Hier mal eine Stellungnahme damit jeder weiß worum es geht:
Schlag der Pharmalobby gegen die Naturheilkunde
Von Stefanam 23.09.10 9:14
Wieder einmal beweist es sich, dass langfristiger und beständiger Lobbyismus wider aller Vernunft gewinnen kann. Man muss halt nur die entsprechenden Kanäle nutzen, dann werden nicht nur Energieabgaben tatsächlich zu einem Millardengewinn, sondern auch unliebsame Konkurrenz einfach über Nacht ihrer Existenz beraubt. Die Verlierer sind dabei nicht nur die Anbieter, sondern auch die Patienten von Naturheilpraktikern, die jahrelang bereits positive Erfahrungen mit ihren Therapeuten gemacht haben und nun in ihrer Gesundheit wieder zurückgeworfen werden. Nachdem nun bereits starke Beschränkungen im Bereich der Nahrungsergänzung eintraten, trifft es nun den gesamten Bereich der Naturheilmittel.
Worum geht es? Ab dem 1. April 2011 wird europaweit ein starker Einschnitt im Angebot von Naturheilmitteln spürbar werden. Ab diesem Tag wird der Handel aller Mittel, die aus Heilpflanzen hergestellt werden EU-weit verboten, wenn diese Produkte nicht lizensiert werden. Das bedeutet konkret, wer zukünftig Naturprodukte verkaufen will, muss seine Produkte so behandeln lassen, als wenn sie Arzneimittel der chemischen Industrie wären und die gleichen Prüfungsprozeduren durchlaufen.
Gemäß der EU Richtlinie zur Verwendung traditioneller und pflanzlicher medizinischer Produkte (THMPD), wird der Handel und die Verwendung von Naturprodukten gezielt begrenzt. Dabei konzentriert sich die Richtlinie, auf die Veinheitlichung eines Zulassungsverfahrens speziell für traditionelle Kräuterzubereitungen, wenn sie in der Medizin zum Einsatz kommen. Um dieses durchzusetzen, werden zunächst alle Naturprodukte in der Medizin zu medizinischen Produkten erklärt. Das allein ist schon seltsam, da die Lobby der Pharmaindustrie und der Schulmedizin bislang immer eine medizinische Wirkung von Naturheilmitteln verneint hat bzw. nur sehr begrenzt zugegeben hat. Nun denn, als medizinisches Produkt muss nun das Naturprodukt zugelassen und somit geprüft werden.
Hat ein Produkt die Prüfung nicht erfolgreich bestanden, erhält es keine Lizenz und darf EU weit nicht verkauft werden. Dabei ist dies keine neue Richtlinie. Bereits am 30. Oktober 2005 mussten Bestimmungen der THMPD von den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Dies ist auch der Grund dafür, dass eine Reihe von Naturheilmitteln bereits verschwunden sind, bzw. nicht mehr in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung vertrieben werden dürfen. Ab April 2011 treten diese Bestimmungen dann in vollem Umfang in Kraft.
Wohlgemerkt, es handelt sich immer um eine Lizenz pro Produkt. Wird das Produkt verändert (flüssig statt Pulver) ist eine neue Prüfung und Lizenz fällig. Dies betrifft alle Naturprodukte, sofern sie keine Lebensmittel sind.
Diese Prüfungsverfahren sind dabei sehr umfangreich und extrem teuer, da sie eigentlich nur für chemisch hergestellte Produkte gedacht waren und man - mit recht - hier eine hohe Zulassungshürde gesetzt hat, um viele mögliche Gefahren abzuwenden. Kleine Anbieter von Naturmitteln werden sich dieses Prüfungsverfahren kaum noch leisten können. Und es wird kaum anzunehmen sein, dass nun plötzlich die großen Pharmamultis auf Naturmittel umsteigen werden. Früher oder später wird somit das Angebot immer dünner werden und die Konkurrenz aus dem Bereich der Komplementärmedizin nicht mehr das gleiche große Angebot für die Patienten bereithalten können. Das Prüfungsverfahren ist allerdings auch gar nicht auf Naturmittel ausgelegt. Viele pflanzliche Produkte werden aus Mischungen zusammengesetzt und speziell auf die Patienten abgestimmt. Diese können die Reinheits- Stabilitäts- und Genotoxizitätskriterien in den Prüfungen nicht erfüllen. Dafür sind diese Mischungen viel zu komplex.
Die traditionellen Mittel werden zukünftig dann zugelassen, wenn sie für geringe Beschwerden angemeldet werden. Würde es also irgendwann mal ein Mittel aus diversen Kräutern geben, das bei Krebs, AIDS oder sonstwas helfen kann, wird es grundsätzlich nicht zugelassen. Die Prüfung und Genehmigung wird übrigens von Pharmakologen - also nicht Naturheilkundlern - durchgeführt.
Ein Ausweg bleibt jedoch. Wenn ein Unternehmen nachweisen kann, dass es ein Produkt bereits seit 30 Jahren sicher und ohne gesundheitliche Probleme für den Anwender verkauft und von diesen 30 Jahren 15 Jahre in der EU nachzuweisen sind, wird die Lizenz nicht verlangt.
Eine weitere Möglichkeit ist es, Naturprodukte zu verkaufen, die nicht mit einer heilenden Wirkung bezeichnet werden.
Fehlt die Lizenz und wird mit dem Naturprodukt innerhalb der Medizin gehandelt, so ist dieses illegal. Gemäß dem Motto, was aus der Natur seit Jahrhunderten genutzt wird ist automatisch eine gefährliche Substanz, soll man erst das Gegenteil nachweisen müssen.
Warum das alles? Nun man könnte meinen, die Pharmariesen hätten die EU-Bürokraten davon überzeugen können, dass die Bürger einer nicht kontrollierbaren Gefahr ausgesetzt sind. Wenn man nun aber einem Naturstoff eine Heilwirkung zugesteht (was ja eigentlich aus der Vergangeheit heraus von der Pharmalobby stets wenn überhaupt nur sehr begrenzt zugegeben wurde), dann kann es ja kein Lebensmittel sein, sondern eine medizinische Substanz. Diese kann man dann handeln und das Produkt hieraus patentieren und nur was man patentieren und mit einer Marke monopolisieren kann ist profitbringend und interessant.
Ein Strauch, ein Kraut oder eine Knolle, die so einfach in der Natur wächst und aus sich heraus wirkt, ist somit verdächtig und illegal.
Ich überlege gerade, was wäre, wenn so ein Blödsinn in bspw. Kalifornien überlegt werden würde. Wenn man dort in einem Gebiet mit unzähligen Menschen aus dem asiatischen Raum behaupten würde, alle Tees, Kräuter usw. der traditionellen chinesischen Medizin, die teilweise bereits seit Jahrhunderten genutzt werden, müssen zukünftig einer zig-tausend Dollar teuren Überprüfung standhalten, bevor sie verkauft werden dürfen. Andernfalls droht Knast wegen Drogenhandels. Ich glaube, der Bürokrat, der das beschließt endet süß-sauer.
Es wird wahrscheinlich Schlupflöcher auch nach dem 1. April 2011 geben. Wahrscheinlich wird die Direktive auch nur mal wieder in Deutschland am 1.4.2011 zu 110 % umgesetzt sein und in Spanien oder Italien bereits am 2.4.2011 eine Erwähnung und 5 Jahre später eine Teilumsetzung erfahren haben. Es ist aber traurig, dass durch diese Machenschaften den Patienten Alternativen vorenthalten werden sollen und Heilpraktiker wie TCM-Ärzte oder Ayurveda-Therapeuten in eine Grauzone gedrängt werden. Umso wichtiger wird es dann für die Heilpraktiker sich sehr intensiv nach geeigneten Apothekern umzusehen, die a) noch wirklich eine Rezeptur in Latein lesen und b) einen Tee aus verschiedenen Naturmitteln eigenständig zusammenstellen können. Denn das einzelne Kraut ist nicht verboten und ein Tee, der nicht medizinisch wirken soll aber schmeckt, nebenbei einen bestimmten Effekt hat und speziell abgestimmt wird auch bestimmt noch am 2. April 2011 legal.
Die ursprüngliche fassung der Direktive findet sich übrigens hier
EUR-Lex - 32001L0083 - DE
und die neue Fassung für 2011 hier
EUR-Lex - 32004L0024 - DE
Bei beiden Texten muss man sehr lange suchen und nach unten scrollen, bis man die wichtigen Passagen findet. Ein Schelm, wer hierbei wieder Böses denkt.