F1 Hybride - was passiert bei der Nachzucht

[Schwabe12345]

Hallo allerseits!

Vor einer Woche habe ich mit den diesjährigen Paprikapflanzen begonnen. Im Nachgang ist mir aufgefallen, dass ich ein paar Samen von letztjährigen Pflanzen verwendet habe, bei denen ich nicht (mehr) weiß ob es F1 Hybride sind.
Nun keimen die Samen allerdings.

Meine Frage ist nun: was passiert bei Samen von F1 Hybriden? Keimen die überhaupt nicht oder tragen die später keine Früchte oder wenn dann nur kümmerlich?

Danke und viele Grüße!

 

[M19J55]

Keimen werden die Samen von vorjährigem F1 auf alle Fälle. Hybridpflanzen entstehen ja durch Kreuzungen.
Allerdings enthalten sie weniger Pollen und werden dadurch von Bienen weniger angeflogen.
Die Ernte dürfte eher migrig ausfallen. Aber von Erfahrung darüber kann ich allerdings nicht sprechen Gruß

 

[Pyromella]

Wieso sollten Hybrid-Pflanzen weniger Pollen haben als andere?

F1 Hybride bedeutet ja nur, dass du in der ersten Tochtergeneration nach der Kreuzung bist, da Tochtergeneration auch Filialgeneration heißt, hat man das mit einem F abgekürzt.

Wenn du Absaat der F1-Hybriden aussäst, dann spalten sie nach den Mendelschen Gesetzen auf, du bekommst also rechnerisch eine Pflanze mit den Erbanlagen des einen Elternteils, eine Pflanze mit den Erbanlagen des zweiten Elternteils, und zwei Pflanzen mit dem Mix, der so aussieht, wie deine F1-Hybride aus dem Vorjahr.

Wenn du die Mix-Pflanzen (das ist jetzt die Generation F2) nimmst und Saatgut aussäst, dann kann das wieder aufspalten und so fort. Je weiter die Kreuzung zurückliegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass du die gemischte Anlagenform bekommst, das nennt man bei der Züchtung dann Stabilisieren. Ich meine, @Sunfreak hätte mal erwähnt, dass nach 10 Generationen eine Linie als stabil gilt.

Du musst also keine Sorge haben, dass du keine Früchte bekommst, es kann halt nur sein, dass deine Früchte anders aussehen, als letztes Jahr. (Eben so, wie die Früchte der Sorten, die man gekreuzt hat, um deine F1-Hybrid-Sorte zu erhalten.)

 

[jomoal]

Hallo Schwabe,
habe das mit der F1-Nachzucht mal bei Tomaten probiert. Die Ernte war gar nicht so schlecht. Es ist so, wie Pyromella es schreibt. Probiers einfach mal aus.

jomoal

 

[Platero]

Wollte nur ergänzen, dass sich der von Pyromella beschriebene Erbgang auf ein Gen bezieht. Dann erfolgt die Aufspaltung so. Sind mehrere Gene im Spiel, was bei Lebewesen immer der Fall ist, können die Nachkommen sehr unterschiedlich aussehen, schmecken, wachsen, etc. Wie bei Kindern auch. Da sehen von vier Kindern auch nicht 2 exakt aus wie die jeweiligen Eltern und die anderen zwei sind eine Mischung daraus, gleichen sich aber untereinander….
In der Praxis bedeutet das, du wirst eine ziemliche Wundertüte an Eigenschaften erhalten……gute und schlechte.

 

[Moonfreak]

Wir Menschen sind ja auch nicht "reinerbig"...

Beim Züchten macht es schon auch einen Unterschied, ob man sortenreine Sorten miteinander kreuzt, oder eines bzw. beide Eltern genetisch instabil sind. Sei es 'ne Hybridsorte, 'ne instabile (eigene) Zuchtlinie, oder eine Sorte, die nicht abschließend stabil ist.

Als ich die Sungold F1 mit der Minibel gekreuzt habe, war die Uniformitätsregel bei meiner F1 absolut nicht anwendbar. Das war ein bunter Mix an roten und orangen Früchten.

Ich dachte zunächst, dass ich nicht sauber gekreuzt habe, und die Frucht sowohl durch Pollenkörner selbstbefruchtet wurde, wie auch durch Pollenkörner, die ich auf die Narbe gedrückt habe. Ne Tomatenfrucht kann ja prinzipiell mehrere Väter haben. Also auch z.B. auch teilverkreuzt sein.

Aber mir war schnell klar, dass dies nicht sein konnte. Denn ich hab mir bei der Kreuzung was gedacht und die Minibel als Mutter gewählt. Keine der F1-Nachkommen war kompaktwüchsig. Also konnte ich eine etwaige, teilweise Selbstbestäubung ausschließen. Zumal ich die Staubbeutel bei der Minibel auch zeitig entfernt habe (wenn diese grasgrün und noch nicht reif sind).

 

[Frau B aus C]

Die Nachkommen von F1-Hybiden spalten sich wieder auf - so wie Pyromella beschrieben.

Dass sie weniger Pollen enthalten sollen ist für mich nicht nachvollziehbar. Vielleicht kann uns das M19J55 mal erklären.

 

[Moonfreak]

Keimen die überhaupt nicht oder tragen die später keine Früchte oder wenn dann nur kümmerlich?

Das wird schon klappen. Wesentliche wurde ja schon gesagt.

Bisher ist mir nur ein Fall bekannt, wo dies nicht geklappt hat. War bei einer Tomate. Die Früchte reiften seltsam unappetitlich beige ab. Sie schmeckten sauer, grasig und eigenartig. Mutmaßlich kam da irgend 'ne Wildtomate bei den Inzuchtlinien zum Einsatz.

Aber davon habe ich bisher nur von Erfolgen gelesen. Natürlich mit gewissen Überraschungen. Absaaten von Hybriden bedeuten immer eine gewisse Wundertüte.

Manchmal spalten Hybridsorten weniger offensichtlich auf, beispielsweise sehen die Früchte aller Pflanzen recht gleich aus. Manchmal aber auch ist das Ergebnis bei diesen Kindern offensichtlicher.

Die o.g. Sungold spaltet z.B. so auf, dass der eine Teil der Pflanzen rotfrüchtig ist. Der andere Teil der Pflanze orangefrüchtig.

Egal ob die Aufspaltung fürs Auge offensichtlich ist, oder nicht. Irgendwas spaltet immer auf. Und das bezieht sich natürlich auf alle Merkmale einer Sorte. Also auch Dinge wie Geschmack, Ertragsleistung, Krankheitsresistenzen, usw.

Prinzipiell kann man aus Hybridsorten samenfeste Sorten züchten. Manchmal reicht der Hobbygarten dafür. Will man es professionell machen, braucht man tausende Pflanzen dafür. Optional mit einem Arsenal an Krankheitserregern, um zu testen, welche dieser Pflanzen welche Resistenz vererbt bekommen hat, falls man das als Züchtungsziel mit aufnehmen will. Und manchmal kann es auch haarig werden. Das charakteristische "Sungold-Aroma" konnte bisher niemand nachbauen. Obwohl es diese Hybridsorte schon so lange gibt.

 

[Moonfreak]

Dass sie weniger Pollen enthalten sollen ist für mich nicht nachvollziehbar. Vielleicht kann uns das M19J55 mal erklären.

Für mich auch nicht.

Es gibt bei Tomaten und Paprika verschiedene Gene (durch Mutationszüchtung z.B. Bestrahlen von Samen hervor gegangen), die dafür verantwortlich sind, dass Staubbeutel und/oder dessen Pollen verkümmert oder unfruchtbar ist.

Evtl. könnte man diese Gene irgendwie in die Inzuchtlinien der Hybride verpacken, so dass Nachkommen eben diese Merkmalsausprägung haben. Keine Ahnung.

Aber in der Praxis hab ich davon noch nie gehört.

Darüber hinaus sind Bienen nicht die primären Bestäuber beim Paprika. Sie gehen zwar prinzipiell hin. Aber so lange sie besseres in der Natur finden, lassen sie die Blüten in Ruhe, da sie wenig Nektar enthalten. Hummeln gehen eher hin. Paprika sind bekanntlich Vibrationsbestäuber und zu dem Selbstbestäuber (Fremdbestäubung ist jedoch möglich). Wind übernimmt hier die Hauptrolle der Bestäubung, in dem dieser die Blüten zum Vibrieren bringt, so dass der Pollen aus den Staubbeuteln heraus rieselt und auf die Narbe fällt. Daneben lösen Bestäuberinsekten diese Vibrationsbestäubung ebenso aus und ermöglichen auch Fremdbestäubung. Auch der Mensch kann die Vibrationsbestäubung auslösen, in dem er die Pflanzen gelegentlich schüttelt. Oder mit 'ner elektr. Zahnbürste oder einem Vergnügungsgerät für Frauen an die Blüten geht. Es muss halt vibrieren.