel darüber weiß. Rahmenhandlung ist ein gemeinsames Abendessen zweier Paare, die offenbar etwas Wichtiges zu besprechen haben. Das Beisammensein im Spitzenrestaurant endet bitterböse.

    Zunächst folgt man amüsiert den Ausführungen des Ich-Erzählers Paul, welcher dem gediegenen Ambiente und seinem gesellschaftlich hochstehenden Gegenüber mehr als kritisch gegenübersteht. Zwischen Paul und seiner Gattin Claire besteht eine äußerst innige Verbindung, die sich in vielen Gesten äußert. Rasch sind also die Sympathien verteilt.

    Während man sich noch entspannt an der sehr fein beobachtenden vermeintlichen Satire erfreut, werden - zunächst homöopathisch dosiert - erste Vorboten von Unheil eingestreut. Von da an wird, die ganze Mahlzeit hindurch, der Grusel in kleinen, sich steigernden Häppchen dazwischengereicht. Die Einschätzung der Personen ändert sich im Verlauf des Mahles dramatisch.

    Der Schreibstil ist fesselnd und mitreißend. Achtung: zwischendurch wird der Appetit des Lesers durch drastische Schilderungen spontaner Gewalt beeinträchtigt. Jedoch liegt der eigentliche Horror in in Ereignissen, die nur angedeutet werden, und in Verschiedenem, das man nach und nach über die Protagonisten erfährt. Die Monstrositäten inmitten einer als heil dargestllten Welt wirken nachhaltiger als es selbst die übelsten Missetaten eines Massenmörders vermöchten.


    Joachim Krol liest packend und glaubwürdig. Man kauft ihm sowohl die Manieriertheit des Maître d'hôtel ab (der Leser fühlt sich, als speiste er mit am Tisch), als auch Pauls Frustrationen und die schier unerträglichen Spannungen, nicht nur bei Tisch.
     
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    Ian McEwan: “Am Strand”

    Geschichte einer ungelebten Liebe

    Südengland 1962. Eine Hochzeitsnacht. Die prüde Florence und der von Versagensängsten geplagte Edward, beide erst 22 und völlig unerfahren, lieben sich über alles. Trotzdem geht ihre erste Nacht “voll in die Hose” - da hilft auch Florences schlaues Handbuch über Liebesdinge nicht weiter. Florence flieht an den Strand, Edward folgt ihr. Ein Wort gibt das nächste. Es geht um die Sprachlosigkeit zweier Liebender, die keine Worte besitzen, um dem anderen ihre sexuellen Probleme und Bedürfnisse verständlich zu machen.

    Atmosphärisch dicht und erstaunlich einfühlsam geschrieben, dabei mit einer feinen Prise Humor. Es fällt nicht schwer, sich in beide Figuren hineinzuversetzen. Ian McEwan versteht es, Stimmungen heraufzubeschwören und schafft hier sogar das Kunststück, die überschaubare Handlung mit einer enormen Spannung aufzuladen.

    Jan Josef Liefers liest das Hörbuch nahezu perfekt. Jeder Gedanke der Protagonisten wird so lebendig, als dächte man ihn selbst - und es wird viel gedacht in diesem Roman. Einzig die tiefe Melancholie der Schlussgedanken (“was hätte nicht alles sein können, wenn...”) geht in seinem einen Tick zu flapsigen Vortrag etwas unter.
     
    Haruki Murakami: “Afterdark”

    Surreales Kunstwerk

    Zwei Schwestern: Mari und ihre ältere Schwester Eri. Eine reale und eine surreale Ebene werden miteinander verwoben. Der Leser begleitet Mari von Mitternacht bis zum Morgengrauen. Leute treffen sich, trennen sich, treffen sich erneut. Zwischendurch können wir die schöne Eri durch ein imaginäres Guckloch in einem dornröschengleichen Tiefschlaf beobachten. Sobald der Morgen graut, wird der Leser abrupt von allen Beobachtungsposten entlassen.

    Die unwirklichen Szenen erinnerten mich an alte Filme von David Lynch. Die nüchterne Sprache, die belanglosen Dialoge und die kalten Bilder aus der japanischen Großstadt erzeugen eine dichte, unwirkliche Atmosphäre.

    Gerne hätte ich das Stimmungsgemälde auf mich wirken lassen. Doch Ulrich Matthes steht dem entgegen. Erst dachte ich ja, er sei nur erkältet. Aber über sein rachitisches Schnaufen hinaus zeigt er beim Lesen eine geradezu aufreizende Wurstigkeit. “Ich hab’s nur so ausgeplappert, was mir gerade durch den Kopf gegangen ist” - dieses Zitat der Figur Takahashi ist bezeichnend für den schluffigen Vortrag des Sprechers.

    Vollends auf die Palme brachte mich seine Unart, das Essen der beteiligten Personen durch laut gatschende Geräusche kenntlich zu machen. Kein essender Mensch schmatzt so, während er spricht. Ärgerlich. Einer der seltenen Fälle, in denen ich das Papierbuch dem Hörbuch vorgezogen hätte.
     
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    Danielle Trussoni: “Angelus”

    Fantasy-Thriller

    Der Buchtitel weist schon darauf hin, dass es im weitesten Sinn um Engel geht, die laut Klappentext ja die “neuen Vampire” sein sollen. Für leidenschaftliche Engel-Fans also ein Muss.

    Die junge Nonne Evangeline umgibt ein dunkles Geheimnis. Im Kloster erfährt sie aus alten Schriften von den Nephilim, den üblen Nachkommen der Engel. Eine uralte, bedeutungsvolle Leier muss unbedingt gefunden werden. Es geht um nicht weniger als die Weltherrschaft! Ein Geheimbund von Angelologen (jaja, die heißen wirklich so) unterstützt Evangeline bei der Schnitzeljagd quer durch New York.

    Nach einem etwas langatmigen Start kommt die Story doch noch in Schwung und wird sogar ziemlich spannend. Die unheimlichen Kreaturen sind ausdrucksvoll gezeichnet, der wissenschaftliche Hintergrund gründlich recherchiert. Der offene Schluss samt überraschender Wende wird allerdings nicht jedem Leser gefallen.

    Regina Lemnitz liest unangestrengt, flüssig und sehr klar. Ohne übermäßige Stimm-Akrobatik verleiht sie den Charakteren eigene Stimmen. Sie versteht es, die Figuren mit Leben zu füllen und die Atmosphäre der jeweiligen Szenen zu vermitteln.
     
    Doris Dörrie: “Alles inklusive”

    heitere Sommerlektüre in Episoden

    Es geht um die Hippiewelt der 70er Jahre und was aus den Hippies von damals und ihren Kindern inzwischen so geworden ist. Kunstvoll verwebt Doris Dörrie die mehr oder weniger abgeschlossenen Episoden (die jeweils aus der Perspektive einer anderen Hauptfigur erzählt werden) miteinander. Ein jeder hat seine Geschichte und alle sind irgendwie miteinander verknüpft. In unbekümmerter Leichtigkeit surft sie durch die Schicksale der Beteiligten, um diese zu guter Letzt im sonnigen Spanien zusammenzuführen.

    Obwohl es überwiegend um tragische Themen wie verschmähte Liebe, Suizid und unerfüllte Sehnsüchte geht, ist der Roman durch den lockeren Schreibstil durchaus vergnüglich zu lesen. Einfach zum Kringeln die Episode, in der die aus der bayerischen Provinz stammende Makler-Pomeranze “Angelita” versucht, der kühlen Blonden Susi mit Bauernschläue und Maklerpsychologie eine abgelegene Finca anzudrehen.

    Die Sprecher sind Maria Schrader, Petra Zieser, Maren Kroymann und Pierre Sanoussi-Bliss, und sie alle bringen sowohl heitere als auch nachdenkliche Momente des Romans sehr gut rüber (wobei ich nicht genau sagen kann, wer nun welche Passage gelesen hat).
     
    Haken Nesser: “Am Abend des Mordes”

    Skandinavisch-schwermütiger Roman um lange zurückliegende Verbrechen

    In diesem langsamen, düsteren Roman (Thriller kann man es kaum nennen) nimmt das Private - insbesondere die Trauerbewältigung von Inspektor Barbarotti um seine plötzlich verstorbene Gattin - sehr viel Raum ein.
    Während der Inspektor die Ermittlungen zu längst abgeschlossenen Fällen wieder aufnimmt, wird in parallel eingeblendeten Rückblicken aus Sicht der verurteilten Mörderin gezeigt, was damals wirklich passierte.

    Anfangs sehr zäh, insgesamt eindringlich und stimmungsvoll. Nicht ganz einfach zu lesen, weil die vielen schwedischen Namen verwirren und man nicht immer sicher ist, in welcher Zeitebene man sich gerade bewegt. Launige Zwiegespräche Barbarottis mit dem lieben Gott und der verblichenen Gattin tun der Atmosphäre keinen Abbruch.

    Dietmar Bärs behäbiger Vortrag wird der melanchonischen Grundstimmung des Romans gerecht. Erkältung und Alkoholrausch simuliert er überzeugend.

    Die zähen Dialoge mit dem Chef liest er in perfekter Schwerfälligkeit. Genau so stellt man sich hierzulande den tüchtigen, jedoch stets bedächtigen schwedischen Inspektor vor:

    “Ach wirklich” dachte Barbarotti “das ist mir bekannt” sagte er. “Aber es sollte dafür einen Grund geben”. “Den gibt es auch” erwiderte Asunander. Barbarotti wartete, aber es kam nichts mehr. “Wäre es zu viel verlangt, den zu erfahren?”. Später: “Mir drängt sich das Gefühl auf, dass du etwas andeutest” sagte Barbarotti. “Das tue ich auch” erwiderte Asunander gereizt.
     
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    Jefferey Deaver: “Allwissend”

    Thriller um einen Fall von Internet-Mobbing

    Kreuze am Straßenrand kündigen grausame Morde an. Der Mörder hat es darauf angelegt, die schlimmsten Ängste seiner Opfer wahr werden zu lassen. Da die Opfer zu einem Kreis von Jugendlichen gehören, die den pubertierenden Außenseiter Travis in einem Blog gemobbt hatten, fällt der Verdacht automatisch auf ihn.

    “Hauptdarsteller” des Romans ist das Internet, genauer gesagt die Welt der Blogger und Gamer. Fesselnd und gruselig eine Szene, in der Ermittlerin Dance als virtuelle Persönlichkeit in ein Internetspiel eintaucht, um dem Verdächtigen näher zu kommen.

    Intelligent konstruiert, mit einigen überraschenden Wendungen. Vom Thema und den Hauptfiguren her eindeutig ein Roman für Jugendliche. Ich habe allerdings so meine Bedenken, wie die fleißig recherchierte, aber ziemlich uncool dargestellte Blogger-Sprache bei dieser Zielgruppe ankommt.

    Dietmar Wunder ist als Sprecher eigentlich allererste Sahne. Diesmal gibt es jedoch Abstriche, weil er es mit dem Jammerton übertreibt - und gejammert wird in dem Roman alle naselang, wenn z.B. wieder mal ein Opfer in höchster Not um sein Leben fleht.
     
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    Hanif Kureishi: “Das sag ich dir”

    "mitreißender und aufwühlender Roman über den unstillbaren Hunger nach Leben". Ah ja.

    Der in die Jahre gekommene Psychoanalytiker Jamal sinniert über seine Vergangenheit. Der im kosmopolitischen London lebende Sohn einer Engländerin und eines pakistanischen Einwanderers hatte ein schillerndes Leben. Die quirlige Stadt bildet den Rahmen für seinen Weg zurück in die 70er und 80er Jahre, die mehr noch als sein heutiges Leben geprägt waren von prominenten Freundschaften, Sex, Drogen und Partys.

    Ausgiebige Schilderungen von Besuchen bei Swingerclubs und sonstiger Erotik ziehen sich quer durch die Story. Mir ging die eitle, krampfhaft lockere “Hipness” zunehmend auf den Senkel. Was sagt uns das über die Protagonisten? Es fiel mir sehr schwer, mich bis zum Ende der öden Story durchzukämpfen.

    Als Schauspieler mag ich Christoph Walz sehr, seinetwegen hatte ich mich besonders auf dieses Hörbuch gefreut. Doch seine markante Stimme mit der harte Aussprache der Konsonanten passt überhaupt nicht zum Ambiente und ist einfach schrrrcklich anzuhören.
     
    T.C. Boyle: “Die Frauen”

    ziemlich ermüdendes Sittengemälde

    Für diesen Roman bräuchte man eigentlich ein Handbuch. In nicht chronologischer Reihenfolge werden die durchaus aus dem Rahmen fallenden Beziehungen des Star-Architekten Frank Lloyd Wright mit “seinen” vier Frauen geschildert. Die Geschichte krankt jedoch daran, dass zu keinem der Protagonisten auch nur ein Funke von Sympathie entsteht.

    Was das Werk dennoch rettet ist der Kunstgriff, es aus der Perspektive eines fiktiven japanischen Schülers von Wright zu schreiben. Dadurch entsteht ein hautnahes und fesselndes Bild vom Genie und der egomanischen Persönlichkeit eines der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts.

    Ulrich Matthes liest den Roman mit seiner markanten Stimme über die Länge von 8 CDs erstaunlich spannend und packend. Sein Vortrag wertet den Roman gewaltig auf.
     
    Michael Robotham: “Der Insider”

    Realitätsnaher, leidlich spannender Politthriller

    Zwei an unterschiedlichen Schauplätzen spielende Handlungsstränge werden zusammengeführt: In London wird Ex-Polizist Vincent Ruiz von der jungen Holly bestohlen. Er ermittelt ihre Identität und gerät dabei ins Fadenkreuz einiger mächtiger Gegenspieler, denen verräterische Aufzeichnungen gestohlen worden waren. Zur gleichen Zeit verschwinden in Bagdad Wiederaufbaugelder spurlos und rufen den Journalisten Luca Terracini auf den Plan, diese Geschichte aufzudecken.

    Nach und nach werden aktuelle Themen wie Bankenkrise, Terrorismus, Wirtschaftskriminalität und Organisiertes Verbrechen zu einer Verschwörung verwoben, die noch bis in die höchsten Ränge reicht. Der packende Showdown findet schließlich in London statt. Glaubwürdig und realitätsnah recherchiert. Über gewisse Längen rettet Robothams flüssiger Schreibstil hinweg.


    Johannes Steck liest in gewohnter Perfektion.
     
    Cody McFadyen: “Der Menschenmacher”

    gewalttätiger Thriller um sehr spezielle Erziehungsmethoden

    Der sadistisch veranlagte Robert Gray ist besessen von der Idee einer sehr eigenwillig interpretierten Evolution, welche ihn auf die krude Idee bringt, drei adoptierte Waisen durch härteste Erziehungsmaßnahmen zu einer Art Übermenschen “evoluieren” zu wollen. In einer Notwehrsituation töten diese eines Tages ihren Peiniger.

    Damit könnte die Geschichte zu Ende sein, doch nun geht es erst richtig los. Jahrzehnte später kommen die drei in eine äußerst unerfreuliche Situation. Die Vergangenheit holt sie unerwartet wieder ein. Sie finden die ursprünglichen Brutstätten für das kranke Gedankengut des Adoptivvaters.

    Beim blutrünstigen Ende des bösesten aller Bösewichter wird der Grusel nur noch von der Erleichterung übertroffen, dass es endlich vorbei ist.

    Hannes Jaennicke verwandelt die kalte Vorlage mit seinem warmherzigen, emphatischen Vortrag tatsächlich in einen hörenswerten Thriller. Als Buch hätte ich den nicht nur blutigen, sondern vor allem psychisch brutalen Stoff spätestens nach dem ersten Drittel weggelegt.
     
    Isabel Allende: “Mayas Tagebuch”

    kein “Geisterhaus”, aber ein lesenswerter Unterhaltungsroman

    die mittlerweile 19jährige Maya Vidal, Amerikanerin mit chilenischen Wurzeln , erzählt von ihrem Leben auf der chilenischen Insel Chiloe. In Rückblenden erfährt man von ihrer bewegten Vergangenheit in Las Vegas und damit den Grund, weshalb sie von ihre chilenischen Großmutter in dieser abgelegene Region in Sicherheit gebracht wurde. Eine sehr komplizierte Familiengeschichte, in der auch Ereignissen während der Diktatur Pinochets eine Rolle spielen, rundet das Epos ab.

    Der Roman ist wunderbar einfühlsam geschrieben, doch die abgeklärte Sprache stammt so offenkundig von einer reflektierten, lebenserfahrenen Erwachsenen, dass man sie der jugendlichen Ich-Erzählerin nicht so recht abkaufen mag.

    Hannah Herzsprungs kratzige, quäkige Kleinmädchenstimme und ihr verdrossenem Unterton könnten für die Figur der jugendlichen Protagonistin eventuell gewollt sein, auch wenn beides überhaupt nicht zu dem gehobenen Schreibstil Allendes passt. Der getragene Rhythmus ihres Vortrags ist dagegen stimmig.

    Richtig ärgerlich sind die unzähligen kleinen Betonungsfehler, bei denen sich alle paar Minuten der Gehörgang sträubt. Lernt man das Lesen heutzutage nimmer in der Schule?
     
    Zuletzt bearbeitet:
    Georg M. Oswald: “Unter Feinden”

    Dick aufgetragener, klischeetriefender Lokalkrimi um Polizeiarbeit in München

    Dillen und der drogenabhängige Kessel sollen die Wohnung eines Terrorverdächtigen observieren. Doch die beiden Polizisten bauen Mist. Kessel legt sich mit einem der herumlungernden “Arabs” an und überfährt ihn wenig später. Dillen bemüht sich, diesen Vorfall zu vertuschen. Kriminelle Drogendealer fühlen sich von dem Vorfall provoziert, es kommt zu heftigen Straßenschlachten.

    Als wäre das noch nicht genug Wilder Westen in meiner beschaulichen Heimatstadt, gilt es auch noch ein geplantes Attentat im Rahmen der bevorstehenden Sicherheitskonferenz zu verhindern. Dubiose Figuren nehmen Einfluss auf die Ermittlungen.

    Schnörkellos und spannend geschrieben, aber insgesamt unglaubwürdig. Vielleicht muss man ja Nicht-Münchner sein, um den Plot angemessen goutieren zu können.

    Mich nervten die vielen Straßennamen. Muss man unbedingt wissen, dass Dillen von der Boschetsrieder- in die Aidenbachstraße einbiegt? Was hilft das dem hiesigen wie dem auswärtigen Leser, der nicht die leiseste Ahnung hat, dass sich an der Kreuzung dieser beiden öden Straßenzüge der anerkannt hässlichste Platz von München (wahrscheinlich sogar von ganz Europa) befindet?

    Detlef Bierstadt liest mit weltmännischer Klasse, aber gegen das aufdringliche und zugleich nichtssagende Lokalkolorit kommt sein hervorragender Vortrag leider nicht an.
     
    Martin Suter: “Allmen und der rosa Diamant”

    Gemütlicher kleiner Krimi um ein weiteres Abenteuer des Hern von Allmen

    Den Protagonisten kennen wir ja schon aus dem “Libellen”-Roman. Der schöngeistige, aber notorisch klamme Bonvivant hat seinen Entschluss wahr gemacht und zusammen mit seinem Butler Carlos die Detektivagentur "Allmen International Inquiries" zum Wiederauffinden gestohlener Kunstgegenstände gegründet. Erstmals hat er jetzt einen wirklich dicken Auftrag geangelt, der ihn über die schweizer Landesgrenzen hinaus führt.

    Die vergnügliche Sprache, die feine Ironie und trockene Dialoge machen die Lektüre sehr kurzweilig. Suter spielt mit dem Gegensatz zwischen arm und reich. “Wer Geld hat tut sich leichter mit dem Reichsein” doziert Allmen ohne jede Herablassung. Er selbst beherrscht die Kunst, auch ohne Geld den Schein zu wahren. Erstmals in seinem Leben muss er sich diesmal jedoch damit zurechtfinden, höchstpersönlich in einem Supermarkt einzukaufen - was ihm schon ein bisschen peinlich ist.

    Leider bleiben die Figuren diesmal etwas blass. Wichtigstes Charakteristikum der Hauptfigur ist nach wie vor der gewohnt exzessive Lebensstil. Bedauerlich ist der magere Umfang des Romans.

    Gert Heidenreichs lustvoller und ironischer Vortrag beschert dem “Leser” ein “Wiedersehen” mit lieben alten Bekannten. Vor allem die unverwechselbare Sprache von Carlos würde man unter Tausenden herauskennen. Ich freue mich schon auf den dritten “Fall”
     
    Zuletzt bearbeitet:
    Eoin Colfer: “Der Tod ist ein bleibender Schaden”

    temporeiche, völlig irre Räuberpistole mit viel Witz und einigen Härten

    Der irische Hüne Dan McEvoy ist Ex-Soldat und arbeitet als Türsteher in einer Bar. Er ist ein richtig harter Hund und schwer verschroben, aber tief im Inneren ein herzensguter Kerl. Als eine Freundin Dans ermordet wird, ermittelt er auf eigene Faust, und wird achterbahnartig von einer surrealen, misslichen Situation in die nächste katapultiert.

    Die Sprache ist überaus gepflegt und schnodderig zugleich. Die Erklärungen staubtrocken, die Dialoge eigenwillig und die Beschreibungen plakativ und deftig. Der Ich-Erzähler Dan geizt nicht mir Erläuterungen, die dem nicht-kriminellen Leser die Regeln im Umgang mit dem “Milieu” verständlich machen.

    Peter Lohmeyers leicht nasale Sprechweise hört sich irgendwie erkältet an, was nur während der ersten Sätze irritiert. Seine Erzählstimme ist herrlich lakonisch, die frechen Dialoge spricht mit gebührender Rotzigkeit. Er verleiht den Figuren nicht nur eigene Stimmen, sondern bringt auch noch deren momentane Befindlichkeit zum Ausdruck. Ein Hammer Vortrag. Selten so gelacht.

    Textprobe :
    (nach einem Vorfall in der Bar provoziert Dan einen unangenehm auftrumpfenden Rechtsanwalt mit türsteherlehrgangmäßig korrektem Verhalten dazu, ihn mit einem Finger anzutippen): "'Das hätten Sie nicht tun dürfen, Sir' sagte ich traurig."

    Gewidmet ist das Werk übrigens Ken Bruen. Wer die “Jack Taylor”-Reihe mag, dem wird auch dieses Buch gefallen.
     
    Martin Suter: “Allmen und die Dahlien”

    dritter Teil der exquisiten kleiner Krimiserie aus der Schweiz

    Und noch ein Fall um das exzentrische Detektivduo, das diesmal von Carlos kolumbianischer Freundin Maria Unterstützung erhält. Ein gestohlenes Bild soll diskret wiederbeschafft werden. Schauplatz ist ein in die Jahre gekommenes Grandhotel, das schon bessere Tage gesehen hat. Das Ambiente wird so vortrefflich beschrieben, dass man inmitten der dekadenten Umgebung den Staub von Jahrhunderten förmlich zu riechen glaubt.

    Wieder steht weniger die Spannung im Vordergrund des Romans, als vielmehr Lebensstil, Genuss und Umgangsformen. Dass dem schon abgeschlossenen Fall zu guter Letzt noch ein offener Schluss aufgepfropft wird stört mich nicht, sondern lässt auf eine Fortsetzung der “Trilogie” hoffen.

    Gert Heidenreich liest auch diesen “Allmen” mit Bravour. Diesmal kann er zeigen, dass er auch ein augenzwinkerndes “schwul” in seinem Repertoire hat. Die hochbetagte Auftraggeberin versieht er mit der Ausstrahlung eines Furcht einflößenden Bullterriers, mit dem man sich nicht gerne anlegen würde. Ein nettes Büchlein, witzig und lebendig gelesen.

    Leseprobe:
    “Der alte Dauergast saß bewegungslos, in sich zusammengesunken, in seinem Stuhl, als wäre er zwischen zwei Bissen gestorben.” (tatsächlich stellt sich etwas später heraus, dass der steinalte Knabe mitten im Speisesaal gestorben ist) “‘Er hat gegessen, und dann war er tot’. ‘Sehr diskret’.”
     
    Andreas Franz “Unsichtbare Spuren”

    hölzerner Thriller über einen umtriebigen Serienmörder

    Weil Mama und die Gattin (und bald auch das ältere Töchterlein?) so gemein zu ihm sind, muss “Butcher” seinen Frust dadurch kompensieren, dass er alles mordet, was Beine hat und ihm in die Hände fällt.

    Die Sprache ist schlicht, die Dialoge platt. Auch das Ermittlerduo kommt etwas fade daher. Zu Beginn fesselt noch die zynische Art des Serienmörders, doch In der großen Masse vermögen die Tötungen gegen Ende zu kaum noch zu schockieren.

    Der nüchterne Vortrag von Stephan Benson bringt auch kein rechtes Leben in die Bude. Genau so sachlich hätte Eduard Zimmermann über die Missetaten berichtet, einschließlich des hart gerollten “R”.
     
    Colin Cotteril: “Dr. Siri und seine Toten”

    Ein etwas anderer Gerichtsmedizinerkrimi, schräg, chaotisch, warmherzig.

    Laos 1976, kurz nachdem die Kommunisten die Regierung übernommen haben. Das Land ist am Boden und die Menschen arm. Eigentlich wollte sich Dr. Siri mit 72 aufs Altenteil zurückziehen, doch da das Komitee den Mediziner kurzerhand zum ersten, ältesten und einzigen Pathologen Laos ernannte, musste er sich sein nicht vorhandenes pathologisches Wissen aus jahrzehntealten französischen Lehrbüchern anlesen. Dies ist nun, zehn Monate nach seiner Ernennung, sein erster richtiger Fall als Pathologe.

    Mit viel Humor und Einfallsreichtum findet der pfiffige Doktor trotz seiner spärlichen Möglichkeiten zielsicher die richtigen Diagnosen. Die vorlaute Krankenschwester Dtui und der am Down-Syndrom leidende Geung stehen ihm dabei treu zur Seite. Ganz nebenbei erfährt der Leser einiges über ein Land, das bei uns weitgehend unbekannt ist. Wunderbar die Schilderung, wie der unerschütterliche Dr. Siri erstmals im Leben ganz scheu ein Telefon benutzt (von dem es in Laos zu dieser Zeit insgesamt nur 900 Apparate gibt).

    Das Buch bezaubert durch Hintergründigkeit, Ironie und Wortwitz. Selbst makabere Situationen werden mit trügerischer Leichtigkeit geschildert. Die Handlung mag dick aufgetragen sein (mystische Situationen inbegriffen), doch der Protagonist wirkt stets authentisch. Was die “Dr.-Siri”-Reihe so unwiderstehlich macht, sind die Lebensumstände zwischen Mangel, Bespitzelung und sozialistischen Parolen, der stete Kampf mit der kommunistischen Bürokratie, Dtuis scharfe Zunge und Geungs naive Sicht der Welt.

    Diese Parade-Sprechrolle steht natürlich Jan Josef Liefers wie angegossen zu Gesicht. Er liest denn auch mit Leidenschaft und einem Vergnügen, das sich auf den Leser - Pardon, Hörer - überträgt. Sein Dr. Siri ist kauzig und listig, doch bei alledem gottlob kein zweiter Professor Börne.


    Textprobe (Prolog): “Tran, Tran und Hoc brachen durch die letzten Wolken der Regenzeit. Die warme Nachtluft verzerrte ihre Lippen zu einem gequälten Lächeln und ließ ihnen die Haare buchstäblich zu Berge stehen. Sie fielen, in perfekter Formation, wie Hagelkörner. Für elegante Figuren oder waghalsige Kunstflüge war keine Zeit. Sie folgten einfach den Bomben, die mit rosa Nylonschnur an ihren Fußgelenken befestigt waren. ”
     
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    Charles Bukowski: “Der Mann mit der Ledertasche”

    Roman mit autobiographischem Hintergrund

    Mein erster Bukowski beginnt schon mal enttäuschend unschmuddelig. Der Ich-Erzähler Henry Chinaski fügt sich anfangs klaglos in den harten Alltag eines Aushilfszustellers. Viel mehr als die Schikanen, die Ausbeutung und die stressige Zustellung (deren ausführliche Schilderungen mich sehr an Erfahrungen eines Semesterjobs erinnerten) zermürbt ihn jedoch der Kontrollwahn des beamtenartigen Apparats. Hervorragend die Dialoge, bei denen er dem Reglementierungswahn seines Arbeitgebers mit widerwilliger Gleichgültigkeit bis zunehmend hin zu genervter Renitenz begegnet.

    Der Alkoholiker ist absolut kein Vorzeigearbeitnehmer. Sind ihm private Dinge wichtiger, so läßt er ohne großes Federlesens die Arbeit links liegen. Auch privat entspricht sein Verhalten nicht den bürgerlichen Normen. Er gibt seiner Wettleidenschaft nach und ist für sexuelle Abenteuer jederzeit aufgeschlossen. Henrys Wahrnehmung der Frauen ist sehr physisch und gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Trotzdem sind die Schilderungen des Beziehungsalltags durchaus gefühlig und enthalten auch leise Töne.

    Der Schreibstil ist streckenweise ziemlich vulgär, punktet aber durch beißenden Sarkasmus und erfrischende Selbstironie.

    Ob der sensible Matthias Brandt dem doch sehr profanen Schreibstil Bukowskis gerecht wird? Aber absolut. Er ist als Sprecher eine exzellente Wahl. Sein resignierter Jammerlappentonfall bei der Schilderung der ersten harten Jahre im Postjob geht schleichend in genervte Aufmüpfigkeit über. Einfach genial das lakonisch nachäffende Vorlesen der häufigen schriftlichen Ermahnungen und Belehrungen seines Arbeitgebers, das stellenweise in unbeherrschten Zorn umschlägt.

    Selbst der situativ befreiende Satz: “Plötzlich musste ich mich setzen und scheissen. Es tat richtig gut.” kommt ihm völlig ungerührt von den feingeistigen Lippen.
     
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    Wulf Dorn: “Kalte Stille”

    Etwas dick aufgetragener, aber atmosphärisch dichter Psychiatriekrimi

    Jan hat vor 23 Jahren unter geheimnisvollen Umständen Bruder und Vater verloren - mit ein Grund, weshalb er Psychiater wurde. Als er eine Stellung in der Waldklinik, der psychiatrischen Klinik seines Geburtsortes, annimmt, wird er Zeuge mysteriöser Selbstmorde von Patientinnen. Auch darüber hinaus geizt der Krimi nicht mit Todesfällen und Mordversuchen.

    Da in der Waldklinik auch mit Hypnose gearbeitet wird, drängt sich rasch der Verdacht auf, dass der Grund für die rätselhaften Selbstmorde in der Klinik zu suchen ist. Der showdown ist ausgiebig und wahrhaftig melodramatisch. Dabei gelangen - wen wundert’s - auch die Hintergründe von Jans tragischer Vorgeschichte ans Tageslicht.

    Der großartige David Nathan gibt dem etwas verworrenen, aber insgesamt leicht verdaulichen Roman eine kalte, gruselige Atmosphäre. Mit seiner nordisch markanten Stimme verkörpert er die Personen so stimmig, dass man sie förmlich vor sich sieht. Überragend gut liest er den hoch emotionalen Part, in dem sich der nicht ganz zurechnungsfähige, vor Zorn und Erregung bebende Täter zu seinen Untaten bekennt.

    David Nathan macht das durchaus lesenswerte Buch zu einem packenden Hörvergnügen mit Schaudergarantie.
     
    Thomas Thiemeyer: “Der Palast des Poseidon”

    Kreuzbraver Jugend-Abenteuerroman mit Fantasy-Elementen

    Eine illustre Forschergruppe macht sich auf, herauszufinden, was es mit dem Verschwinden von Schiffen vor den Küsten Griechenlands auf sich hat, nachdem ein Überlebender etwas von einem Seeungeheuer erzählt hat. Doch was sie auf dem Meeresgrund erwartet, hätten sie sich selbst niemals ausmalen können...

    Dieser zweite Teil der “Chroniken der Weltensucher” enthält zahllose Anspielungen auf Jules Verne. Bei insgesamt flüssigem Schreibstil sind die antiquiert wirkenden Dialoge ein echtes Highlight. Einfach nett zu hören die treuherzige Höflichkeit, mit denen unsere Helden auch noch den schlimmsten Bösewichtern begegnen.

    Dietmar Wunders anpassungsfähige und abwechslungsreiche Stimme haucht der Geschichte zusätzliches Leben ein. Die verschiedenen Stimmen, die er für die einzelnen Charaktere verwendet, passen sehr gut zu deren Gefühlslage.
     
    Jo Nesbo “Headhunter”

    Blitzsauber konstruierte Kriminalgroteske mit fäkalfixierter Ekelszene

    Der arrogante Ich-Erzähler Roger zieht als Headhunter alle Register psychologischer Gesprächsführung. Geschickt luchst er seinen Kandidaten dabei nützliche Informationen ab, wo sie eventuell wertvolle Kunst aufbewahren, und wie diese gesichert ist. So kann er sich durch Diebstähle ein stattliches Zubrot verdienen, mit dem er seine attraktive Gattin bei Laune hält.

    In dem nachtragenden Clas Greve hat er seinen Meister gefunden. Bei der Jagd auf Leben und Tod erweist sich der ehemalige Elitesoldat Clas als ein “Headhunter” mit besonderen Talenten und Möglichkeiten, der Roger beim Kampf ums nackte Überleben in äußerst missliche Situationen treibt.

    Die Sprache ist flüssig und bildreich, dabei von lakonischem Witz. Pfiffig konstruiert der vorgezogene Showdown, bei dem Roger das Kunststück gelingt, alle zu beklagenden Toten (von denen er selbst immerhin zwei auf dem Kerbholz hat) allein seinem Widersacher in die Schuhe zu schieben.

    Johannes Steck liest ironisch-locker. Seine angenehme, leicht heisere Stimme verfehlt auch bei diesem nur halb ernst zu nehmenden Krimi ihre einnehmende Wirkung nicht.

    Textprobe
    (Roger wurde unter Mordverdacht in ein Polizeiauto verfrachtet, wo er auf der Rückbank fest zwischen zwei extrem massigen Polizisten eingeklemmt saß):

    ”Die Munnsen-Zwillinge atmeten in gleichmäßigem Takt, was bedeutete, dass ich alle vier Sekunden zusammengedrückt wurde wie eine Majonnaisetube” Eine gruselige Kollision und einen dramatischen Absturz später: “Dass ich selbst noch am Leben war, hatte ich einzig und allein der Tatsache zu verdanken, dass die Munnsen-Familie zur Fettleibigkeit neigte, welche ihre Körper zu perfekten Airbags machte. ”
     
    auch wenn ich immer noch kein Freund von Hörbüchern bin, mit Jo Nesbø hast Du einen Diamant unter den Krimiautoren ausgesucht ... noch besser als der Headhunter sind die Larve, Koma, der Fledermausmann und Schneemann ...

    und Bukowsky (z.B. F***machine) solltest du auf Englisch hören ... das sollte dann am besten Shane Mac Gowan lesen ...

    n.
     
    ... noch besser als der Headhunter sind die Larve, Koma, der Fledermausmann und Schneemann ...


    Die Larve hat mich schwer beeindruckt, mit tiefer Düsternis und dem unverwüstlich raubeinigen Ex-Cop Harry Hole. Die anderen stehen schon in der Queue.



    und Bukowsky (z.B. F***machine) solltest du auf Englisch hören ... das sollte dann am besten Shane Mac Gowan lesen ...

    n.


    höi, seh ich deine Prinzipien bröckeln? :D:)

    "F***machine", da klingelt doch etwas in den tiefsten Abgründen meines Gedächtnisses. :d

    "Petey die Eule", der alte dingsda-Lutscher - wie schön eigentlich, dass ich den verdrängt hatte. Bin mir nicht so sicher, ob ich den auf englisch neu aufwärmen möchte...
     
    Zuletzt bearbeitet:
    Leonardo Padura: “Ein perfektes Leben”

    Erster Roman des Havanna-Quartetts

    Teniente (=Leutnant, hier Polizist) Mario wird mit der Suche nach dem verschwundenen prominenten Industriellen Rafael Morín beauftragt. Es stellt sich heraus, dass Mario den wohlhabenden und hoch angesehenen Rafael von der Schule her kennt. Schon frühzeitig vermutet Mario Korruption als Grund für Rafaels Verschwinden.

    Was sich nach Krimi anhört, ist lediglich Rahmenhandlung eines völlig actionfreien Gesellschaftsromans, der im Jahr 1989 spielt und interessante Einblicke in das Leben auf Kuba gewährt. Nicht ohne Melancholie, und dennoch leicht erzählt.

    Martin Armknecht hat eine angenehme, kultivierte Stimme. Er betont goldrichtig, gibt den Figuren Stimmen, liest in einem sehr schönem Rhythmus, mit kunstvoll austarierten Dehnungen. Und nervt trotzdem.

    Man stelle sich vor, dass jemand alle Leerzeichen innerhalb der Sätze entfernt, und die resultierenden Bandwurmsätze dann in perfekter Intonation, jedoch ohne allzuoft abzusetzen, herunterliest. So liest Martin Armknecht. Es strengt an, diesem wohlklingenden, selbstverliebten Redefluss die Informationen zu entnehmen, die man braucht, um der Geschichte folgen zu können.
     
    Justin Cronin: “Der Übergang”

    Düsterer, langatmiger Endzeitroman

    Und wieder einmal führen Militärs fahrlässige Tests mit Viren durch, um den unbesiegtbaren Supersoldaten zu erschaffen. Als Testpersonen werden Todeskandidaten aus amerikanischen Gefängnissen rekrutiert. Aus unerfindlichen Gründen kommt dem Pflegekind Amy bei den Tests eine besondere Rolle zu. Das Experiment geht schief, den "Versuchskaninchen" gelingt die Flucht. So weit der Anfang.

    90 Jahre später, nach einer geheimnisvollen “Epidemie”. Wir beobachten eine gut gesicherte Kolonie Überlebender. Dutzende von Figuren, so lebendig wie Pappendeckel, jedoch mit erdrückend detailliert ausgearbeiteten Familien- und Liebesbeziehungen und beeindruckend pathetischen Gedanken, kämpfen tapfer gegen vampirartige Wesen an. Erst als die immer noch jugendliche Amy zur Dorfgemeinschaft stößt, beginnen die Menschen zu begreifen, wie damals, vor über 90 Jahren, das Verhängnis seinen Anfang nahm. Ab da wird es sogar - endlich - spannend: ein übersichtliches Grüppchen von acht Personen macht sich auf den Weg, um den Ursprung der Katastrophe zu ergründen.

    Der ellenlange Wälzer (10 CDs!) schweift häufig in Belanglosigkeiten ab und fordert größtes Durchhaltevermögen. Das Ende ist abrupt und enttäuschend. Wer Antworten will, muss auf die Teile 2 und 3 der Trilogie hoffen. Für Freunde von Zombies und Vampiren mag Monumentalwerk dennoch lesenswert sein.

    David Nathan ist die optimale Wahl für das düstere Thema. Keiner schafft es so überzeugend wie er, dass sich leeres Pathos und bedeutungsschwangere Dialoghülsen richtig gut und ergreifend anhören.

    Sein intensiver Vortrag macht das Monumentalwerk zum idealen Einschlafbuch. Man hat immer das Gefühl, gut folgen zu können. So kann man mittendrin ungestraft einduseln und - gefühlt "nahtlos" - an irgend einer anderen Stelle weiterhören.
     
    Auch wenn der Thread schon alt ist, versuche ich es mal. Passt hier so gut.

    Hörbücher und Hörspiele, die mit Pflanzen zu tun haben.

    Ein grüner Daumen (Krimi)

    Frei auf youtube zu hören oder herunterzuladen.
     
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