Der Sonntag begann etwas später, und nach dem Frühstück gab es noch eine Chorprobe in unserem Winzraum.
Immerhin sollten wir am Nachmittag im Petersdom singen dürfen.
Ich war, wie die meisten von uns, davon ausgegangen, dass wir in irgendeiner kleinen Kryptakapelle singen dürften, aber wir waren für die große Apsiskapelle des Doms eingeplant, mit Mikroübertragung in den ganzen Petersdom.
Um die Zeit zu überbrücken hat uns einer unserer Tenöre, der ein Jahr in Rom studiert hat, zum deutschen Friedhof geführt. Vorbei an der schweizer Garde, der unsere Gruppe zu groß war, weshalb wir nur in Zehnergruppen eingelassen wurden, und dann ein Stück um den Dom herum. Durch ein Tor hindurch - und plötzlich landeten wir nach aller Hektik und Hitze in einem stillen Fleckchen Grün.
Wir sind rechtzeitig wieder draußen und durch eine Kontrollschleuse auf dem Petersplatz angekommen, dass wir noch das Angelusgebet und den Segen des Papstes mitbekommen haben.
Wir saßen auf dem Platz im Schatten der Kollonaden und haben uns nicht mehr runter getraut, aus Sorge, nicht rechtzeitig wieder durch alle Kontrollen durch zu sein um pünktlich zum Singen im Dom aufzutauchen.
Nachricht des Chorleiters: Jeder schlage sich bitte allein zum Treffpunkt am Baldachin durch, alle, die noch nicht auf dem Petersplatz seien, einschließlich ihm selbst, würden den ersten Treffpunkt am Obelisten nicht rechtzeitig erreichen.
Es war unglaublich voll und nur zwei Kontrollschleusen geöffnet, der Himmel weiß, wieso.
Ich hatte am Ende meinen Schal, den ich eigendlich für kühle Abende mithatte, als Sonnenschutz leicht um den Kopf geschlungen.
Irgendwann haben wir es doch geschafft, danach haben wir nur noch gut eine Viertelstunde in der Toilettenschlange angestanden, bis wir uns in den Dom begeben haben. Der Treffpunkt war dank der Handy-Nachrichten wieder geändert worden. Die ersten hatten eine Seitenkapelle mit Sitzplätzen entdeckt. Gut, um auszuruhen und noch mehr als eine Stunde zu warten.
Um 15.45 Uhr sollte die Messe beginnen, in der wir singen sollten. 15.15Uhr: Kein Priester da, in der Sakristei weiß niemand von nichts, wir dürfen auch durch die letzte Sperre nicht durch. Unser Chorleiter wird merklich nervöser und leise Fragen kommen auf, ob man uns vergessen hat und ob wir überhaupt singen dürfen.
Gegen halb vier hat sich unser Chorleiter im gespäch mit den Ordnern durchgesetzt, wir dürfen zur Orgel und ins Chorgestühl. Zeitgleich wird unser italienisch sprechender Tenor von seiner Warterei vor der Sakristei erlöst, ein sehr alter Pater taucht endlich auf. (Noch 10 Minuten bis Messbeginn.)
Die vorher so strengen Ordner werden freundlich und zugänglich, schleppen zusätzlich Bänke an, damit wir Platz finden und der Organist des Petersdoms erklärt unserem mitgereisten Organisten im Blitzdurchlauf und auf italienisch die Besonderheiten der Domorgel.
Register austesten? Geht nicht, das würde man überall hören. Einsingen? Ebenfalls nicht.
So einen Kaltstart mussten wir noch nie hinlegen, dazu haben alle gehörig Lampenfieber.
Es läuft aber erstaunlich gut, die Töne der Orgel tragen uns, die Register passen zum Glück, ohne uns zu übertönen. Den Meßablauf verfolgen wir mit unseren mitgebrachten Spickzetteln (Messtexte auf italienisch)
Denn auch, wenn weltweit der Ablauf einer katholischen Messe gleich ist, so ist es doch ganz gut, mitzulesen, und nicht die vereinbarten Zeiten zu verpassen, wann der Chor singen darf.
Zum Ende bedankt sich der Priester für unseren schönen Gesang und bittet die Gemeinde um Applaus. Die gemeinde war international gemischt und ich bin sicher, dass die Mehrheit so viel italienisch verstanden hat, wie wir. Das macht aber nichts, Musik versteht man über alle Sprachen hinweg.
Fotos habe ich nicht mehr geschossen, ich war doch reichlich nervös und nach dem Singen wurden wir ganz schnell aus der Apsis wieder hinausgeschickt - ein Vespergebet stünde an.
Uns blieb auch nur noch Zeit, mit einem kleine Eisstopp, zum Quartier zurück zu laufen, wo wir mit dem Flughafentranferbus zeitgleich ankamen. Gepäck verladen und dann begann der lange Rückweg.
Heute Nacht um 2.00Uhr habe ich meine Haustür aufgeschlossen und war dankbar, dass ich heute nicht arbeiten musste.