Zwischen "Wegsehen ist verantwortungslos!" und "Jeder Bürger ein potentieller Spitzel und Denunziant!" wandelt man bisweilen auf einem schmalen Grat.
Ich transportiere in meinem Auto bisweilen auch viele Dinge, z.B. wenn ich kurz zuvor beim Baustoffhändler war oder am nächsten Morgen für einen Kunden eine Multimedia-Installation auf einer Messe einrichte und deshalb schon am Vorabend die Plasmabildschirme und die Computer zur Steuerung des Ganzen zusammen mit Dekomaterial eingepackt habe, vielleicht will ich ja auch einfach nur früh am nächsten Morgen in den Urlaub aufbrechen.
Auf jeden Fall gäbe es eine saftige Gegenanzeige für den "anständigen" Nachbarn, der mir deshalb die Polizei ins Haus hetzt.
Anderseits: Wir hatten bis vor kurzem Nachbarn, deren kleine Kinder fast ständig am Schreien und Kreischen waren; kein normales Weinen, wie es bei Kindern ja mal vorkommt, sondern es klang schon fast verzweifelt und vor allem langanhaltend zu jeder Tages- und Nachtzeit, es ist ja nicht so, dass wir keine Erfahrungen in Sachen Kinderlärm hätten, abgesehen davon gibt es im Haus ja auch andere Nachbarn, deren Kinder nicht so auffallen.
Oft hatten wir den Gedanken, ob wir uns an Jugendamt oder Polizei wenden sollten, weil der Verdacht einer Misshandlung oder eines Missbrauchs bestand. Hätten wir die Eltern ansprechen sollen "Ihre Kinder schreien so oft und so laut, werden die von Ihnen misshandelt?" lachhaft…
Was wäre, wenn Polizei und Jugendamt nichts festgestellt hätten? Wir wären die pöhsen, pöhsen Kinderhasser in der ganzen Nachbarschaft gewesen, Menschen, welche gegen die Zukunftsmusik sind, also Leute, vor denen man heutzutage in Deutschland nur noch öffentlich ausspuckt, hätten womöglich noch eine Anzeige wegen Verleumdung und übler Nachrede kassiert.
Wenn jedoch eine Misshandlung vorgelegen hätte, tönte es wieder "Warum hat in der Nachbarschaft niemand reagiert?"
Grundsätzlich herrscht bei uns zum Glück noch so etwas wie allgemeine Freizügigkeit. Man darf sich aufhalten und versammeln, wo man will, man darf alles unternehmen, was man will usw. Ausnahmen sind ausdrückliche Verbote oder Verordnungen z.B. die StVO oder berechtigte Interessen der Mitbürger, die nicht belästigt werden wollen. Somit würde ich bei einem geparkten Auto mit dem sonst alles okay ist, niemals die Ordnungsmacht rufen. Falls ein Auto aufgebrochen und ausgeraubt wird, hat man doch eh keine Chance, ähnlich wie bei geklauten Fahrrädern. Ich erwäge das aber inzwischen bei Autofahrern, die mit laufendem Motor eine halbe Stunde direkt bei uns vor der Haustür stehen (weil sie im Nachbarhaus jemanden abholen wollen, der offensichtlich noch nicht startklar ist) und auf Anfrage, den Motor abzustellen, auch noch patzig reagieren.
Abgesehen davon würde ich es auch begrüßen, wenn die Ordnungsmacht von einer Anzeigenflut überschwemmt wird, die sich gegen Hundehalter richten, die jede Grünanlange, egal ob Stadtpark, Kinderspielplatz oder Friedhof binnen kürzester Zeit in ein reines Hundeklo verwandeln (und womöglich noch diejenigen Hundehalter auslachen, welche die stinkenden und bakterienverseuchten Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner in Tüten aufsammeln und ordentlich entsorgen).