Vorlesen - find ich gut!

Wolfgang Hohlbein “Thor”

Die Story rund um den Kampf um Midgard wird recht spannend erzählt. Dass die bildreiche Sprache gerade in den deftigen Schlachtszenen nur so vor Schwülstigkeit trieft, gehört irgendwie dazu. Gottlob verhindert Thors lakonische Art, dass das Pathos im Gesamteindruck die Oberhand gewinnt.

Wie es sich für einen Roman dieses Titels gehört, wird furchtbar viel gekämpft. Das Blut fließt in Strömen. Harte Zeiten waren das, doch zum Glück sind die beteiligten Kämpfer nicht wehleidig. Hohlbein vermag fesselnd zu erzählen, und verschafft dem Leser mit einem großzügig dimensionierten Show Down die verdiente Genugtuung

Eigentlich erstaunlich, dass mir ein so gefragter Vorleser wie David Nathan (er scheint einer der Aktivsten zu sein) bisher noch nicht in die Ohrstöpsel kam. Für diesen nordischen Götterschinken ist er die perfekte Besetzung. Seine sonore, maskuline Stimme passt auf die Figur des Thor wie angegossen, und ist überhaupt höchst erfreulich anzuhören.
 
  • Danke Käferli......................................................hab ich mir gleich abgespeichert, bis Weihnachten is´ ja och nimmer so lang hin, nä :D (für Gimli :pa: )



    ich weiß nämlich ...eines der Lieblingsbücher von ihm ist : Hagen von Tronje von Holbein
     
    "der Übergang" wurde auch (glaub ich )von David Nathan gelesen. SUPER spannend....
    Total witzig fand ich "NEU ERSCHEINUNG" - hab ich gelacht..... ganz am Schluss läßt der Roman leider etwas nach. Trotzdem hörenswert....

     
  • ich weiß nämlich ...eines der Lieblingsbücher von ihm ist : Hagen von Tronje von Holbein
    Den hab ich mir gleich mal vorgemerkt. Auf Deine Tipps ist schliesslich Verlaß :)


    Minette Walters “Der Nachbar”

    Ein kleines Mädchen wird vermisst, eine Sozialarbeiterin plaudert aus, dass in dem Viertel ein verurteilter Pädophiler eingezogen ist, und folgerichtig rottet sich ein Mob zusammen, um letzterem den Garaus zu machen. Bis ins kleinste Detail ausgemalt und fürchterlich langatmig erzählt. Es wird viel zu viel gequatscht. Ein Großteil der Handlungen ist schlicht nicht nachvollziehbar.

    Der mäßig spannende “Thriller” versteht sich in erster Linie als Milieustudie. Die Figuren sind jedoch so schwarzweiß und oberflächlich gezeichnet, dass die Autorin ein Milieu wie die geschilderte trostlose britische Sozialsiedlung noch nie aus der Nähe gesehen haben kann.

    Franziska Bronnen
    liest tadellos, aber trotzdem mag der Funke nicht überspringen. Das Idiom der einfachen Leute kauft man ihr nicht ab, und die gebildeten “Guten” kommen reichlich gestelzt rüber - was aber an den korrekten schriftdeutschen Dialogen der Vorlage liegen dürfte. Als Sprecherin einer Rosamunde-Dingsda-Schmonzette könnte sie mich dagegen voll überzeugen.
     
  • Jean-Christophe Grange “Die purpurnen Flüsse”

    Blutrünstiger Thriller um makabere Todesfälle in einem abgelegenen Städtchen in den Pyrenäen. In zwei parallelen Handlungssträngen führen die Recherchen der wahrhaft schlagkräftigen Ermittler zu unerklärlichen Unregelmäßigkeiten in ferner Vergangenheit - es geht um lange zurückliegende “genetische” Manipulationen. Vergleichbares Gedankengut hat der Deutsche gottlob nur noch vage in unguter Erinnerung.

    In die ebenso düstere wie überdrehte Story wurden - nur in zartester Andeutung - zwei völlig irreale Liebesgeschichten eingebaut. Der hanebüchen konstruierte Schluss ist enttäuschend knapp, entschädigt dafür durch einen fürwahr theatralischen Show Down. Noch nie wurde dramatischer und zugleich anmutiger gestorben als unter den Strahlen der aufgehenden Sonne, in den Felsen hoch über dem Fluss.

    Dass die ebenso spannende wie krude Geschichte mit all ihren abgefahrenen und unlogische Einzelheiten zu einem anarchischen Hörvergnügen geriet, ist wieder einmal Joachim Kerzels genialer Stimme und seinem Sinn für Dramatik gedankt. Er macht die wunderbar blumige und leicht altmodisch angehauchte Sprache zu einem herausragenden Genuss.
     
    Andrea Maria Schenkel “Bunker”

    Die Autorin von “Tannöd” lieferte eine düstere psychologische Studie ab, die fast ausschließlich von zwei Personen getragen wird: ein Mann entführt nach dem missglückten Versuch eines Überfalls auf eine Autovermietung eine Angestellte derselbigen, und sperrt sie in einer einsam gelegenen Mühle ein.

    Die morbide Geschichte wird abwechselnd von den beiden Beteiligten erzählt, welche dieselben Vorkomnisse aus ihrer jeweiligen Sicht schildern. Im Laufe mehrere irritierender Rückblenden erfährt man mehr über die Protagonisten. Die Grenzen zwischen Gut und Böse beginnen zu verwischen.

    Die Story wird in einer knappen, gehetzten Sprache recht packend erzählt. Doch aufgrund einiger Ungereimtheiten, und vor allem weil man nicht erfährt, was das Ganze überhaupt soll, würde ich das Werk nur bedingt, und wenn dann nur als Hörbuch empfehlen wollen.

    Die Qualität der Sprecher macht einiges wett - Rufus Beck liest ausgezeichnet, Andrea Sawatzki geradezu grandios. An ihr ungewohntes, rollendes “R” gewöhnte ich mich schnell. Obwohl die Autorin diesmal ohne Mundart auskommt, verkörpert Andrea Sawatzki unglaublich überzeugend den Typus einer bornierten bayerischen Pomeranze von schlichtestem Gemüt.
     
  • Ian Rankin “Das Souvenir des Mörders”

    Krimi um einen Serienmörder, der in Schottland Ende der 60-ger Jahre tatsächlich sein Unwesen trieb. Gleich mehrere Mordfälle sind ineinander verstrickt, so dass man rasch die Übersicht über all die beteiligten Personen verliert. Und wenn schon. Die Stärke dieses Romans liegt weniger in raffinierter Aufklärungsarbeit oder atemberaubender Hochspannung, als in der stimmigen Atmosphäre und den authentisch wirkende Figuren.

    Edinburgh ist ein hartes Pflaster, schmutzig und korrupt. Der ermittelnde Inspektor Rebus - ein abgewrackter Kneipengänger und Kettenraucher - erscheint im Vergleich zu den dortigen Polizisten richtiggehend integer - selbst wenn auch nicht allzu viel von Vorschriften hält.

    Sehr erbaulich ist der Schreibstil, der feine, lakonische Humor einfach herzerfrischend. Rebus agiert selbst in brenzligen Situationen stets freundlich und zuvorkommend. Seine trockene Art hat mich nicht nur einmal lauthals lachen lassen.

    Gerd Kösters gedehnte Sprechweise, dazu seine manchmal raue Stimme passen wie angegossen ins Umfeld, und insbesondere auf die Rolle des Inspektor Rebus. Auch seine Ganoven überzeugen. Er liest lustvoll, mit Ironie und Witz - Hörvergnügen vom Feinsten.
     
    James Patterson: “Die 5. Plage”

    nach dem Covertext ein "unwiderstehlicher Medizin- und Gerichtsthriller".

    Routinierter Krimi mit zwei Handlungssträngen, die absolut nichts miteinander zu tun haben. Während eine Serie von Frauenmorden bereits in der Buchmitte gelöst ist, bietet die Aufklärung einer Reihe mysteriöser Todesfälle in einem Krankenhaus gediegene Spannung, überraschende Wendungen und eine zwar frühzeitig vorhersehbare, aber dennoch denkwürdige Aufklärung.

    Die Zugabe des kleineren Nebenstrangs wäre nicht nötig gewesen, sie hindert den Lesefluss aber kaum. Als kurzweilige Unterhaltung für zwischendurch ist das Buch durchaus zu empfehlen, auch wenn die Story gleich nach dem Weglegen schon wieder vergessen ist.

    Da die Schlüsselpositionen mit weiblichen Protagonisten besetzt sind, bot sich fürs Vorlesen eine weibliche Stimme an. Nachdem mich zu Beginn ihr etwas schepperndes “r” irritierte (welches mich mich frappierend an mein erstes Navi erinnerte: “biegen Sie rrrrrrechts ab”), beeindruckte mich die Lesekunst von Julia Fischer zunehmend. Sie liest sehr ansprechend und ihre angenehme Stimme erfreut das Ohr.
     
    Arne Dahl “Das falsche Opfer”

    Himmel, so viele schwedische Namen! Bei den Verbrechern ebenso wie bei dem “A-Team” der Polizei, dessen Mitglieder in vorangegangenen Romanen bereits ausführlicher vorgestellt wurden. Es dauert gehörig, bis man kapiert, wie die scheinbar unabhängigen Handlungsstränge miteinander in Verbindung stehen.

    Die Story ist sehr komplex, aber gut durchkonstruiert. Das Durchhalten während der undurchsichtigen Anfangsphase wird belohnt. Irgendwann entwirren sich die Fäden um einen Pädophilenring und Verbrecherbanden von schwedischen Nazis und Kriegsverbrechern aus Jugoslawien. Mit großzügigster Unterstützung durch Kommissar Zufall werden schließlich alle Fragen geklärt, und man erfährt sogar noch, wie es mit den wichtigsten Beteiligten “danach” weitergeht. Saubere Recherche!

    Mir gefiel der flotte Schreibstil mit einer Prise schwarzen Humors und einigen süffisanten Nebensätzen recht gut. Das Buch wird hervorragend interpretiert von Till Hagen, der schmatzig und lässig liest und in allen Rollen überzeugt. Trotzdem ist das Werk als Hörbuch eine ziemlich schwer verdauliche Kost, die man beim ersten Durchhören nur unter Aufbietung aller Konzentration so einigermaßen erfassen kann.
     
    Rajaa Alsanea "Die Girls von Riad"

    ein etwas anderes Buch über die Liebe. Ein richtiger Glücksgriff.

    In Form von insgesamt 50 wöchentlich versendeten mails werden die Geschichten von vier Freundinnen aus der saudischen Oberschicht erzählt. Wenngleich die Schicksale der vier bei unsereins leichte Beklemmungen auslösen, ist der Schreibstil niemals bitter, sondern beschwingt bis rotzig, und hört sich recht authentisch an. Die zu Beginn jedes mails eingestreuten arabischen Gedichte und mail-Antworten machten mir beim Lesen bewusst, mit welcher Spannung ich auf die Fortsetzung der jeweils letzten Geschichte wartete.

    Als das Buch 2004 in Saudi Arabien herausgegeben wurde, löste es einen Skandal aus. Buchläden wagten es nicht anzubieten, und für Kopien wurde bis zum 10-fachen des Ladenpreises bezahlt - für die Autorin war es ein Überraschungserfolg. Man merkt es den Schilderungen an, dass sie nicht für den internationalen Markt geschrieben wurden. Kleine, absichtslos eingestreute Randbemerkungen, die einen Eindruck von dem materiell sorgenfreien wie fremdbestimmten Leben dieser Frauen vermitteln, sind mindestens ebenso interessant zu lesen wie die eigentlichen Geschichten, die sich kritisch mit der Rolle der Frau in der islamischen Gesellschaft auseinandersetzen.

    Lotte Ohm liest den Roman mit ihrer jungen Stimme so frisch und frech, wie es dem Werk gebührt. Ein empfehlenswertes Hörbuch, das noch lange nachwirkt.
     
  • Sabine Falkenberg “Die schönsten Liebesgeschichten aus 1001 Nacht”

    Das Buch war ein enttäuschender Fehlgriff. Drei Geschichten, abgrundtief langweilig und öde. Ein großer Teil des Textes besteht aus Zitaten, die mit “und dann sprach er die folgenden Verse:” eingeleitet werden.

    Die solchermaßen groß angekündigten “Verse” entpuppen sich durchgehend als unpoetisches, belangloses Gerede, welches die Autorin durch eine recht gestelzte Sprache aufzuwerten versucht.

    Sabine Falkenberg liest selbst. Ihr Vortrag verstärkt noch den faden Geschmack, den das Buch hinterläßt.
     
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  • Rafik Schami “Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte. Oder: wie ich zum Erzähler wurde ”

    Eigentlich hatte ich mir von dem Titel einfach nur eine schöne Geschichte versprochen. Doch stehen weniger die Geschichten im Fokus dieses zauberhaften Buches, als vielmehr das Erzählen an sich. Der Leser erhält eine Vorstellung, welch große Bedeutung das gesprochene Wort in der arabischen Kultur hat. Das Buch ist farbenfroh und unterhaltsam, aber auch anspruchsvoll und informativ.

    Die hinreißende Beschreibung einiger Erlebnisse aus seiner Kinderzeit in Damaskus, sein inniges Verhältnis zum Großvater und speziell die Episoden um das gemeinsame nächtliche Radiohören zusammen mit seiner Mutter entführen den Leser in eine andere Welt. Diese Geschichte, in der viel von Märchen die Rede ist, ist selbst ein orientalisches Märchen.

    Der syrische Erzähler und erfolgreiche Autor Rafik Schami hat das Buch in deutscher Sprache geschrieben und liest selbst. Sein weicher, exotischer Akzent passt einfach märchenhaft in die bezaubernde Geschichte, die eigentümliche Betonung verleiht dem Vortrag eine ganz eigene Melodie.
     
    Virginia Ironside “Nein, ich gehe nicht zum Seniorentreff”

    Leider nicht so spritzig wie ihr “Seniorenteller”. Es handelt sich auch nicht wie dort um eine Geschichte, sondern um eine Sammlung von Aphorismen und autobiographisch gefärbten Lebensweisheiten zum Thema “älter werden”. Immerhin das ersten Drittel, welches den allmählichen physischen Verfall zum Thema hat, entlockt dem Leser herzliche Lacher.

    Der Rest will lustig und positiv sein und kann doch über eine gewisse Bitterkeit nicht hinwegtäuschen. Der aufgesetzte Optimismus klingt wie das berühmte Pfeifen im Walde. Mich wunderte nachträglich zu lesen, dass die Autorin keine Tattergreisin ist, sondern gerade mal gute 60.

    Die grandiose Hannelore Hoger macht vieles wieder wett. So sehr mir ihre Fernseh-Rolle als ewig rotweinsüffelnde Vamp-Kommissarin Bella Block auf den Senkel ging, so sehr schätze ich ihre kräftige Gießkannenstimme wie auch ihren hintergründigen Humor beim Vorlesen. Beispiel: "…der Haarwuchs wird spärlicher, aaaaaaaaußer… (Kunstpause)… in der Nase und den Ohren." Zack.

    Das Buch als solches würde ich nicht unbedingt empfehlen. Wer sich aber die Möglichkeit hat, sich das Hörbuch auszuleihen: zumindest der Anfang ist, nicht zuletzt dank Hannelore Hoger, unbedingt hörenswert.
     
    Kurz in eigener Sache: ich rechne mich nicht zu den Literaturexperten, für die es eine Selbstverständlichkeit ist, über längere Zeiträume viel zu lesen. Um so mehr begeistert es mich jedesmal, wenn sich sogar “gute” Bücher, die nichts mit der von mir bevorzugten seichteren Unterhaltungsliteratur zu tun haben, als ausgesprochen fesselnd erweisen. Wie zum Beispiel dieses:


    Philip Roth “Nemesis”

    Melancholischer Roman über die Unausweichlichkeit harter Schicksalsschläge und das Zerstörungspotential von Schuldgefühlen.

    Eine Polioepidemie im heißen Sommer 1944 in Newark, USA. Im Mittelpunkt steht Eugene Cantor, ein charismatischer Sportlehrer von Mitte zwanzig. Ausgerechnet unter den von ihm betreuten Kindern breitet sich die bösartige Krankheit besonders aggressiv aus. Als er sich in ein abgelegenes Ferienlager zurückzieht, ist das Idyll nur von kurzer Dauer. Auch dort kommt es bald zu Polio-Ausbrüchen. Zufall?

    Tolle Sprache, packende Story mit einem authentischen Blick auf vergangene Zeiten. Die Hingabe und Fürsorge des Helden für seine Schützlinge rührt an. Einzig einige ausladende Passagen mit dem Wehklagen betroffener Eltern und theologische Sinnfragen hätte ich gerne überblättert - ein Hörbuch kann auch mal Nachteile haben.

    Brilliant gelesen von Joachim Schönfeld, der die Figuren zum Leben erweckt. Nicht zuletzt dank seines Vortrags wird Cantor, ein schlichtes Gemüt, zum strahlenden Vorbild und Idol. Beim finalen Rückblick wird das Charisma des Lehrers und auch seine frühere kraftvolle physische Präsenz ein letztes Mal lebendig. Todtraurig, episch und wunderschön.
     
    Craig Russell “Brandmal”

    Selbstverliebter und unübersichtlicher Krimi um eine Mordserie, die in Hamburg spielt. Der Leser muss sich schon ordentlich konzentrieren, um die ausgelegten falschen Fährten überhaupt zu bemerken, die im der Menge der Personen und ihren Beschreibungen ausgelegt werden.

    Das mäßig aufregende Privatleben des Hamburger Kriminalhauptkommissars Jan Fabel wird ausführlichst ausgebreitet. Nervig auch die vielen Hinweise auf Erlebnisse der Kommissare in vergangenen Fällen - wahrscheinlich sollte ein Interessierter besser mit den beiden Vorgängerbüchern ("Blutadler" und "Wolfsfährte") einsteigen.

    Der Autor ist ein waschechter Schotte und scheint große Stücke auf die schöne Hansestadt zu halten. Mir war das üppige Lokalkolorit allerdings zu viel des Guten und Belanglosen. Vielleicht muss man ja Hamburger sein, um die ausführlichen Ortsbeschreibungen und die genannten Straßen- und Stadtteilnamen gebührend zu würdigen.

    David Nathan, mein hochgeschätzter Recke, konnte die trotz grausiger Details, Moorleiche und RAF-Bezugs auf der Strecke gebliebenen Spannung mit seiner unverwechselbaren Stimme diesmal leider nicht wett machen.
     
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    Heinrich Steinfest “Die feine Nase der Lilli Steinbeck”

    Schräge Krimi-/Agentenpersiflage, bei der ich oft laut herauslachen musste. Die Handlung spielt in mehreren Kontinenten und ist ebenso rasant wie surreal. Wunderbar gezeichnet die schrulligen Hauptfiguren, auch die pointierten Dialoge sind ein Hochgenuss.

    Manche Eindrücke lesen sich, als seien sie von einem kräftigen Joint beflügelt - aber dennoch auf ihre Art poetisch. Überhaupt jagen sich in der temporeichen Geschichte die unkonventionellen und herrlich plastischen Beschreibungen (Beispiele: aus einem Ganovenmund leuchten die Zähne “wie eine winzige Kette reifer Bananen”, die Augen der Übernächtigten “klemmen in kleinen schwarzen Nestern”) den Rang ab.

    Dietmar Mues Vortrag ist süffig und rund. Die heisere Stimme dieses Meisters der vielsagenden Pausen intoniert nicht nur die Dialoge trocken bis süffisant. So macht Zuhören Spaß. Gerne sähe ich dazu sein Mienenspiel, es würde sich bestimmt lohnen.

    Auf der Suche nach weiteren von Mues gelesenen Hörbüchern erfuhr ich eben, dass Dietmar Mues 2011 bei einem Unfall ums Leben kam. Wie unendlich traurig.
     
    Iny Lorentz “Die Rose von Asturien”

    Unmittelbar nach Isabel Allendes “Insel unter dem Meer” angelesen, erschien mir diese Historienschmonzette abgrundtief albern. Nach einem neuerlichen Anlauf muss ich dem Werk immerhin zugestehen, dass es flüssig geschrieben ist und die Machtverhältnisse im Spanien des Jahres 778 detailreich recherchiert wurden.

    Die Historie dient jedoch nur als malerische Kulisse, vor welcher zwei sehr gegensätzliche Mädchen sich allmählich anfreunden und zusammen mit einigen Burschen viele Abenteuer erleben. Das Buch scheint sich primär an Teenager zu wenden. Ein “Hanni und Nanni: Flucht aus dem Harem” könnte kaum weicher gezeichnet sein.

    Tief erschüttert hat mich die Darstellung von Liebe und Erotik. Linkisch, plump und entsetzlich pubertär. So etwas gefällt den Jugendlichen? Die Figuren haben eine stark überzogene Schwarzweiß-Zeichnung, und natürlich wird jedes erlittene Unrecht zu guter Letzt restlos gerächt, und alles Ungemach der Helden löst sich in Freude und Eierkuchen auf.

    Dana Geissler liest burschikos. Ihr Märchenerzähler-Ton dürfte die Zielgruppe ansprechen und passt hervorragend zur Handlung.
     
    höchste Zeit, mal die alten Hörbücher herüberzuholen, ehe sie im niwashi ... äh ... nirwana versinken.


    Theodor Fontanes 'Effi Briest' als Zehneinhalbstünder-Hörbuch.

    Wenn man aus gewissen unangenehmen Gründen von vornherein damit rechnen muss, dass die Nacht kaum Schlaf abwirft, einfach die perfekte Lektüre.

    Gert Westphal hebt mit seinem heiteren Lesestil "ganz ungemein" die Stimmung. Duselt man mittendrin mal minutenlang ein, kann man trotzdem nahtlos folgen.
     
    Henning Mankell "Mörder ohne Gesicht"

    gelesen von Ulrich Pleitgen.

    Au weia. Tatterig heruntergeschnarcht, mit quälend langen Pausen zwischen den Sätzen. Da kommt weder Düsternis auf noch Melancholie, sondern nur Langeweile und Ohrensausen. Obwohl ich bisher nur ein Kapitel durchgestanden habe, vergebens darauf wartend, dass der Leser schlafend zusammenbricht.

    Wenn ich mal wieder ein Hörbuch zum Einschlafen brauche, wird das meine allererste Wahl.
     
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