Erfahrungsbericht

  • Ersteller Ersteller Florina Fina
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Ich meinte beim lesen der privaten Nachricht Mutabilis. Denn ich hab absolut nicht verstanden, was du mir mitgeteilt hast. Hab schließlich was ganz anderes im Sinn gehabt, als du verstanden hast und genau das beantwortet Marmandes Frage nämlich. So schnell reagieren das kann ich nicht mehr da reicht einmal lesen absolut nicht.

Was uns Neue/alte Länder immer noch trennt, bis die Lehrpläne endlich vom Bund geregelt werden, ist halt nicht nur die Aussprache das ließe sich lernen, sondern auch die Wörternutzung an sich und daher kommen ja solche Fehleinschätzungen zustande.

Ich bin halt Techniker, Die Schrauben an sich rum, wenn sie sich, wie ich mich seit Jahren für nicht zu 100% voll funktionsfähig halten. So nen LKW oder ne LOK hätte man längst in die Einzelteile zerlegt und verschrottet.

So genug gejammert. Ich mach jetzt Forums Feierabend macht euch ne schöne, Nacht wach bin ich jetzt auf alle Fälle. :grins:

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P.S. Tut mir leid um deinen Thread Florina
 
  • Zunächst einmal…

    …möchte ich Florina Fina meinen Respekt für ihren Einsatz zollen.

    Und um vielleicht von dem klein klein, ich bin selbst vor über 50 Jahren vom Rheinland nach OWL gezogen und weiß wie sich Florina fühlt, wieder zum eigentlichen Thema zu kommen, möchte ich hier mal meine eigenen Gedanken dazu darlegen.

    Ich gehöre zu der Generation, die man als „Kriegskinder“ bezeichnet. Die frühe Kindheit in Bunkern und Luftschutzkellern, nach dem Krieg die erste Zeit mit Hunger und Kälte verbracht. Als es dann endlich zur Schule ging, hatte die ein kaputtes Dach und mit Packpapier zugeklebte Fenster zu bieten.

    Damals hatten wir ca. 12 Mio Flüchtlinge in einem total zerstörten Land ohne ausreichende Nahrung, Heizmaterial oder intakte Infrastruktur, aufzunehmen.
    Ja, es gab Übergriffe. Schlägereien, Einbrüche, Diebstähle und was weiß ich noch alles. Wir haben es gemeistert. Ja, die Gewaltbereitschaft war groß und machte auch vor uns Kindern nicht halt. Allerdings, so habe ich den Eindruck, war sie doch nicht so hemmungslos wie heute.

    Wenn ich aber lese, dass möchtegern Politiker/innen davon faseln notfalls gegen Flüchtlinge mit Waffengewalt vorzugehen, packt mich das kalte Grausen. Alleine der Ausspruch „mit Schusswaffen bevor sie (die Flüchtlinge) deutschen Boden betreten“ ist völkerrechtlich eine Kriegserklärung.
    Es hieße nämlich nichts Anderes als auf Menschen, die noch im Nachbarland sind, zu schießen. Über die Grenze hinweg!!!

    Vor meinem geistigen Auge sehe ich, obwohl ich diese Zeit Gott sei Dank nicht bewusst erleben musste, Fackelzüge mit einer grölenden Menschenhorde durch die Straßen ziehen. Ich höre das Klirren der zerschlagenen Fensterscheiben und die Schreie der, auf der Straße zusammengeschlagenen, Menschen. Ich sehe die brennenden Synagogen! Der Rest ist Geschichte.

    Und heute?
    Grölendes, Brandsätze schleuderndes und Pfefferspray versprühendes, Pöbel.
    Jeder der mit den heutigen Verhältnissen nicht einverstanden ist, und dazu gibt es wahrhaftig zahlreiche Gründe, hat die Möglichkeit sich auf sozialem und/oder politischem Gebiet einzubringen, so wie Florina.
    Aber es ist natürlich einfacher nach getaner Demo ins traute Heim zurückzukehren, bei einem Fläschchen Bier den Fernseher einzuschalten und DsdS oder Dschungelcamp zu gucken mit dem Gefühl: „So, denen da oben haben wir es aber mal gegeben.“

    Wie gesagt, meine Gedanken dazu.
    Grüße
    Greg
     
  • Es wahnsinnig wundervoll jemanden zu finden, der noch voll geistig da ist. Meine Großmutter gebar bis ca. 1938 12 Kinder aber alle sind so Gebrandmarkt oder gar nicht mehr am Leben, das es unmöglich ist/war, über das Thema das soviel Themenbrücken hat zu reden.


    Respekt und danke


    Suse
     
  • Suse, ich bin im 74ten Lebensjahr und von dieser Zeit traumatisiert. Das Bersten der Bomben und Heulen der Sirenen wird mich, und mit mir hunderttausende andere auch, bis ans Lebensende verfolgen.

    Mein Vater ist gefallen als ich zwei war. Meine Mutter ist, als ich neun war ums Leben gekommen. Gott sei Dank hatte ich Großeltern, die mich aufzogen und mit mir über alles sprachen.

    Meine Frau ist unter grausamen Verhältnissen, Artilleriebeschuß durch die Russen, aus Kolberg / Pommern mit ihren Eltern geflohen. Kamen als deutsche nach Westdeutschland und wurden als "Polaken" beschimpft.

    Ich will aber gar nicht über mich reden sondern nur erläutern warum ich mit den Syrern und allen Kriegsflüchtlingen mitfühlen kann.

    Grüße
    Greg
     
    woher kamen damals die 12 Mio Flüchtlinge? das wusste ich bis dato garnicht, dass Flüchtlinge nach Deutschland flohen .. ich dachte immer die sind dort alle weg nach Kanada oder Amerika
     
  • Fini, die Flüchtlinge zum Ende und nach dem 2.Weltkrieg kamen aus Gebieten, die heute größtenteils polnisch sind, z.B. aus Schlesien und dem Sudetenland. Mein Vater war eines dieser Flüchtlingskinder. Heute sagt er, daß die Kinder immer am meisten unter den ganzen Kriegen leiden und am wenigsten für den ganzen Mist können. Deshalb erteilt er auch Deutschunterricht an Flüchtlingskinder von heute.
     
    bei mir wars irgendwie anders ...

    ich bin noch zu jung was den Krieg anbelangt ... jedoch war in der 2. Generation auch vieles durcheinander ...

    Ich bin bei meiner Großmutter aufgewachsen die in ihrer Volksgruppe damals sehr unter Hitler gelitten hat. Viele wurden damals ins KZ verfrachtet oder ausgesiedelt und eben reindeutschsprachige aus dem Kanaltal auf ihre Höfe angesiedelt.

    all die Geschichten wurden aufgearbeitet, nein nicht durch Psychologen, sondern dadurch, dass man die Greultaten immer und immer wieder erzählte .. den Kindern und auch neben den Kindern ... immer und immer wieder ... da war kein Platz für Märchen von GEbrüdern Grimm

    meine böse Hexe hatte einen Hitlerbart....
     
    Fini, die Flüchtlinge zum Ende und nach dem 2.Weltkrieg kamen aus Gebieten, die heute größtenteils polnisch sind, z.B. aus Schlesien und dem Sudetenland. Mein Vater war eines dieser Flüchtlingskinder. Heute sagt er, daß die Kinder immer am meisten unter den ganzen Kriegen leiden und am wenigsten für den ganzen Mist können. Deshalb erteilt er auch Deutschunterricht an Flüchtlingskinder von heute.

    ahhh wusst ich nicht ...

    finde das großartig was dein Vater tut, ja die Kinder leiden am Meisten drüber .. ich könnt jedesmal heulen wenn ich die kleinen Gesichter sehe ... so viel Schmerz ... :(:(
     
    Zusätzlich zu den Flüchtligen kamen auch die Kriegsheimkehrer, zerlumpte Jammergestalten, die meisten seelisch gebrochen. Sie alle mussten untergebracht werden. Das Geld war nichts wert, bis zur Währungsreform. Es gab nichts zu Heizen und sehr wenig zu Essen.
    Internationale Hilfsorganisationen wie z.B die Quäker, haben Nahrung und Kleidung geschickt und trotzdem sind nicht wenige von uns verhungert oder erfroren.

    Heute leben wir wie die Made im Speck, eines der reichsten Länder der Welt.
    Da sollen wir Notleidende abweisen?
    Ich würde mich zu Tode schämen und schäme mich heute schon für das was da passiert.
    Greg
     
  • @Von und Zu, ich danke dir, vor allem für deine letzten drei Sätze.

    Meine Mutter gehört zu deiner Generation; ich bin zu jung, um den Krieg und seine Folgen in Deutschland zu kennen. Aber ich kenne trotzdem die Folgen von Krieg, kenne zerlumpte Gestalten und habe Kinder an Hunger sterben sehen.

    Wo? In Kambodscha.

    In Kambodscha herrschten von 1975 bis 1979 die Roten Khmer, danach versank das Land für 20 Jahre in einen Bürgerkrieg. Ende der 90er war ich das erste Mal dort, da gab es zwar nicht mehr flächendeckend, aber immer noch regelmäßige bewaffnete Auseinandersetzungen. Ein, zwei Städte und die bekannten touristischen Attraktionen waren funktionstüchtig und sicher; auf dem Land, in der Provinz, wo niemals ein Tourist einen Fuß hinsetzt, war die Lage katastrophal. Zusätzlich gab es 2001 und 2003 dort verheerende monsunbedingte Überschwemmungen, die auch Todesopfer gefordert haben das wenige, was den Leuten geblieben war, komplett zerstörten. Dazu war das Land komplett vermint.

    Die Leute hatten nichts, gar nichts, nur Lumpen am Leib und eine handvoll Reis wurde zu einer wässrigen Suppe für mindestens 10 Leute. Was mir aber auffiel, war die überaus freundliche, warmherzige und trotz allem Elend lebenslustige und -bejahende Art der Menschen. Keiner hat geschimpft oder über die eigene Notlage geklagt, niemand. Man hatte nichts, dennoch wurde die Fremde zum Essen eingeladen und peinlich darauf geachtet, dass die einzigen Reiskörnchen auf deren Teller landeten. Ihr glaubt nicht, wie ich mich dafür geschämt habe, aber die Einladung abzulehnen wäre ein nie wieder gut zu machender Faux pas gewesen.

    Letzlich blieb ich mit wenigen Unterbrechungen mehr als sieben Jahre als Entwicklungshelfer in der tiefsten kambodschanischen Provinz.

    Was mir bei meinen wenigen Heimaturlauben auffiel und im krassen Gegensatz zu Kambodscha stand (und was mich bis heute prägt) ist der materielle Reichtum, die soziale Sicherheit, die Verschwendung an Ressourcen in Deutschland, und gleichzeitig die Unzufriedenheit der Leute, die abweisende Kälte anderen gegenüber, vor allem, wenn sie nicht ins eigene Weltbild passen, das Jammern auf hohem Niveau. Es wurde (und wird) gemeckert was das Zeug hält, man ist mit nichts zufrieden, obwohl man alles hat, es soziale Absicherungen gibt, man in einem der reichsten Länder der Welt mit einem der besten Gesundheits- und Sozialsysteme lebt. Ich habe Menschen kennengelernt, die wochen- und monatelang gehungert haben, die lieber in Naturalien statt in Geld bezahlt werden wollten, weil sie sich selbst für Geld nichts zu essen kaufen konnten, die wirklich NICHTS, aber auch gar nichts hatten, denen gegenüber ein deutscher Hartz-IV-Empfänger tatsächlich reich ist...

    Und eh es jetzt wieder Gezeter gibt: ich habe nichts gegen Hartz-IV-Empfänger, ich weiß, dass es auch hilfsbedürftige Deutsche gibt und auch denen geholfen werden muss. (Dennoch kann es mir niemand zum Vorwurf machen, wenn ich aufgrund meiner eigenen Erlebnisse und Erfahrungen ein vom allgemeinen deutschen "Ideal" abweichendes Weltbild und meine eigene Meinung habe.)
     
    Zuletzt bearbeitet:
  • Hallo Florina,

    Kambodscha ist mir natürlich noch sehr präsent. Was Du über die Gebefreudigkeit der Menschen schilderst ist mir so in etwa auch von hier bekannt.

    Es gehört hier vielleicht nicht her, und doch passt es wiederum zum Thema.

    Gerade im Hungerwinter 1946/47, ich wurde 5 Jahre alt, mussten unsere Eltern sehen wie sie etwas zu Essen besorgen konnten, auf biegen oder brechen. Sie fuhren „Hamstern“.

    Ich stamme aus Solingen, dort gab es Rasierklingen, Bestecke usw. Das wurde gegen Nahrungsmittel eingetauscht. Auf den Trittbrettern der Züge fuhr meine Mutter zu den Bauern aufs Land in die Eifel.

    Die dicksten Bauern knallten ihr die Türe vor der Nase zu. Aber die, die am Wenigsten hatten, waren am großzügigsten. Sie kannten die Not aus eigener Erfahrung und luden meine Mutter obendrein noch zu einer warmen Suppe ein.

    Das ist auch einer der Gründe, warum unsere Generation keine Esswaren wegwerfen kann.

    Wie gesagt, es gehört hier vielleicht nicht hin, aber etwas Rückbesinnung öffnet das Herz für die Not anderer.

    Grüße
    Greg
     
    halloGerg.
    da hat deine Mama es aber gut gehabt.
    Meine Mutter ist mit den dortigen Nachbarn aus Polen geflohen. mit dem großen Treck über die Ostsee. Zwölf Jahre war sie damals und mit ihr noch drei Geschwister, die die mitleidige Nachbarin auf dem Pferdewagen mitgenommen hat. Hier angekommen wurden sie behandelt wie Vieh, Kartoffelschalen und Wasser aus Pfützen, davon lebten sie, bis alle vier ins Heim kamen. die Nachbarin war unterwegs gestorben. Weil sie es so schlecht hatten, bin ich zu allen Flüchtlingen freundlich. Bei mir darf jeder klingeln, bekommt Essen und Kleidung:cool:
    Denkt mal drüber nach, b ehandelt jeden, wie ihr behandelt werden möchtet.
    der Bleistift
     
    Die dicksten Bauern knallten ihr die Türe vor der Nase zu. Aber die, die am Wenigsten hatten, waren am großzügigsten.

    Das ist auch jetzt so. Die, die selber nichts haben, spenden eifrig für das Flüchtlingsheim. Als es vor kurzem einen akuten Engpass an Hygieneartikeln gab und wir einen entsprechenden Aufruf starteten, kam ein altes Mütterchen mit drei Zahnbürsten und ein stadtbekannter Alkoholiker mit zwei Flaschen Duschgel. Die, die in der Lage gewesen wären, auch mal eine ganze Palette vorbeizubringen, gaben nichts.

    Mit meiner Praxis in der Erstaufnahme ist das ganz genauso. Ich bekomme Spenden an Medizinbedarf aus der gesamten Bundesrepublik, meist von kleinen Vereinen, von regionalen Größen aus der Branche kommt keine müde Pflasterrolle.
     
    Hallo Bleistift,

    kleines Missverständnis. Wir sind nicht geflohen, wir sind von hier.

    Meine Frau ist mit ihren Eltern geflohen. Von Kolberg auch über die Ostsee, aber mit Schiffen die unter Beschuss lagen. Sie wurden mit Flottentendern zu dem auf Reede liegenden Truppentransporter gebracht
    Sie hat gesehen, wie eine Mutter mit zwei kleinen Kindern, bei vollem Beschuss, vor Verzweiflung über Bord gesprungen ist.
    Mehr möchte ich hier nicht schildern. Es ist zu entsetzlich.
    Als wir im Fernsehen den kleinen Flüchtlingsjungen, der an den Strand gespült war, sahen, sind wir in Tränen ausgebrochen.

    Grüße
    Greg
     
    Das ist auch jetzt so. Die, die selber nichts haben, spenden eifrig für das Flüchtlingsheim. Als es vor kurzem einen akuten Engpass an Hygieneartikeln gab und wir einen entsprechenden Aufruf starteten, kam ein altes Mütterchen mit drei Zahnbürsten und ein stadtbekannter Alkoholiker mit zwei Flaschen Duschgel. Die, die in der Lage gewesen wären, auch mal eine ganze Palette vorbeizubringen, gaben nichts.

    Mit meiner Praxis in der Erstaufnahme ist das ganz genauso. Ich bekomme Spenden an Medizinbedarf aus der gesamten Bundesrepublik, meist von kleinen Vereinen, von regionalen Größen aus der Branche kommt keine müde Pflasterrolle.


    Das ist mies. Hier gab es auch solche Aufrufe, die Folge war Tage später ein völlig überfülltes Lager für Klamotten etc. Im Aufnahmlager Lebach, kein Luxushotel, sind öfter"Umverteilte" z.B. aus Trier nach einem Tag wieder zurückgekommen. Wir waren als kleines, armes Land richtig stolz. Den Leuten mußte man allerdings klar machen , daß sie hinmüssen wo sie hingeschickt werden. :(
     
    Hier ist generell eine große Ablehnung.

    Neulich wurde bei uns auf Arbeit darüber diskutiert, was mit alter bzw. nicht mehr benötigter Kleidung aus dem privaten Schrank geschehen soll - Sozialkaufhaus, Sammelcontainer, DRK-Kleiderkammer etc. pp.

    Dabei wurde heftig moniert, dass ausrangierte Kleidung z.B. vom DRK in Drittweltländer weiterverkauft wird oder aus den Sachen aus diesen Sammelcontainern z.B. Putzlappen gemacht werden.

    Auf meine Bemerkung, dass es in unserer ortsansässigen Erstaufnahmeeinrichtung eine eigene Kleiderkammer gibt und sich die Verantwortlichen immer über Spenden freuen, hieß es unisono "Nö, DIE kriegen nichts, dann soll'n sie lieber Putzlappen daraus machen!"
     
    Warum?

    Das habe ich zwei Seiten weiter vorn schon geschrieben, und es hat heftige Aufschreie verursacht.

    Einer "meiner" Flüchtlinge hat das selbe so ausgedrückt (wortwörtlich wiedergegebens Zitat, lediglich übersetzt):

    „Kalt sind die Menschen in Deutschland. Die Leute hier denken nur ans Geld. Sie sehen nichts um sich herum. Vor allem sehen sie in uns Flüchtlingen keine Menschen.
     
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