So habe ich viele Sachen gemacht, die man mir ganz bestimmt ausgeredet hätte.
Als würdest du mir aus der Seele sprechen! Manchmal sind sie wie Ketten, die einen zurückhalten oder runterziehen.
Auch das mit der Selbstständigkeit kann ich bestätigen. Ich fand es ziemlich suspekt, wie Menschen während der Corona-Pandemie so gelitten haben, weil sie sich nicht treffen konnten oder im öffentlichen Raum eingeschränkt waren. Um ehrlich zu sein, fand ich es sehr angenehm, durch leere Straßen zu laufen und den Vögeln zuzuhören, wie sie die Geräusche von E-Rollern nachahmten. (Geräusch beim entsperren eines E-Rollers)
Aber naja … zurück zu deiner Frage.
Was war damals der Anstoß dafür?
Um ehrlich zu sein, gab es nicht den einen Grund, es war ein Zusammenspiel aus vielen Ideen und Visionen, die mich faszinierten und antrieben. Auch Sorgen, wie der drohende Süßwassermangel, sind für mich ein Auslöser gewesen.
Ich war damals relativ unerfahren, was dieses Thema anging, und wollte wissen, wie lang und ob sich ein System selbst regulieren kann. Schlussendlich hatte ich bereits meine Antwort, wenn man die Erde selbst betrachtet.
Nur dass die Hauptdarsteller keine Springschwänze sind, sondern parasitäre Menschen.

Der Gedanke, dass maximal 100 ml Wasser ein System über 9 1/2 Jahre am Leben halten könnten, war für mich nicht denkbar. Ich habe mir gewünscht, dass so ein ähnliches System im großen Maßstab für Tomatenbauten in Italien oder Spanien entwickelt wird. Diese Bauern müssen heute um ihr Wasser kämpfen und es wird immer weniger.
Meine Vision war es, ein riesiges, geschlossenes System zu kreieren, welches von Menschen nicht betreten werden konnte. Eines, das mit Künstlicher Intelligenz und Robotik selbst pflanzt und erntet. Ein System, das so gut wie kein Wasser verschwendet und nur Flüssigkeit verliert, wenn Früchte automatisiert das System verlassen. Nur dann wird neues Wasser hinzugefügt.
Ein weiterer Grund war die Faszination für das Leben selbst. Sehen zu können, wie aus so wenig so viel entsteht, hat mich immer beeindruckt und genau wie bei den Londoner U-Bahn-Mücken habe ich gehofft, dass etwas Neues entsteht. Ich bin ein großer Fan von der Evolutionstheorie und
Gregor Mendel selbst.
Als ich mir dann endlich ein Mikroskop gekauft habe, sah ich die ganze Pracht meiner Arbeit und wie viel Leben in so einem kleinen Raum miteinander interagiert.
Auch der Gedanke, dass mich dieses Glas überdauern könnte, hat mir einen gewissen Frieden gegeben.
Ich bin zwar noch recht jung, aber für mich ist es wie ein biologisches Testament, welches irgendwann neues Staunen in den Augen der Menschen auslösen könnte, falls es gefunden wird.
Ich merke gerade, dass ich noch 1000 weitere Gründe aufzählen könnte, jedoch sind dies die wichtigsten!
Kannst du mehr dazu erzählen/zeigen?
Das werde ich, allerdings muss ich warten, bis das Glas aufhört zu schwitzen, andernfalls sieht man relativ wenig. Wahrscheinlich werde ich dir heute Abend mit neuen Bildern dienen können. Wenn ich meinen Beobachtungen trauen kann, schaut es so aus, als ob sich eine Blüte in der Mitte unserer unbekannten Pflanze bildet. Generell ist die Pflanze sehr deformiert und ungleichmäßig aufgebaut. Die kürzeren stabilen Stiele bilden breitere und dickere Blätter, die langen bieten dünne, flaumartige Konstrukte. Sobald die Luftfeuchtigkeit im Glas steigt, lässt sich die Pflanze hängen. Ich denke, eine ordentliche Luftzirkulation würde der Pflanze stabilere Stiele bescheren, allerdings ist das in meinem Fall nicht möglich. Interessant ist auch, dass der Bonsai-Baum durch die extreme Luftfeuchtigkeit Luftwurzeln entwickelt hat. Er hat wohl die Zeit seines Lebens und genießt es in vollen Zügen.
Falls du noch weitere Fragen hast, stehe ich dir gerne zur Verfügung. Das gilt natürlich auch für andere interessierte Ökosystem-Pioniere!
