Es ist schön zu lesen, dass es so viele Igelfreunde gibt. Leider habe ich eine Nachbarin, die diese süßen Tiere ekelig findet. Mir ist Anfang Oktober etwas böses widerfahren.
Ich wollte gerade Erdbeeren für den Nachtisch putzen als mir einfiel noch schnell Tomaten reinzuholen bevor es dunkel wird. Ich ging raus, in den hinteren Teil des Gartens und späte schon von weitem nach roten Tomaten, als ich ein Kratzen hörte. „Das ist wohl wieder der Igel“ dachte ich. Als ich wieder das Kratzen hörte und ortete, sah ich, dass es vom Kompost der Nachbarn kommt. Vier engmaschige Zaunteile wurden mit Kabelbinder verbunden. Darin der Kompost, davor ein angelehntes Brett.
Als ich den Igel sah bekam ich einen großen Schreck, denn die Position, die er inne hielt ließ ihn nicht als Igel erkennen. Er hing kopfüber vor dem angelehnten Brett. Erst hatte ich die Befürchtung, er könnte kopfüber runterrutschen doch dann sah ich, dass das gar nicht ging. Er hing fest. Ich ging näher heran und sah, dass sein rechtes Hinterbein zwischen zwei zusammengebundenen Zaunteilen eingeklemmt und zu dick war um es raus zu ziehen. Ich rannte schnell ins Haus um ein Handtuch zu holen. Meine Tochter war auch schon vor Ort und sah mit Bestürzung, in welch misslicher Lage sich der Igel befand. Als ich ihm näher kam rollte er sich schon zusammen, so konnte ich das Handtuch um ihn legen und anheben um das Gewicht vom Bein zu nehmen. Ich schickte meine Tochter zur Nachbarin, die bisher überaus hilfsbereit war. Die war an diesem Abend aber ausnahmsweise nicht da, wie mir später wieder einfiel. Meine Tochter kam zurück und ich ließ sie den Igel halten um eine Zange zu holen. Wir wohnten noch nicht lange in dem Haus, deswegen hatten wir das Werkzeug parat und genug Kartons, wovon ich auch gleich einen mitnahm. Schnell wieder zur Tochter und dem Igel, die Kabelbinder zerschnitten und der Igel war frei. Meine Tochter legte ihn behutsam in den Karton, das Bein stand ab, obwohl er zusammengerollt war.
Ein Fall für den Tierarzt. Wasser für’s Tier, Internet, Telefon und schon bestand die Möglichkeit den Igel in ärztliche Hände zu geben. Da wir in der Woche kein Auto haben, mein Mann arbeitet in einer anderen Stadt, konnte ich eine Nachbarin mobilisieren mit mir zum Tierarzt zu fahren. Eine Arzthelferin nahm mir das Tier ab und wir fuhren wieder nach Haus.
Die bereits erwähnte überaus hilfsbereite Nachbarin klingelte an der Tür, kurz nachdem ich wieder im Haus war. Nachdem wir ihr „Anliegen“ geklärt hatten wollte ich ihr erzählen, dass ich den Kompostsammler zerschneiden musste, weil es galt einen Igel zu retten. Als sie „Igel“ hörte verwandelte sie sich in eine hysterische Furie. „Igel? Lassen sie mich bloß mit dem Igel in Ruhe. Der hat mir so einen Schreck eingejagt. Wie eklig.“ „Wie, sie haben den Igel gesehen und nicht befreit?“ „Befreien? Ich? Ich fasse doch keinen Igel an. Die sind so eklig. Igel und Mäuse…“ und weitere hysterische Aussprüche. „Wann haben sie den Igel denn gesehen?“ „So gegen Mittag.“ „Was? Der Igel hängt da schon seit Mittag?“ Ich war gegen Sieben wegen der Tomaten raus gegangen. Der arme hat wahrscheinlich schon nachts dort gehangen.
Der Igel wurde operiert. Die Hüfte war ausgerenkt und die Kniescheibe wurde gerichtet. Sechs Wochen war er beim Tierarzt. Eigentlich sollte er wieder zu uns kommen, aber wir hielten es doch für besser, wenn der Igel bei Tierarzt im Garten überwintert. Falls er im Frühjahr ein steifes Bein hat, kann sich der Tierarzt direkt darum kümmern. In der Wildnis würde es nicht auffallen und dann würde er vielleicht von anderen Tieren verletzt werden können.
Zu gerne würde ich den Nachbarn eine Schippe Erde mit Schneckeneiern in den Garten setzen.