Verkreuzte Tomatensamen

  • Ich hatte mir vor ca. 20 Jahren aus 2erlei gekauften Tomaten, die mir schmeckten, Samen genommen und ausgesät. Wir hatten davon ca. 15 Tomatenbüsche in für mich sichtbaren 6erlei Sorten. Aber sowas von unterschiedlich! Kleine und große rundliche, Fleischtomaten, kleine und große längliche und zur Krönung eine gelbe. Da habe ich als Unwissende den ganzen Sommer gewartet, dass die Tomaten rot werden. Ein Gärtner erklärte mir dann. Es seien bestimmt Hybriden gewesen, die dazu noch von anderen Sorten befruchtet waren. Heute bin ich da total im Zweifel. Aus 2 Tomaten --- 6erlei Sorten???


    Ist ja eigentlich interessant wenn da was leckeres bei rauskommt!
    Ich frag mich nur....wenn ich dann wieder Samen nehme bekomm ich die selbe Sorte im nächsten Jahr wieder?
    Wenn sie einmal aufgespalten ist müsste das doch wieder die Urform sein und klappen oder?
     
    Ist ja eigentlich interessant wenn da was leckeres bei rauskommt!
    Ich frag mich nur....wenn ich dann wieder Samen nehme bekomm ich die selbe Sorte im nächsten Jahr wieder?
    Wenn sie einmal aufgespalten ist müsste das doch wieder die Urform sein und klappen oder?

    Nein, leider nicht, da sie ja so viele verschiedene Erbanlagen haben.
    Liebe Grüße
    jonatan
     
  • Dann schreibt man auf das Tütchen von solch gewonnen Samen am besten Wundertüte was :grins:

    Nee dann hau ich die verkreuzten weg, eigentlich schade wenn man dann mal ne leckere Sorte ausversehen zusammengekreuzt hat und sie trotzdem nie wieder bekommt.

    Frag mich nur wie die Tomatenzüchter das dann machen?
    Dachte immer die suchen auf diesem Weg nach neuen Sorten?
     
  • Danke jonatan. Aber wenn man es ständig wiederholt müsste man ja schon über kurz oder lang mal bei den Urformen rauskommen.
     
    Danke jonatan. Aber wenn man es ständig wiederholt müsste man ja schon über kurz oder lang mal bei den Urformen rauskommen.

    Genau, Pepino, aber das erfordert unheimlich viele Pflanzen und Jahre! Ich habe es irgendwo mal gelesen, wie lange man braucht und man muß schon sehr engagiert oder Profi sein, um sich das anzutun!
    Liebe Grüße
    jonatan
     
  • Also erstmal folgende Grundregel: Hat einmal eine Kreuzung stattgefunden wird man nie mehr die Ausgangsform erhalten können.

    Aber wie erkläre ich das jetzt am besten? :D

    Das ist garnicht so einfach... :grins:

    Also 'Minibel' und 'Black Cherry' entspricht der sog. Parentalgeneration. Oder zu deutsch: Das sind die Eltern. Kreuzen sich beide Sorten miteinander, kombinieren sich die Erbinformation neu. Das heißt die heranwachsenden Samen tragen Merkmale beider Sorten in sich. Im Prinzip ganz genau so wie beim Menschen: Da hat dann der Nachwuchs die Nase von der Mama und die Ohren vom Papa. Die in der Mutterpflanzen heranwachsenden Samen entsprechen der Filialgeneration 1 (kurz: F1). Würde man mit diesen Samen eine Samentüte beschriften wollen, müsste der Aufdruck so aussehen:

    'Black Cherry' x 'Minibel' F1

    Zieht man nun Pflanzen dieser selbst gewonnenen F1-Samen heran passiert folgendes: Keiner der Pflanzen wird den kompaktwüchsigen Wuchs der Minibel haben. Denn dieses Merkmal ist rezessiv. Es treten nur dominante Merkmale in Erscheinung: Der Wuchs von 'Black Cherry'. Die Rotfrüchtigkeit von 'Minibel'. Und so weiter.

    Aber die rezessiven Merkmale sind nicht verloren. Merkmale wie kompakter Wuchs oder braune Fruchtfarbe sind nach wie vor verankert. Sie treten in der F1 nur nicht in Erscheinung. Man sagt deshalb auch die Generation ist uniform.

    Die F1-Pflanzen produzieren wieder Samen. Diese Samen entsprechen dann der F2-Generation. Die Samentüte sieht dann wie folgt aus:

    'Black Cherry' x 'Minibel' F2

    In der F2 kam es dann zur bekannten Aufspaltung. Zieht man nun Pflanzen dieser selbst gewonnenen F2-Samen heran, sieht man dessen Auswirkungen. Schon während der Anzucht der Jungpflanzen wird man Unterschiede feststellen. Die Pflanzen sind nun nicht mehr uniform. Es kommen Dominante wie Rezessive Merkmale in Erscheinung. Die Dominanten werden aber in der Überzahl sein. Sprich: Die meisten Jungpflanzen werden wie normale Stabtomaten aussehen. Aber es werden auch Jungpflanzen mit dem bekannten kompaktwüchsigen Wuchs der Minibel auftreten. Nun könnte man bereits eine erste Selektion vornehmen: Hat man sich als Züchtungsziel eine kompaktwüchsige Tomate vorgestellt, gießt man nur kompaktwüchsige Pflanzen weiter. Die restlichen lässt man verdursten.

    Am Ende vermehrt man nur eine einzige oder zumindest nur wenige Pflanzen weiter. Dabei selektiert man dann stark nach gewissen allgemeinen Kriterien wie Frühzeitigkeit, Ertragsleistung, Geschmack oder Vitalität/Robustheit (insbesondere gegenüber Braunfäule).

    Hat man ein Züchtungsziel, strebt man z.B. eine kompaktwüchsige Sorte mit braunen, süß-würzigen Früchten an, sollte man natürlich auch nur von solchen Pflanzen Samen nehmen, die diesem Vorhaben entsprechen. Dabei sollte man allerdings die allgemeinen Selektionskritieren (Abschnitt weiter oben) nach wie vor berücksichtigen.

    Von F2-Pflanzen gewonnene Samen entsprechen dann der F3-Generation. Hat man nur eine Pflanze vermehrt sieht die Samentüte wieder wie folgt aus:

    'Black Cherry' x 'Minibel' F3

    Hat man allerdings mehrere Pflanzen vermehrt, sollte man die gewonnenen Samen auch getrennt abtüten. Und auch entsprechend individuell kennzeichnen. Jede Samentüte ist nun als ein separates Projekt zu betrachten, welches fertig gezüchtet werden muss.

    Zu einer großen Aufspaltung wie in der F2 kommt es nun nicht mehr. Mit fertig züchten ist allerdings gemeint, dass die unfertige Züchtung nun stabilisiert werden muss. Das bedeutet man nimmt von Generation zu Generation immer eine Selektion vor und vermehrt jeweils nur eine Pflanze mit den besten/gewünschten Eigenschaften bzw. Merkmale weiter. Starke, unterschiedliche Pflanzen wie in der F2 kommen zwar nicht mehr vor, durchaus aber noch kleinere Unterschiede. Von Generation zu Generation werden die Pflanzen dann aber immer einheitlicher (also stabiler). Durch die Selektionen. Irgendwann ist die Züchtung dann stabil und somit fertig. Als Richtwert dafür gilt die F7. Man spricht dann von Sortenstabilität. Nun hat der Züchter die Ehre seine Sorte zu benennen. Er darf sich also einen tollen Sortennamen ausdenken...

    Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen:
    • Ein Profizüchter wird niemals eine zufällige, natürliche Kreuzung als Ausgang für eine Züchtung nehmen. Man bezeichnet eine solche Kreuzung deshalb als Verkreuzung.
      #
      • Ein Profizüchter hat im Vorfeld schon hunderte Tomatensorten angebaut, um potenzielle Sorten für eine Kreuzung kennenzulernen.
        #
      • Ein Profizüchter nimmt bereits eine Selektion bei den Eltern vor. Das bedeutet er baut eine große Anzahl an Pflanzen an. Also z.B. jeweils 50 Pflanzen der Sorte 'Black Cherry' und 50 Pflanzen der Sorte 'Minibel'. Als Kreuzungspartner wählt man dann jeweils die besten Pflanzen.
        #
    • Um eine sinnvolle Selektion vorzunehmen benötigt man einen möglichst großen Bestand einer Generation. Also möglichst viele Pflanzen einer Generation. Damit nicht ein ungeahntes Potenzial in der Samentüte schlummert. Damit man die größtmöglichste Auswahl für die bestmöglichste Wahl hat. Perfektion.
      #
    • Blüten dürfen nicht unkontrolliert abblühen. Man muss eine Isolation vornehmen, die Blüten also vor Verkreuzung schützen. Eine unkontrollierte Kreuzung (z.B. durch Hummeln bei Tomaten) löst eine Neukombination der Erbinformation aus und zerstört die aufwendige Züchtung.
      #
    • Man hat auch die Möglichkeit weitere Sorten einzukreuzen. Zum Beispiel kann man durch Einkreuzen mit der Wildtomate 'Solanum pimpinellifolium' lange Fruchttrauben und Robustheit gegenüber Braunfäule anstreben. Solche Einkreuzungen werden wie folgt gekennzeichnet:

      'S. pimpinellifolium' x ('Black Cherry' x 'Minibel' F3) F1

      Die F-Angabe innerhalb der Klammer friert dann ein. Und am Ende der Kennzeichnung beginnt man wieder mit F1. Schließlich beginnt dann der Prozess der Uniformität (F1) und der Aufspaltung (F2) von erneut (Kreuzung => genetische Neukombination hat stattgefunden)...

      Alternativ kann man sich das ganze auch bildlich darstellen. Der wohl bekannteste Tomatenzüchter Tom Wagner (Züchter von 'Green Zebra') geht dabei so vor:

      http://2.bp.blogspot.com/_wz6KH09Kt...A6A/vowaNLErDxU/s1600-h/July+21,+2009+126.JPG
      (Ich kann das Gekritzel nur nicht lesen...) :D
    Zum Schluss: Leider kann ich kein Versprechen auf Richtigkeit für diesen Post geben. Ich bin kein Züchter. Genau genommen Blutiger Anfänger auf diesem Gebiet. Aber in Deinem ganz speziellen Fall, Stupsi, würde ich Deine (Ver)kreuzung weiterziehen. Wenn du Lust & Laune dafür hast. In so weit, wie es im Rahmen Deiner Möglichkeiten liegt. Vielleicht entwickelt sich ja etwas brauchbares daraus...

    Grüßle, Michi ... F1
     
    Mir ist ganz schwindelig geworden .......... :grins:

    Danke Michi für den Beitrag aber wenn ich ehrlich bin...das ist mir zu hoch!
    Ich verwende weiter "normale" Tomatensamen :)

    P.S.
    Muß mal was anmerken.
    Komisch das ich manchmal nicht direkt nach Sunfreak antworten kann dann flieg ich aus dem Forum?
    Wie kann das sein?

    Nach pepino gings wieder?????:confused:
     
    Zuletzt bearbeitet:
    Das weisst du nicht? Sunfreak steht nach jedem post noch ne weile mit der Fliegenklatsche dahinter und puzt alles weg ^^

    Aber wenn alles gut Läuft werd ich mich kommende saison mal daran wagen 2 sorten bewusst miteinander zu kreuzen (sie sorten weiss ich auch schon).
     
  • Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Posts manchmal etwas länger sind und somit etwas mehr Zeit zum Lesen beanspruchen. Hat man beim Login nicht ein Häkchen bei "Angemeldet bleiben?" kann es vielleicht passieren, dass die Session abläuft, wenn man einige Minuten untätig wird (weil man liest...)

    Ja, nächstes Jahr beginne ich auch mit meiner ersten Kreuzung. Ich habe dieses Jahr 166 Sorten angebaut und habe somit meine Kreuzungspartner gefunden.

    Grüßle, Michi
     
  • Ich frag mich eher wie Ihr das schafft bei soviel Tomaten davon Samen zu nehmen?

    Bei meinen 5 Sorten steht schon der halbe Tisch voll Töpfchen, Blättchen und Tütchen :grins:
     
    Sicher mit dem Laubsauger .... dann kommen sie getrocknet und verpackt hinten raus :d
     
    Hallo shargal,
    ich kreuze auf jeden Fall nicht mit Absicht, mir reichen meine verkreuzten. Meine Noname Dattel mit Spitze hat letzte Saison gekreutzt, es kam eine quietschgelbe superschmeckende Dattel mit Spitze raus. Hab mal von einer Tomate Samen gemacht und probier die kommende Saison mal aus...
    Dann hat sich vor 2 Jahren das Andenhörnchen mit der Cherry Goldita gekreuzt, das gab ein Andenhörnchen mit gelben Streifen - superlecker - diese Saison sääte ich Samen von dem verkreuzten Andenhörnchen, es kam ein Andenhörnchen mit gelben Streifen raus - superlecker...
    LG Anneliese
     
    Boah, wie groß ist denn dein Garten? Wahrscheinlich eher ein Feld!;)

    Nicht größer wie ein Durchschnittsgarten. Aber halt Monokultur und ungenügender Pflanzabstand. Dann lassen sich 166 verschiedene Sorten durchaus unterbringen. Aber in regenreichen Sommern - wie in diesem Jahr - ein Paradies für die Braunfäule.

    Nächstes Jahr schalte ich einen Gang zurück. Ganz nach dem Motto "weniger ist oft mehr". Maximal 25 Sorten. Maximal ein, zwei Züchtungsprojekte. Das ist ausreichend.

    Grüßle, Michi
     
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