Ich hasse den Winter. Es ist ein beständiger Kampf gegen die Kälte. Fast   nie kann man sich richtig wohl fühlen. Irgendwo schleicht sich die  Kälte immer ein oder an. Und ist man gegen die Kälte gepanzert  und  kommt in ein Kaufhaus, bekomt man einen Hitzeschock. Ist man für ein   geheiztes Kaufhaus gekleidet, dann friert man auf dem Weg.
Das Gesicht lässt sich fast gar nicht isolieren.
Hat  man dicke Handschughe an und endlich alle Ritzen in der Kleidung  dicht, dann braucht man ein  Taschentuch oder ein Schnürsenkel geht auf,  und man kann dann erst mal  die Handschuhe wieder ausziehen, weil man  sonst zu ungeschickt ist, oder die Hand erst gar nicht in die Tasche mit  dem Tuch bekommt.
Der  eisige Wind treibt mir die Tränen in die Augen. Wieder ist ein   Taschentuch nötig. Die Tränen versauen die Brille. Ausserderm  beschlägt  die Brille bei jedem Wechsel von draussen  nach drinnen, und man ist  erst mal blind. Wenn ich die beschlagene Brille abnehme, bin ich auch  blind. Einfach doof.
Sonne ist selten, Feuchtigkeit  häufig. Ich hätte nichts gegen die  Feuchtigkeit aber sie verschlimmert  die kälte. Ich hasse die  Jahreszeit.
Der Mangel an Farben, und die schmutzige Präsenz von Grau und Braun  machen den Winter auch nicht besser. Der Schmutz beleidigt mein Gefühl  für Schönheit, und der Schmutz ist im Winter in der Stadt  allgegenwärtig.
Zudem ist alles Tot. Die Bäume sind nur noch Gerippe, Büsche sind  Gestrüpp, das Gras welk und traurig. Alles rottet, alles fault.
Winter in der Stadt riecht auch nicht gut. Abgase sammeln sich, es stinkt. Keine Blüten oder frischer Duft, nur Mief.
Mich  ängstigt der Winter zudem - eine beständige Todesdrohung durch  Erfrieren. Wenn man durch eine Katastrophe im Schlafanzug das Haus   verlassen muss? Tja, kann man nur hoffen dass schnell eine gnädige Seele  mit  einer Decke kommt, bevor man sich die Zehen, Füße und Finger  erfriert. Oder gleich ganz erfriert.
Wenn man nicht mehr ins Haus kann? Glücklich  wer in dem Moment warm  genug angezogen ist. Eine Nacht im Winter draussen überleben, weil es  nicht nach Hause gereicht hat?  Viel Spass. Es sind schon mehr als nur  ein paar wenige bei dem Versuch erfroren.
Im  Sommer kann man sich problemso draussen wohl fühlen, und muss keine   Angst um das Leben haben. Man kann auch mal irgendwo übernachten und  überlebt das ziemlich sicher. Der Winter jedoch ist eine permanente  Todesdrohung.
Noch  habe ich Kraft, aber der Kampf jeden Tag zehrt. Und oft ist im   Spätwinter keine Kraft mehr übrig, und ich werde krank. Schwere   Krankheiten haben mich alle im Winter erwischt. Im Sommer war ich nie im   Krankenhaus. Die gute Laune, die bei mir eh selten ist, schwindet,   woher soll sie auch kommen? Es gibt ja nichts erfreuliches in dieser  Jahreszeit.
Vom Aufstehen an ist es ein Kampf gegen die Kälte. Jeden Tag, jede Stunde des Tages.
Ich hasse die Jahreszeit. Ich will mich wieder wohl fühlen können.
In  10cm Kältepanzerung kann ich mich nicht wohl fühlen. Dieser blöde   Spruch "Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung"   ist der blanke Hohn. Es gibt Wetter gegen das keine Kleidung hilft um   sich draussen wohl zu fühlen, und der Winter hat mehr als genug davon.
Dazu  kommt noch: Ich kann vieles im Winter einfach gar nicht machen.  Viele  Maschienen sind zu Laut, um im Haus eingesetzt zu werden. Lacke  usw.  riechen in Zimmern viel zu sehr, von lacksprühdosen gar nicht zu  reden. Arbeitsräume dauerlüften? Dann ist gleich wieder alles kalt.
Alles,  was ich im Sommer problemlos draussen machen kann, geht nur noch  sehr eingeschränkt oder  gar nicht. Kein passender Platz, oder zu wenig  frische Luft. Oder schlicht zu  kalt.
Habe ich schon erwähnt dass ich den Winter hasse? Es ist  eine scheiss  Jahreszeit, die ich nicht leiden kann, und die mich auf Dauer fertig  macht.
Ich will Winterschlaf halten, aber man lässt  mich nicht. Jeden Tag muss  ich aus dem Haus, in die Kälte, und jeden Tag  muss ich kämpfen. Bis  der Akku leer ist, und ich wieder krank und  seelisch an Boden. Ich will  in den Süden auswandern, aber ich habe zu viele Verpflichtungen die  mich hier festnageln.
Ich habe keine Chance. Ich hasse den Winter.