Das sind alles hochinteressante Biografien die ich da lese. Ich bin ja Jahrgang 1941, bin im Egerland geboren (Böhmen, jetzt Tschechien) in der Nähe von Marienbad. Habe die Vertreibung als Kind miterlebt. Weiß noch, wie wir alle Kinder vom Dorf auf einem großen Leiterwagen saßen,mit dem ganzen Gepäck. Die Erwachsenen gingen nebenher, sie weinten alle. Wir wurden zuerst in ein Lager gebracht, dort mußten wir bleiben bis wir wegtranspsortiert wurden. Wir durfen ja nur 50 kg Handgepäck mitnehmen als Famile. Wir Kinder, 6 Jahre,5 Jahre, 2 Jahre hatten mehrere Lagen Kleider an, damit im Handgebäck noch andere Sachen mitgenommen werdenkonnten. Wir lebten mit den Großeltern zusammen. Mein Vater war im Krieg, meine Mutter mit 3 kleinen Kindern mußte weg. Wir kamen mit dem Viehwaggon nach Hessen, meine Großeltern kamen nach Obersdorf im Allgäu. Ich habe meine geliebte Großmutter nie mehr gesehen, sie verstarb schnell nach der Vertreibung. Die haben die Familien richtig auseindergerissen. Darum ist mir ein eigenes Haus und Garten so wichtig, das ist das Bauernblut in mir, sage ich immer. Wir hatten einen Bauernhof mit Vieh, das mußte alles zurückgelassen werden. Auf der einen Seite können wir froh sein, das wir weg mußten. Wären wir drinnen geblieben wäre es uns noch viel schlechter gegangen und wir hätten uns nichts schaffen können. Das weiß man von den Deutschen, die nicht raus durften aus irgendwelchen Gründen, wie Spezialisten in der Industrie. Böhmen war ein hochenwickeltes Land. Es gehörte ja bis 1918 zum Habsburger Reich, also zu Österreich/Ungarn.
Die Donauschwaben und Siebenbürger Sachsen mußten ja drinnen bleiben und haben ja den Kommunismus am eigenen Leib bis 1990 ertragen müssen, bis sie dann aus raus durften. Ich habe damals in einere Bank gearbeitet, wie die nach Deutschland kamen und Kunden wurden. Sie waren so froh, wie sie gemerkt haben ich kenne ihre Geschichte und sie konnten offen reden. Es war so erstaunlich, wie sie sich z.T. ihre deutschen Dialekte bewahrt hatten über Jahrhunderte. Ich hörte oft ihre Dialekte raus und erkannte sie an ihren deutschen Wurzeln vom Dialekt her. Sie waren oft erstaunt, wußten es oft selber nicht mehr. Ich sagte mal zu einer Frau "Ihre deutschen Worte hören sie so nach Oberpfalz an",sie wußte es nicht. Bei nächsten Mal wie sie an den Schalter kam,sagte sie "sie hatten Recht, meine Ahnen kamen aus der Schwandorfer Gegend". Das war ein hochinteressante Zeit damals.
Das wurde jetzt aber lang. Biografien finde ich so interessant.
Hier in Deutschland mußten wir wieder als Bettler anfangen und sich kleinweise alles erarbeiten. Wir hatten solches Glück, mein Vater kam ja nicht vom Krieg heim, aber meine Mutter lernte einen ganz lieben Mann (Ostpreußen) kennen, der liebte uns 3Kinder wie seine eigenen. Das war ein großes Glück.