Sortenreinheit, Auslese und Inzuchtdepression

In meinem ersten Anbaujahr, als ich nur wenig Sorten hatte und diesbezüglich noch nicht durchgedreht bin, hatte ich auch sehr viele Samen der gleichen Sorten in die Erde versenkt. Da habe ich tatsächlich Unterschiede in der Keimgeschwindigkeit gesehen (manche waren so schnell und andere steckten ewig in der Erde, natürlich gleiche Sorte jeweils). Die Pflanzen aus dem gleichen Tütchen sahen alle unterschiedlich aus. Da waren einige, die waren so vital und mit Früchten beladen. Und andere waren so okay oder schmächtig. Ich hab da schon intuitiv von den schönsten Samen genommen. Man müsste das tatsächlich jedes Mal so machen und sogar radikal aussortieren. Aber ich kann doch keine Keimlinge töten 😥

Die Jahre drauf hatte ich Zuviel Sorten, um dies in der gleichen Weise zu betreiben und hatte viele krüppelige Pflanzen. Denn ich hatte nur ein Korn gesät.
 
  • In meinem ersten Anbaujahr, als ich nur wenig Sorten hatte und diesbezüglich noch nicht durchgedreht bin, hatte ich auch sehr viele Samen der gleichen Sorten in die Erde versenkt. Da habe ich tatsächlich Unterschiede in der Keimgeschwindigkeit gesehen (manche waren so schnell und andere steckten ewig in der Erde, natürlich gleiche Sorte jeweils). Die Pflanzen aus dem gleichen Tütchen sahen alle unterschiedlich aus. Da waren einige, die waren so vital und mit Früchten beladen. Und andere waren so okay oder schmächtig. Ich hab da schon intuitiv von den schönsten Samen genommen. Man müsste das tatsächlich jedes Mal so machen und sogar radikal aussortieren. Aber ich kann doch keine Keimlinge töten 😥
    Du musst sie ja nicht töten. Wenn Du nur von denen Samen nimmst die besonders gut sind, ist es ja auch OK die anderen wachsen zu lassen. Aber Du hast nicht so viel Platz um alle wachsen zu lassen oder? Ich versuche immer von jeder Sorte, von der ich eine Pflanze anbauen möchte 2 Pflanzen zu ziehen und nur die schlechten werden aussortiert. Wenn ich zwei gute Pflanzen einer Sorte habe, dann gebe ich eine ab. Wobei ich sagen muss meistens werden alle gut und manchmal klappt es auch beim nachlegen bei beiden nicht. Dieses Jahr wollte Auriga gar nicht. Aber egal der Platz ist eh knapp. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass man bei vielen Pflanzen keinen Platz und keinen Nerv hat von jeder Sorte zwei Pflanzen zu ziehen. Mal eben 200 statt 100 wäre schon heftig 😅
    Die Jahre drauf hatte ich Zuviel Sorten, um dies in der gleichen Weise zu betreiben und hatte viele krüppelige Pflanzen. Denn ich hatte nur ein Korn gesät.
     
    Aber Aussortieren im Keimlingsstadium macht ja nur bei Krüppeln oder besonders schwachen Pflanzen Sinn, @FrauSchulze. Es gibt auch kräftige, gesunde Pflanzen, deren Früchte nicht schmecken. Das sieht man der Pflanze ja nicht an.
    Auch weiß man nicht, wenn alle kräftig sind, welche schneller fruchtet (mir persönlich viel wichtiger als eine schnelle Keimung).

    Mit dem schnell Keimen ist es halt auch so eine Sache - ich hatte schon frisches Saatgut, das lange brauchte, aus dem dann aber tolle, kräftige Pflanzen wuchsen. Kann ja sein dass manche Hüllen dicker/fester sind.
    Ist das dann ein Makel, den man überhaupt eliminieren kann?
    Ich bin mir nicht sicher ob man als Laie wirklich genug weiß, um "gescheit" selektieren zu können.
    Ich glaube persönlich, eher nicht.

    Hand aufs Herz: abgesehen von: die Pflanze sieht schön & kräftig aus, können wir doch soooo viel mehr nicht beurteilen (Ausnahmen wie Supernovae, Sunfreak, Conya und Tubi vielleicht mal ausgenommen.)

    Aber wie es sich mit den genetischen Eigenschaften verhält - was sich da überhaupt vererben kann und warum...

    Es gibt ja auch Pflanzen, die Sorten typisch lapprig und schwächlich aussehen. Denke da an diverse Ochsenherz-Sorten.
    Oder die Original Blush.
    Und schon wird das Selektieren im Keimlingsstadium für den Laien wirklich schwierig.

    Ich denke einfach, dass es ein sehr komplexes Thema ist, wie du an deinen dickschaligen Früchten ja gesehen hast, @FrauSchulze. Mit einfach die kräftigsten Pflanzen weiter kultivieren ist es nicht getan, das ist per se noch keine Selektion. Das ist eine Vorab Auswahl per Augenmaß, und da kann man irren... gerade weil in dem Stadium die Qualität der Früchte noch nicht bekannt ist.

    Was wir hier alle machen, selbst wenn im Anfangsstadium, hat mit echter Selektion nicht so viel zu tun.

    Was mich interessieren würde - könnte man wohl für Laien eine Art "Anleitung" erstellen wie man auch ohne wissenschaftliches Hintergrundwissen "brauchbar" selektieren kann?

    So eine Schritt für Schritt Anleitung?
    Auch mit Erklärungen, welche Merkmale besonders relevant sind und worauf zu achten wäre?
    So etwas fände ich super.
    Kann natürlich kein Mensch jedes Jahr mit zig Sorten betreiben, aber könnte man durchaus mit einzelnen Sorten machen, die einem wichtig sind.

    Denke da gerade auch an Sorten wie z.B. den Manadinger Süßling, den es nicht kommerziell zu kaufen gibt usw.
     
  • Vielleicht kann man ja auch die zwei Pflanzen der selben Sorte in ein Loch pflanzen und eintriebig ausgeitzen, anstatt eine Pflanze mit zwei Trieben zu ziehen. Dann kann man immerhin von zwei Pflanzen vergleichen welche besser wächst und besser schmeckt und dementsprechend selektieren von welcher man Saatgut nimmt. Was haltet ihr davon?
     
  • Ich probiere das dieses Jahr ohnehin aus anderen Gründen aus, da werde ich mal darauf achten, @Tomatenliebe!
    Bin gespannt ob ich Unterschiede bemerke. Samen der jeweiligen Sorten waren natürlich aus der gleichen Quelle/Charge.
    Im Kübel werde ich es aber nicht so machen, nur im Boden (im GWH), in meine Kübel pflanze ich auf 30/40 Liter nur eine Pflanze bzw. auf 116 l-Kästen und auch auf 65 l-Kästen nur jeweils 2 Pflanzen, sonst komme ich mit dem Gießen und Düngen nicht hinterher...
     
    Zuletzt bearbeitet:
  • Von Sorten welche nicht unser Beider Geschmack treffen wird bei uns grundsätzlich kein Saatgut gemacht!
    Wobei unser Geschmacksempfinden natürlich einzig für uns gilt!
    Hatte mich schon oft auf Beschreibungen, Empfehlungen und Hypes verlassen. Und Manches davon war ueberhaupt nicht unser Ding.
     
    Halte ich auch so, @schwäble... mache nur selten Ausnahmen, z.B. bei alten, seltenen Sorten. Aber auch nur dann, wenn sie grundsätzlich gut sind, auch wenn sie unseren Geschmack nicht exakt treffen.
     
  • Du musst sie ja nicht töten. Wenn Du nur von denen Samen nimmst die besonders gut sind, ist es ja auch OK die anderen wachsen zu lassen. Aber Du hast nicht so viel Platz um alle wachsen zu lassen oder?
    An dem Platz scheitert es tatsächlich oder an meiner Sucht, viele neue Sorten auszuprobieren.

    Bezüglich Geschmack sehe ich es auch problematisch im Hobbybereich, die Pflanze 3 Jahre in Folge anzubauen, um sicher zu sein, dass sie wirklich nicht schmeckt. Andererseits habe ich letztes Jahr maßlos überdüngt und dass viele nicht schmeckten, lag sicherlich daran.
     
    Wir waren in den letzten Jahren ausgesprochen zufrieden mit dem Geschmack sämtlicher Sorten. :freundlich: Es waren wirklich nur einzelne, die eher durchschnittlich schmeckten - und zwischen "eher durchschnittlich" und "schlecht" liegen ja auch nochmal Welten.
    Die Sorten waren aber wirklich sorgfältigst ausgewählt, jede einzelne lange recherchiert, handverlesen... und es hat sich absolut gelohnt.
    Garantiert natürlich nicht, dass jede Sorte in jedem Jahr so gut schmeckt, aber ein paar aus 2023 waren auch schon in 2022 super (und ein paar kenne ich schon länger...) Bei mir bekommt nur einen zweiten Versuch, was sich schon im ersten bewährt hat. Kann natürlich sein, dass da auch manches rausfliegt, was erst beim zweiten Mal gut wäre... aber irgendwie gehe ich da mehr nach meinem Bauchgefühl als nach Anbauregeln.
    Habe vor vielen Jahren tatsächlich auch manche Sorten mehrmals angebaut um ihnen eine Chance zu geben, und wurde dennoch nicht mit ihnen warm... mache ich nicht mehr. Schade um Platz und Zeit. Es mag ja auch nicht alles an jedem Standort...
    Und es gibt einfach so viele tolle Sorten, die man gerne ausprobieren würde...
     
    An dem Platz scheitert es tatsächlich oder an meiner Sucht, viele neue Sorten auszuprobieren.

    Bezüglich Geschmack sehe ich es auch problematisch im Hobbybereich, die Pflanze 3 Jahre in Folge anzubauen, um sicher zu sein, dass sie wirklich nicht schmeckt. Andererseits habe ich letztes Jahr maßlos überdüngt und dass viele nicht schmeckten, lag sicherlich daran.
    Oh, womit hast Du zuviel gedüngt? Das ist mir auch passiert. Sind viele eingegangen. Aber die, die überlebt haben, waren garnicht so schlecht.
     
    Ich bin schon gespannt auf die geschmackliche Beurteilung der Tubis Streifenzipfel. 🧐😀
    Sind jetzt ja doch breiter im Land gestreut.
    Ich bin auch gespannt. Dein Streifenzipfel steht auch schon im Gewächshaus und fühlt sich dort sehr wohl!
    Ach, da ich ja jetzt doch fünf Plätze mehr im Gewächshaus habe :giggle: - Was würdest du für deinen Streifenzipfel eher empfehlen..? Gewächshaus oder Unterstand..? Oder meinst du, das spielt keine Rolle? Noch stünde beides zur Auswahl... Oder Balkon. Aber auf letzterem wird es ganz extrem heiß...

    Edit - vielleicht zu sehr OT hier..? Falls ein Mod möchte, gerne in den Zöglinge-Thread verschieben...
     
    Ich bin auch gespannt. Dein Streifenzipfel steht auch schon im Gewächshaus und fühlt sich dort sehr wohl!
    Ach, da ich ja jetzt doch fünf Plätze mehr im Gewächshaus habe :giggle: - Was würdest du für deinen Streifenzipfel eher empfehlen..? Gewächshaus oder Unterstand..? Oder meinst du, das spielt keine Rolle? Noch stünde beides zur Auswahl... Oder Balkon. Aber auf letzterem wird es ganz extrem heiß...
    Auf keinen Fall in kleinen Töpfen bei großer Hitze. Die sind nur ein Dach und luftig gewohnt. Gewächshaus brauchen die nicht, da würde ich Fleischtomaten reintun.
    Ach und nicht groß ausgeizen. Man kann die Triebe auch umeinander wickeln.
     
    Ich muss @Tomteur hier nochmal ein ganz dickes Dankeschön dalassen!
    Der ausgegrabene, sehr informative und richtige Beitrag von @WaV76 ist toll und er hat richtig viel Mühe investiert!

    So, ich glaube, wir müssen erstmal auf die wichtigen Schlagwörter eingehen, oder?

    *Genetik an*
    Gen:
    Die Gesamtheit der Information die sich auf einem Bereich der DNA befindet, die eine Auswirkung in ihrer Ausprägung auf das Individuum hat.

    Allel:
    Man bekommt von Mutter und Vater je ein Allel vererbt, wenn man zweihäusig ist.
    Mehrerer Allele, bilden ein Gen.
    Ein Allel besteht aus Basen.

    Homozygot:
    Ein Allel, das man von Mutter und Vater vererbt bekommt und aus beiden Linien die gleiche Abfolge an Basen hat.

    Heterozygot:
    Ein Allel, das man von Mutter und Vater vererbt bekommt und aus beiden Linien eine andere Abfolge an Basen hat.

    Parental:
    Betrifft die Elterngeneration.

    Fillial:
    Betrifft die Nachkommen.

    Gendrift:
    Die zufällige Veränderung der Allelfrequenz innerhalb des Genpools einer Population.

    Genshift:
    Ganze Segmente von Genen werden zusammen ausgetauscht.
    *Genetik aus*

    Das alles soll meinen:
    Man sollte nicht alle Dinge die man im Kleinem oder Großem gelesen hat "in einen Topf schmeißen".
    Es gibt Unterschiede die wichtig sind!

    Inzuchtdepression:
    Die Inzuchtdeppression kommt vornehmlich bei Arten durch, die Fremdbestäubt werden, bzw. eine zweigeschlechtliche Fortpflanzung vorweisen.
    [Wie z.B. bei uns Menschen.
    Wir haben uns dazu entwickelt, das wir zweigeschlechtlich sind. Wenn jetzt zwei Geschwister, oder noch schlimmer, zwischen Parental- und Fillialgeneration ein Kind entsteht, ist die Warscheinlichkeit, das sich ein Defekt, der heterozyogot keine Auswirkungen hat, homozygot zu einem richtig schlimmen Problem werden kann, weil sich dieser Faktor durchsetzt.]

    Heterosis-Effekt:
    Hier geht es um Pflanzen die eher fremdbestäubt/ zweihäusig sind. (Apfel, Kirsche, Mais oder Weizen, glaube ich)
    Wenn diese Sorten nur mit der selben Sorte bestäubt werden, kann es zu einer Inzuchtdepression kommen, da sich dort Defekte summieren.

    Tomaten sind vornehmlich Selbstbefruchter und neigen daher nicht zu dieser Art von Inzuchtmangel/-depression.
    Sie bestäuben sich vornehmlich selbst.
    Deshalb wurde hier konkret von unterschiedlichen Dingen gesprochen, die man deutlich differenzieren muss.
    "Der Tomaten ihr" Genpool ist vielfältig, obwohl sie sich selbst bestäuben.
    Sie können das!

    Bei Genshift oder Gendrift muss es nicht unbedingt das ganze Saatgut betreffen, das sind spontane Anpassung. (gerne mehr, aber bitte nicht in so vielen unterschiedlichen Fragestellungen, @Tomteur -das ist sehr komplex)
    je mehr rezessive Merkmale eine Tomate hat, desto leichter werden Verkreuzungen bemerkt. Aber je weniger Verkreuzungen bemerkt werden, desto öfter wird eine verkreuzte Sorte unwissentlich weitergegeben.
    Jein. .
    Diese rezessiven Merkmale prägen sich nur aus, wenn beide Parentalgenerationen dieses Merkmal aufweisen.
    Da Tomaten sich aber eher Selbstbestäuben, wird dieser Faktor aber deutlich höher, in der Warscheinlichkeit, weitervererbt.
     
    An dem Platz scheitert es tatsächlich oder an meiner Sucht, viele neue Sorten auszuprobieren.

    Bezüglich Geschmack sehe ich es auch problematisch im Hobbybereich, die Pflanze 3 Jahre in Folge anzubauen, um sicher zu sein, dass sie wirklich nicht schmeckt. Andererseits habe ich letztes Jahr maßlos überdüngt und dass viele nicht schmeckten, lag sicherlich daran.
    Überdüngen habe ich bisher noch nicht geschafft. Eher immer zu wenig.
     
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