Etwas komplett anderes:
Passend zum heutigen Tag habe ich eine Geschichte von James Krüss wiedergefunden, und weil ich sie im Netz nicht gefunden habe (immer nur Angebote, wo ich das Buch, in dem die Geschichte steht, kaufen könne) blieb mir nichts anderes übrig, als den Anfang der Geschichte für den Freund, der heute Geburtstag hat, abzutippen.
Ich mag diese Art zu erzählen, die der James Krüss hat. Dieses ein bischen Langsame, mit hier einem Schlenker und dort einer Schnurre nebenher, in dem man ganz viel Weisheit zwischen den Zeilen finden kann, wenn man will.
Ich kopiere euch den Anfang, den ich abgetippt habe, auch mal hier hinein, vielleicht gefällt er euch ja auch.
"James Krüss
Der Pavillon aus Porzellan
Wie man unter dreihundert oder vierhundert Kleeblättern nur einen einzigen Glücksklee mit vier Blättern findet, so gibt es unter den 365 Tagen des Jahres nur einen einzigen Glückstag, nämlich den 24. Juni.
Wer an diesem Tag geboren wird, ist ein Wunschkind, dem im Laufe seines Lebens, so sagt man, alle Wünsche (sofern es gute und angemessene Wünsche sind) in Erfüllung gehen. Zuweilen geschieht es auch, dass der 24. Juni eine ganze Schar von Menschen beglückt, wenn sich mindestens drei Wunschkinder unter ihnen befinden.
Vor etlichen Jahren machte eine kleine Reisegesellschaft mit einer chinesischen Dschunke einen Ausflug ins gelbe Meer. Weil nun gerade der 24. Juni war und weil drei der Reisenden an diesem Tage Geburtstag hatten, schlug Li, der chinesische Dschunkenführer, vor, eine Fahrt ins Blaue zu machen und das Steuer getrost dem Glück zu überlassen.
Die Reisenden - wiewohl sie sich nicht ganz behaglich dabei fühlten - waren mit dem abenteuerlichen Vorschlag einverstanden. Sie überließen sich und die Dschunke dem Wind, den Wellen, und dem Glück.
Bald merkten sie, dass sie keine Ursache hatten, dem Glück zu misstrauen. Denn obwohl nur ein schwacher Wind blies, flog die Dschunke mit prallen Segeln über das Meer dahin, wie eine Sturmwolke über den Himmel. Und obwohl niemand am Steuer des Bootes stand, wurde es so leicht um Inselspitzen, Untiefen und Riffe herumgeleitet, als ob der geschickteste Steuermann es regiere. (…) "
Die Reisegesellschaft gelangt auf eine Insel, in der aus Gedichten Wirklichkeit entsteht, und solange die Reise dauert, können sie, die vorher nur über Dolmetscher haben komunizieren können, sich alle untereinander verstehen. Sie ersingen sich in Reimform den Eintritt in das Haus des Herrn der Insel, der sie als Gäste willkommen heißt und bewirtet. In diesem Haus sind viele längst verstorbene Dichter versammelt. Man trinkt und tanzt, aber wieder zurück auf dem Festland, wissen die Reisenden nicht so ganz, was Traum und was Wirklichkeit war. Auch verlieren sie die gemeinsame Sprache, sobald sie die Dschunke verlassen.
Am Ende heißt es nur:
"Dann ging am Horizont die Sonne unter und die Reisenden trennten sich und wünschten einander in sechs Sprachen Lebewohl und gute Nacht. Der Kormoran blieb als Einziger am Ufer zurück, bis auch er sich erhob und mit großen Flügelschlägen hinausflog auf das gelbe Meer zu einer fernen Insel."