Instabile Neuzüchtungen

@Pyromella: Ich habe mehrere Gründe instabile Sorten anzubauen...
Angefangen hat es damit, dass ich ein furchtbar neugieriger Mensch bin und Herausforderungen brauche und liebe. Es reizt mich zu schauen was dabei herauskommt, ich hinterfrage Vieles, suche mir kompetente Gesprächspartner, experimentiere selbst und lerne ständig mehr.
Zu Beginn habe ich es nur für mich getan, inzwischen unterstütze ich Menschen die es sich zum Ziel gesetzt haben samenechte Sorten, ganz gleich ob Neue oder Alte, zu erhalten und Saatgut zur Verfügung zu stellen.
Dazu gehört dass Sorten immer wieder angebaut und in Umlauf gebracht gebracht werden denn nur so lassen sie sich erhalten, würde man reine Archivarbeit betreiben käme das einem Tomatenmuseum gleich.

Wenn Du den Platz dafür hättest um eigene Kreuzungen zu machen und weiter zu entwickeln und das von der ersten Generation an, dann müsstest Du eigentlich bei den Wildsorten beginnen... und zwar bei den echten Wilden, nicht mit denen die nur so genannt werden.
Startest Du mit zwei alten samenfesten Sorten, so haben auch die irgendwelche Vorgänger.
Und nicht jede neue Sorte entsteht durch gezielte Kreuzung, manche sind auch aus Zufallskreuzungen entstanden, durch Verwilderung oder Folge natürlicher oder erzwungener Mutation.

Um ein eventuelles Missverständnis aufzuklären sei noch gesagt, eine alte Sorte, sagen wir mal von 1910, kann samenfest sein, muss es aber nicht, auch damals sind nicht alle neu entdeckten Sorten ausreichend stabilisiert worden, nur kamen sie in der Regel nicht in den Handel.
Umgekehrt kann auch eine neue Sorte, z. B. von 2004, inzwischenweitgehend samenfest sein, aber bei aller Selektionsbemühung ist ein Ausreißer nie zu 100% ausgeschlossen, es kommt nur selten vor, aber so ist das nun mal mit der Natur.

LG Conya
 
  • @ Michi: Puh, da warste ja fleißig, aber danke schön, so brauche ich zur Genetik vorerst nix weiter erklären:paar:

    Du hast aber etwas sehr Wichtiges genannt, es ist tatsächlich notwendig dass mehrere Händler, oder sagen wir Erhalter, Saat einer Sorte miteinander austauschen um eine Sorte mit all ihren typischen Merkmalen zu erhalten.
    Wenn wir Samen einer stabilen Sorte an fünf Personen verteilen die an verschiedenen Orten leben, sie bauen die Sorte an ohne jemals Saat miteinander zu tauschen, dann werden sie nach längerer Zeit fünf verschiedene Sorten unter gleichem Namen haben. Das liegt daran, dass sich die Pflanzen an die unterschiedlichen Lebensbedingungen anpassen, in einem Ort ist es wärmer als anderswo, es gibt mehr Niederschlag, mehr Wind, andere Bodenzusammensetzung usw.

    Die Sorte "Michael Pollan" ist schon länger im Handel und auch bei ihr gibt es interessante Entwicklungen. Man kann in vielen Beschreibungen lesen, dass sie ein Multiflora-Typ ist und kleine, Birnenförmige Früchte trägt, aber ich kenne auch eine andere Variante, da sind die Früchte an einer Pflanze, sogar an einer Rispe, oval bis birnenförmig und sie ist keine Multiflora und die Früchte sind größer als die heute gehandelte Sorte.
    Und mir ist aufgefallen, sie hatte damals einen besseren Geschmack, zumindest nach meinem Empfinden und ich hoffe sehr dass ich dieses Jahr mit der Aussaat erfolgreich bin, denn das letzte mir verfügbare Saatgut besteht lediglich aus zwei Körnchen und hat schon viele Jahre hinter dem Wohnzimmerschrank eines alten Herrn überdauert.

    LG Conya
     
    Ist Michael Pollan nicht eine Mutation gewesen oder habe ich das falsch in Erinnerung?

    Aber nun zu meiner Frage:
    Ich habe bei einem Händler/Erhalter im Shop seine eigenen Züchtungen entdeckt und ihn angeschrieben und nach der Generation gefragt, in der die Sorten seien.
    Er schrieb, dass bei der einen Sorte, die aktuell mehr als 9 Generationen sei (komisch, dass er es nicht genau weiß..) in den letzten 2 Generationen "eine Eigenschaft herausgezüchtet" worden sei, welche wahrscheinlich ein dominantes Gen sei.
    Kann das sein, dass nach der siebten Generation noch dominante Merkmale erscheinen, oder habe ich da was falsch verstanden?
     
  • Wenn wir Samen einer stabilen Sorte an fünf Personen verteilen die an verschiedenen Orten leben, sie bauen die Sorte an ohne jemals Saat miteinander zu tauschen, dann werden sie nach längerer Zeit fünf verschiedene Sorten unter gleichem Namen haben. Das liegt daran, dass sich die Pflanzen an die unterschiedlichen Lebensbedingungen anpassen, in einem Ort ist es wärmer als anderswo, es gibt mehr Niederschlag, mehr Wind, andere Bodenzusammensetzung usw.

    Ja, das kommt ja auch noch dazu! Da könnte man schon drüber verzweifeln. Aber das macht auch den Reiz aus. Tomaten sind eben etwas lebendiges und keine Briefmarken.

    Aber andererseits sollte die klimatischen Anpassung vielleicht besser nach der genetischen Stabilisierung erfolgen oder nicht?
     
  • Da ich weiß, dass hier ja auch selbst gekreuzt wird, mal eine neugierige Frage: Was ist eigendlich der Reiz daran, die instabile Linie eines anderen Züchters anzubauen, und nicht gleich selbst zu kreuzen? Ich glaube, wenn ich den Platz hätte, dann würde mich der Prozess ganz von der ersten Generation an reizen.
    Ich finde beides interessant. Und es ist ja auch eine Zeitfrage. Wenn man Samen erhält, die z.B. schon in der vierten Generation sind und hat dazu klar Vorgaben, welches Ziel angestrebt ist dann hat man einiges an Zeit gewonnen und braucht auch nicht mehr soviel Platz, wie bei den Samen in der F2 Generation. Trotzdem ist es für mich das Allerschönste die Pflanzen der eigenen Züchtung in der F2-Generation zu sehen. Und wenn ich viel Platz hätte (einen Acker) dann würde ich am liebsten alle F2-Samen aussäen, die ich selbst gewonnen habe.
    Eine nichtgewollte Aufspaltung zu sehen ist einfach nur ärgerlich. Eine gewollte Aufspaltung zu sehen, ist Abenteuer. :lachend:
     
    Wenn jemand allerdings einen kleinen Shop aufzieht, als Hobbyzüchter tätig wird, bei seinen Kreuzungen an einer Pflanze sehr interessante Früchte vorfindet, Samen abnimmt, sie erneut aussät und nix Vergleichbares feststellt, dann hat derjenige noch viel Arbeit vor sich.
    Stattdessen wurden sehr schöne Fotos dieser Früchte im Shop eingestellt, der Hobbyzüchter gab bekannt, dass er ab sofort kein Amateur mehr ist, man bekommt rund 30 Samen pro Tüte... und erst wenn man liest was auf der Tüte steht wird man darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Saatgut um eine Mischung aus F2 bis F4 handelt...

    Das hast Du erlebt??? Kannst Du mir bitte mal per PN schreiben, welcher Shop das war? Das ist doch unglaublich!
     
  • Viel Diskussion um die Tomatensorten.
    Nun, ich schaute gerade beim Bundessortenamt vorbei,
    da werden Tomatensorten nicht besonders behandelt, also
    ein Reinfall bei neuen Tomatensorten ist immer vorprogrammiert,
    besonders weil hier von Nobodys sehr viel Geld verdienen lässt.
    BLEIBT BEI EINGESESSENEN SAMENHÄNDLERN,
    wie Weigelt, Benary, Hoffmann und anderen.
     
    @ Tubi: Michael Pollan soll zwischen Green Zebra aufgetaucht sein, da ist eine Mutation denkbar, ob sie nachgewiesen wurde weiß ich nicht, müsste ich mal nachforschen.

    Die Stabilisierung nach sieben Jahren ist nur ein Richtwert, auch danach können noch Änderungen auftauchen.
    In dem Fall wäre es aber auch möglich, dass ein dominantes Merkmal vorher einfach nicht erwünscht und deshalb ausselektiert wurde. Wenn es tatsächlich dominant ist kann es auch sehr hartnäckig sein, war es ein unerwünschtes Merkmal bleibt am Ende oft nur die Entscheidung es hinzunehmen oder die Kreuzung zu verwerfen.

    Klimatische Anpassung erfolgt von selbst beim Freilandanbau, man kann sie aber unterstützen in dem man Pflanzen die offensichtliche Probleme mit Hitze, Kälte, Niederschlag usw. haben ausselektiert, auch schon bei der Stabilisierung.

    LG Conya
     
    Bin grad faul. Lesen okay, schreiben, ne, heute nicht... :LOL:

    Dankenswerterweise hat ja Conya schon in die Tasten gehaut.

    Ansonsten: Ich kann noch folgenden Link empfehlen...


    Da hab ich viel von gelernt...

    @Tubi scroll mal runter, ganz bis unten. Da kommt 'n Link "Segregation". Quasi die Seite 2 zu der tollen Lektüre. Da befindet sich dann auch eine Tabelle mit den einzelnen Filialgenerationen und ihre (In)stabilität. Lies dazu insbesondere den Text über und unter der Tabelle.

    Sehr interessant, gerade an Tagen, wo man lieber liest als schreibt... :sneaky:

    Grüßle, Michi ... der jetzt weiter chillt
     
  • habe dieses Jahr hier ein paar für mich neue Sorten bestellt:

    www.biobewusst-gartenshop.de

    biobewusst-gartenshop
    Wir geben Teile unseres Saatgutarchivs an Gartenfreunde ab.
    www.biobewusst-gartenshop.de
    www.biobewusst-gartenshop.de
    Das klingt erst mal gut finde ich. Mal schauen. Die sind als Ergänzung gedacht zu Saatgut aus dem Wichtelpaket und Alltimefavorites.

    Passt irgendwie auch in die " instabile Züchtung" Diskussion,

    Zitat
     
  • Hmmja, wenn sie denn stabilisieren wollen brauchen sie ne Menge Platz, vor allem wenn es um mehr als eine Handvoll Sorten geht.
    Will man dann sortenreine Saat ernten muss man im GWH anbauen oder im Freiland mit Gemüseschutznetzen arbeiten, alternativ pflanzt man großflächig nur eine Sorte.
    Aber wenn es Dich interessiert schreib sie doch einfach an, sie müssten die Fragen schließlich beantworten können.

    LG Conya
     
    Sie schreiben auch, dass es sich dabei um Züchtersorten handelt deren Merkmale nicht ausreichend stabilisiert wurden und das ist eine Arbeit die eigentlich der Züchter zu erledigen hat, zumindest wnn er die Sorten verkaufen möchte. Wenn das andere tun, dann kann man sich als Züchter bequem zurücklehnen, schauen was andere in mühevoller Arbeit erzielen können und hat dann die Option zu sagen "seht her, die Sorte habe ich gezüchtet, ist die nicht gut gelungen?"

    Aber davon abgesehen, wenn man einen Hektar Land bewirtschaftet ist die Zahl der Sorten die man stabilisieren möchte begrenzt, vor allem wenn man noch so viele andere Sorten und diverses Gemüse anbaut.

    LG Conya
     
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