Bei der Braunfäule muss man zwischen zwei Arten von Braunfäule unterscheiden.
Es gibt da sowohl eine alte Version der Braunfäule, man könnte sie in Relation als die milde Form der Braunfäule bezeichnen (die aber auch schon zerstörisch ist). Diese Version wird als "alte Population" bezeichnet. Die alte Population verursachte Mitte der 1840er große Hungersnöte in Europa. Stichwort:
Große Hungersnot in Irland und
Kartoffelrevolution in Berlin.
Dann gibt es aber auch eine neue, äußerst aggresive Version der Braunfäule, welche die ohnehin zerstörische Braunfäule um ein vielfaches verbessert. Die neue Population ist zudem durch generative Vermehrung in der Lage sich in relativ kurzer Zeit zu verbessern, aggresiver zu werden, gegen Fungizide resistent zu werden und die Toleranz gegen die Braunfäule mancher Tomatensorten (wie Philovita, Phantasia, Vitella, Previa, Philona, ...) auszuhebeln. Diese neue Braunfäule-Version wird als "neue" Population bezeichnet. Die neue Population wurde Mitte der 1980er in Europa eingeschleppt und ist mittlerweile ziemlich verbreitet (verdrängt dabei die alte Population).
Für beide Populationen gilt eine Zeit vom Auskeimen der Spore bis zur Infektion der Pflanze von 2 Stunden bei optimalen Bedingungen.
Die Zeitspanne von Infektion bis zum Auftreten der ersten Symptome (sog. Latenzzeit) beträgt für die alte Population 5-7 Tage.
Für die neue Population beträgt die Latenzzeit 2-3 Tage.
Die Lebenserwartung einer Spore der alten Population beträgt 2-3 Wochen. (= Solange müsste die Trockenperiode dauern...)
Die Lebenserwartung einer Spore der neuen Population bis zu 15 Jahre.
Soviel zu dem Thema, ich glaub jetzt hast genug Zahlen in der Hand. Vielleicht noch 'ne große Anmerkung am Rande: Eine einzelne Spore löst nicht gleich die Krankheit aus. Die Pflanzen haben auch ein Immunsystem. Und eine Zeitlang weis sich die Pflanze erfolgreich zu wehren. Sie tötet keimende Sporen sofort ab. Sind aber zuviele Sporen in der Luft, etwa wenn das Wetter schlecht ist und für die Braunfäule optimale Bedingungen herrschen, dann ist der Infektionsdruck zu hoch und die Pflanze kann sich mit der Menge an Sporen nicht mehr wehren. Sie erkrankt...
Das A und O - also das allerbeste was man überhaupt tun kann ist den Tomaten einen Regenschutz zu geben. Dann verhindert man, dass durch den Wind hergetragene Sporen auskeimen können, wenn es auf die Pflanzen regnet. Denn die Sporen sind nur in der Lage zu keimen, wenn die Pflanzen nass oder feucht sind. Leider bietet der Regenschutz auch keinen 100%igen Schutz. So können die Pflanzen dennoch erkranken, wenn hohe Luftfeuchtigkeit, Nebel, Tau herrscht oder die
Guttation auftritt. Aber ein Regenschutz verzögert den Befall erheblich nach hinten. Es bestehen auch wirklich sehr gute Chancen, dass mithilfe eines Regenschutzes der Frost letztlich die Pflanzen holt und nicht die Braunfäule! Zu beachten bei einem Regenschutz: Pflanzen dürfen nicht schwitzen - sonst hat man nix gewonnen. Das gilt z.B. für Gewächshäuser, Folienhäuser aber insbesondere für Tomatenhauben. Mein Nachbar hat sich vor zwei Jahren gewundert, warum Tomaten unter Tomatenhauben als erstes, Tomaten im Gewächshaus als zweites und Tomaten im Freiland (mit viel zeitlichem Abstand) als drittes erkrankt sind. Also: Tomaten im Gewächshaus immer luftig halten, Türe und Fenster immer geöffnet lassen. Tag wie Nacht. Nur bei Bedarf schließen. Gleiches gilt für Folienhäuser bzw. Regenschutz Marke Eigenbau. Regenschutz Marke Eigenbau kann man auch so bauen, dass man garkeine Folie an der Seite braucht (Stichwort: Dachvorsprung) und die Pflanzen dennoch trocken bleiben. Tomatenhauben sollte man nur bei Regenwetter aufsetzen. Ich persönlich halte von denen allerdings nicht viel.
Ungeschützer Freilandanbau von Tomaten ist im Allgemeinen nicht empfehlenswert. Ausnahmen lediglich für eine Handvoll von Sorten, die Tolerant gegen die Braunfäule sind.
Ein ganz wichtiger Faktor ist auch eine ausgewogene Nährstoffversorgung (Düngung) der Pflanzen. Nährstoffmangel macht die Pflanzen genau so anfällig wie Nährstoffüberschuss (Überdüngung). Ebenso eine stickstoffbetonte Düngung (Brennesseljauche, Hornmehl). Eine Kaliumbetonte Düngung stärkt dagegen die Pflanzen (und sorgt gleichzeitig für schmackhafte Früchte + hohe Ertragsleistung) (Tomaten-Spezialdünger, Mineralische Kunstdünger mit Optimierung auf Kalium, Asche, Beinwelljauche, Tomatenjauche, ...).
Ausgeizen ist ebenfalls sehr wichtig. Lässt man die Pflanzen verwildern, trocknen sie schlecht ab, sollten sie mal nass oder feucht werden. Buschtomaten (natürlich auch die Untervarianten: Hänge- und Zwergtomaten) (die man nicht ausgeizt) sind besonders gefährdet.
Pflanzabstände einhalten! An die Pflanzen muss Sonne & Luft!
Beim Gießen die Pflanzen nicht unnötig nass machen. Manche buddeln kleine Töpfe oder aufgeschnittene Plastikflaschen in die Erde und gießen da rein. Sind die Pflanzen größer die untersten Blätter entfernen, damit das Gießen erleichtert wird.
Das vielfach gepriesene Hexenbräu leistete sehr gute Dienste beim echten Mehltau an Gurken & Melonen. Null Wirkung habe ich allerdings beim falschem Mehltau an Gurken & Melonen und eben der Braunfäule an Tomaten beobachtet. Ich hatte eher das Gefühl, dass durch das unnötige nass machen der Pflanzen die Braunfäule nur noch gefördert wurde. Macht eure eigenen Erfahrungen mit...
Gibt es eigentlich sonst noch was zum Schwätzen, also zum Erwähnen!? Ach kein Plan, bin müde...
Grüßle, Michi :grins: