@ all,
wahrscheinlich kommt es auf die Erfahrungen und die Einzelfälle an. Und logischerweise auch auf die Menschen selbst, die deshalb nicht besser oder schlechter sind. Viele Frauen aber auch Männer gehen nachts nicht nach draußen, weil sie Angst haben. Es gibt auch Menschen, die keine Angst haben und dennoch nicht auf die Idee kämen, nachts draußen herumzulaufen, weil sie es absurd finden.
Wenn eine Frau nachts nicht allein draußen herumlaufen möchte, dann ist sie nicht kleinkariert oder ein besserer oder ein schlechterer Mensch, genauso wenig wie eine Frau die das tut, eine Idiotin oder Provokateurin ist.
Ich bin gerne nachts unterwegs und lasse mich nicht daran hindern. Aber ich bin genauso bereit, zu akzeptieren, dass es Frauen gibt, die das nicht tun wollen.
Ich habe fast 10 Jahre in Frankfurt gelebt, ohne Auto, wenig Geld, deshalb auch kein Taxi möglich. Fahrrad ging auch nicht immer, also blieben letztlich nur zwei Alternativen. Früher nach Hause zu gehen, um die letzte S-Bahn zu erwischen, die auch nicht direkt in Wohnungsnähe lag, oder aber zu laufen.
Die erste Alternative war noch niemals eine Option für mich. Ich gehe nach Hause, wenn ich das tun möchte und nicht wenn mich öffentliche Verkehrsmittel dazu zwingen.
Natürlich habe ich auch die eine oder andere schlechte Erfahrung gemacht. Ein Mal hatte ich zum Glück Schlittschuhe dabei. Ich glaube der Typ muss noch heute behaupten, dass er einer schlagenden Studentenverbindung angehört hat. Ein anders Mal bin ich einfach auf den Typen zugerannt, anstatt von ihm weg. Meine High Heels haben ihn sicherlich davor bewahrt, jemals Alimente zahlen zu müssen.
Ich kenne viele Frauen, die nach solchen Vorfällen nicht mehr allein aus dem Haus gegangen wären. Das ist auch nachvollziehbar. Ich möchte mich von so etwas aber nicht beeindrucken lassen. Wie Doro schon geschrieben hat: ich will keine Angst haben müssen, weil ich eine Frau bin.
Wie auch immer, das ist lange her. Heute wohne ich auf dem Land. Und ich renne immer noch nachts durch den Wald oder am Neckar entlang.
Allerdings gibt es durchaus auch Orte, die ich meide. Niemals würde ich nachts durch die Heidelberger Hauptstraße gehen. Lieber würde ich einen Umweg in Kauf nehmen.
Und dennoch, ich lass ich es mir nicht nehmen, nachts nach draußen zu gehen.
Aus welchen Gründen auch immer; unabhängig davon, ob ich das möchte, weil ich Lust dazu habe oder weil die Umstände so sind (kein Taxi erreichbar, kein ÖPNV; Auto bleibt mitten in der Nacht irgendwo stehen). Wenn ich wirklich irgendeine Straße oder einen Weg nicht benutzen möchte, dann laufe ich eben einen Umweg. Natürlich ist mir manchmal auch mulmig (hängt wahrscheinlich mit dem Alter zusammen). Mir ist auch klar, dass immer etwas passieren kann. In der Regel schleppe ich keine Schlittschuhe mehr mit mir herum und nachts im Wald oder am Neckar trage ich auch keine Highheels, und gegen eine Überzahl von Schlägern oder einen Angriff von hinten, kann ich mich auch nicht wehren. Mir kann aber auch ein Dachziegel auf den Kopf fallen oder ich kann irgendwann einfach nur mal so tot umfallen.
Aber ich gehe jeden Abend raus und wenn ich nicht schlafen kann auch nachts. Und wenn mir danach ist, dann bin ich stundenlang unterwegs. Natürlich halten mich Nachbarn, Freunde und Bekannte für durchgeknallt. Und um ehrlich zu sein, ist das einer der wenigen Konflikte, die ich mit meinem Mann habe. Aber bis dato hat er mir deshalb noch nicht mit Scheidung gedroht. Macht er wahrscheinlich auch nicht. Er hat mich schließlich nicht erst bei Eheschließung kennengelernt.
LG :mrgreen: