Von was erntet Ihr alles Samen?

WaA76

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16. Juni 2010
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Oberösterreich
Hallo liebes Forum!

Da langsam im Garten die große Ernte einsetzt, würde ich euch gerne mal fragen, von was ihr alles Samen erntet zur Aussaat fürs nächste Jahr.

Oder kauft Ihr jedes Jahr eure Samen neu? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht - wird wie oft von den Saatgutherstellern behautet - durch Laienvermehrung im eingen Hausgarten das Saatgut/ die Pflanzeneigenschaften jedes Jahr schlechter?

Wie sind eure Erfahrungen bezüglich Verkreuzungsgefahr?

Ich mach mal nen Anfang (heuer mein erstes Gartenjahr, daher nicht viele Erfahrungen):

Buschbohnen Daisy
Prunkbohnen Preisgewinner und Lady Di (eine am Balkon und eine im Garten wegen Verkreuzungsgefahr)
Markerbse Lancet
Vogelaugenchili
Balkonchili "Feuerwerk"

Neukaufen tu ich Radies, Rettiche, Spinat und so ziemlich alles an Kräutern, weil ich da keine Ahnung habe, wie ich da Samen bekomme.
Tomaten habe ich heuer schon gezogene Pflänzchen gekauft, da ich den Garten erst im Juni bekam. Da sie die aussagekräfte Beschriftung "Balkontomate" trugen und soweit ich gemerkt habe, es verschiedene Sorten sind, werde ich von denen keine Samen nehmen und mir nächstes Jahr selber welche kaufen (kenn irgendwer eine gute Sorte?)

Hoffe auf einen interessanten Thread!

liebe Grüße,

Erwin
 
  • Hallo Erwin! :)

    Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht - wird wie oft von den Saatgutherstellern behautet - durch Laienvermehrung im eingen Hausgarten das Saatgut/ die Pflanzeneigenschaften jedes Jahr schlechter?

    Das ist leider in der Tat so. Liegt aber nur an einer falschen Vorgehensweise. Auch ein einfacher Hobbygärtner ist in der Lage optimales Saatgut zu produzieren. Dazu braucht er von der Sorte, die er vermehren möchte eine Handvoll Pflanzen. Beispielsweise 6-12 bei Tomaten. Dann wählt er die Mutterpflanze mit den besten Eigenschaften aus und vermehrt ausschließlich diese weiter. So bleibt die Vitalität erhalten. Auch Einkreuzen mit einer anderen Pflanze derselben Sorte hilft die Vitalität zu erhalten.

    Häufig beobachte ich beispielsweise Hobbygärtner - dazu gehöre momentan auch ich -, die eine Vielzahl von verschiedenen Tomatensorten im Garten kultivieren. Aber von jeder Sorte vielleicht gar nur eine einzige Pflanze. Und diese wird dann blind weitervermehrt. Logisch dass dann da die genetische Vitalität verloren geht, oder?

    Ein anderer kultiviert vielleicht nur eine oder zwei Sorten in seinem Garten. Hat zwar von jeder Sorte eine ausreichende Anzahl an Kandidaten. Vermehrt aber trotzdem willkürlich ohne die beste Mutterpflanze zu selektieren.

    Die genetische Vitalität verliert sich schleichend. Das merkt man häufig garnicht. Erst wenn man nach vielen Jahren frisches Saatgut derselben Sorte eingekauft hat und einen Vergleich mit dem eigenen Saatgut unternimmt merkt man den Unterschied.

    Wie sind eure Erfahrungen bezüglich Verkreuzungsgefahr?

    Das ist sehr unterschiedlich von Art zu Art. Normale Gartenbohnen verkreuzen sich sehr, sehr selten. Feuerbohnen dagegen sehr häufig. Sehr häufig kreuzen sich auch Gurken, Kürbis, Zucchini & Melonen.

    Dazu kommen noch weitere Faktoren, im Falle der Tomate will ich das verdeutlichen. Tomaten sind selbstbefruchtend. Sie sind auf die Bestäubung durch Insekten nicht angewiesen. Einzig der Wind bringt die Vibrationsbestäubung zum auslösen. Dennoch hocken manchmal Bestäuberinsekten an die Blüten, insbesondere Hummeln. Diese sind dann für Verkreuzungen verantwortlich.

    Entscheident bei der Tomate ist der Blütenbau. Je weiter der Griffel herausragt, um so höher die Verkreuzungsrate. Das bedeutet: Bei den einen Sorten ist die Verkreuzungsrate höher, bei den anderen niedriger.

    77594379.jpg

    Der Griffel bei der Tomatenblüte

    20446550.jpg

    Links hohe Verkreuzungsgefahr | Rechts niedrige Verkreuzungsgefahr

    Hat man viele Bienen & Hummeln im Garten ist die Verkreuzungsrate natürlich höher. Gesenkt werden kann die Kreuzungsrate, wenn man im Garten ein großes Angebot an Futterpflanzen für Bestäuberinsekten besitzt. Im Freiland ist die Kreuzungsrate wiederrum höher als im Gewächshaus.

    Häufig kann man einer Verkreuzung entgegen wirken. Setzt man beispielsweise bei Tomaten einen selbstbefüllbaren Teebeutel (bekommt man im Drogerieladen) oder ein zurechtgeschnittenes Vlies über die Blüten und rüttelt anschließend gelegentlich die Blüten zur manuellen Bestäubung, erhält man sortenreines Saatgut.

    37349844.jpg

    Teebeutel über Tomatenblüten

    Verkreuzungen spielen bei vegetativer Vermehrung keine Rolle: Beispielsweise bei Kartoffeln oder Erdbeeren.

    Grüßle, Michi :)
     
  • @Michi. Was für eine super tolle und ausführliche Antwort!!!!!

    Jetzt eine einfache Antwort. Bei den Tomaten nehme ich Samen,wenn sie mir gut gefallen haben. Gurken habe ich im letzten Jahr probiert, aber es hat nicht geklappt, daher dieses Jahr nichts Melone werde ich ausprobieren. Auch noch keine Erfahrung. Kräuter werde ich auf jeden Fall neu kaufen.
    Ansonsten werde ich Samen sammeln von Ringelblumen und Gewürztagetes.
     
  • Danke! :grins:

    Wann hast du die Samen geerntet? Bei Gurken reicht es nicht sie bei sog. Essreife zu ernten. Die Früchte müssen richtig lang hängen, bis sie gelb werden. Dann erreichen sie Samenreife.

    Grüßle, Michi :)
     
  • Welche Sorte willst du überhaupt vermehren?

    Und vergiss nicht: Gurken kreuzen sich leicht. Unbedingt dran denken, wenn du noch andere Sorten anbauen solltest oder Gurken in der Nachbarschaft stehen.

    Grüßle, Michi :)
     
    Hallo,

    ich versuche fast von allen Pflanzen Samen zu ernten. Bis jetzt habe ich es von Schlangengurken nicht geschafft. Es geht einfach von :
    Dill
    Tomaten (wichtig auf erhalltung der Sortenreinheit achten)
    Kürbissen ( selbst bestäuben!)
    Zucchini
    Gurken
    Kohl
    Kohlrabi
    Sellerie
    Petersilie
    Karotten
    Knobi
    Auf manche Samen muß man 2 Jahre warten und Glück haben, wie z:B. Kohl.

    Ich lasse für Samen immer auf einer Pflanze das Beste am Frucht was Sie hat. Bei manchen Exoten werden manchmal sogar 2-3 ganze Pflanzen für Samen abgestellt.

    Jede Samen wird auch anders geerntet. Tomaten z.B. fermentiert (vergoren).
    Gutes gelingen bei Samenernte

    Grüße
    Tosca
     
    Erstmal danke für die ausführlichen und hilfreichen Antworten! Obwohl das meine erste Gartensaison ist habe ich hier im Forum derart viel lernen dürfen, dass ich mich mal bei allen Experten hier recht herzlich bedanken möchte, die sich die Mühe machen, ihr ausführliches Wissen mit *uns Unwissenden* zu teilen! :cool:

    Noch ein paar Fragen:
    Da hier ja erwähnt wurde, dass Feuerbohnen sich so leicht verkreuzen, erkenne ich eine eventuelle Verkreuzung an den Samen? Oder wie erkenne ich eine Verkreuzung überhaupt? Meine Oma hat nämlich immer Feuerbohnen verschiedenster Sorten dicht nebeneinander angebaut und soweit ich weiß gabs da nie irgendwelche Probleme, auch die Samen jeder Sorte sahen immer gleich aus :confused:

    @michi: das ist ja genau das Problem mit dem Erhalt der genetischen Vielfalt, man hat x verschiedene Sorten an Tomaten und überall nur ein bis zwei Pflanzen. Wie kriegst du dass dann hin? Grade die Vielfalt machts ja spannend und ich muss beim Einkaufen immer drauf achten, dass sich nicht wieder ein paar neue Sorten in den Einkaufswagen schummeln...

    Nimmt auch jemand von euch Radieschensamen ab? Mich würd mal interessieren, ob die Samen dann auch so schöne rote Knollen bilden.

    Braucht Ihr eure Samentüten regelmäßig auf? Ich habe heuer erst eine Tüte verbraucht (und das war ein Tütchten Gartenkresse...) und in den andren ist noch sooo viel drin, da komm ich noch Jahre aus! Bsp.: hab ne Tüte Spinatsamen Monnopa gekauft, wo draufsteht: Inhalt reicht für 1200 Pflanzen. :d Wenn ich so viel Spinat esse, sterbe ich an einer Oxalsäurevergiftung...
    Wie lange hält so Samen überhaupt?
     
    @Michi. da ich selber 3 verschiedene Sorten nebeneinander habe, sollte ich wohl doch keine Samen nehmen und mir im nächsten Jahr neues Saatgut kaufen.
    Bei den nächsten Tomatensamen, die ich nehme, werde ich daran denken, die gesündeste Mutterpflanzen auszuwählen.
     
  • Hallo liebes Forum!

    Da langsam im Garten die große Ernte einsetzt, würde ich euch gerne mal fragen, von was ihr alles Samen erntet zur Aussaat fürs nächste Jahr.

    Oder kauft Ihr jedes Jahr eure Samen neu? Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht - wird wie oft von den Saatgutherstellern behautet - durch Laienvermehrung im eingen Hausgarten das Saatgut/ die Pflanzeneigenschaften jedes Jahr schlechter?

    Wie sind eure Erfahrungen bezüglich Verkreuzungsgefahr?

    Ich mach mal nen Anfang (heuer mein erstes Gartenjahr, daher nicht viele Erfahrungen):

    Buschbohnen Daisy
    Prunkbohnen Preisgewinner und Lady Di (eine am Balkon und eine im Garten wegen Verkreuzungsgefahr)
    Markerbse Lancet
    Vogelaugenchili
    Balkonchili "Feuerwerk"

    Neukaufen tu ich Radies, Rettiche, Spinat und so ziemlich alles an Kräutern, weil ich da keine Ahnung habe, wie ich da Samen bekomme.
    Tomaten habe ich heuer schon gezogene Pflänzchen gekauft, da ich den Garten erst im Juni bekam. Da sie die aussagekräfte Beschriftung "Balkontomate" trugen und soweit ich gemerkt habe, es verschiedene Sorten sind, werde ich von denen keine Samen nehmen und mir nächstes Jahr selber welche kaufen (kenn irgendwer eine gute Sorte?)

    Hoffe auf einen interessanten Thread!

    liebe Grüße,

    Erwin

    Erwin: um Tomatensamen brauchst Du Dir sicher keine Sorgen machen, da kriegste sicher ein paar kredenzt (auch von mir).

    Anbieten kann ich auch noch Feuerbohnen/Käferbohnen (Prunkbohnen) - eigene Ernte. (da gibt es ja mehrere Sorten). Kann man frisch essen und trocknen. Kosten hier im Supermarkt ne Stange und werden - angeblich - nur in der Steiermark angebaut (hahaha, die wachsen auch bei mir wie blöd).

    Kommst Du aus Ö?
     
  • Da hier ja erwähnt wurde, dass Feuerbohnen sich so leicht verkreuzen, erkenne ich eine eventuelle Verkreuzung an den Samen? Oder wie erkenne ich eine Verkreuzung überhaupt? Meine Oma hat nämlich immer Feuerbohnen verschiedenster Sorten dicht nebeneinander angebaut und soweit ich weiß gabs da nie irgendwelche Probleme, auch die Samen jeder Sorte sahen immer gleich aus :confused:

    Wundert mich aber schon. Mit Feuerbohnen habe ich selber keine Erfahrung. Ich habe mich mehr auf Fruchtgemüse spezialisiert. Aber in meinem schlauen Buch steht geschrieben, dass Feuerbohnen Fremdbefruchter seien und auf Bestäubung durch Insekten angewiesen sein. Und das sich verschiedene Sorten mit großer Sicherheit verkreuzen würden.

    Mein schlaues Buch nennt sich übrigens "Handbuch Samengärtnerei". Auf über 400 Seiten wird ausführlich und verständlich von so ziemlich allem erklärt, wie man Samen nimmt. Und worauf man achten muss, beispielsweise wie man vorgeht um 100%ig unverkreuztes Saatgut zu erhalten. Ich habe nicht viele Gartenbücher, genau genommen nur 2 Stück. Aber dieses Buch musste her und ist für mich zu einem unverzichtbaren Nachschlagewerk geworden.

    @michi: das ist ja genau das Problem mit dem Erhalt der genetischen Vielfalt, man hat x verschiedene Sorten an Tomaten und überall nur ein bis zwei Pflanzen. Wie kriegst du dass dann hin?

    Garnicht! Der Platz in meinen Garten ist beschränkt. Beschränkt auf etwa max. 200 Tomatenpflanzen. Davon habe ich etwa 160 verschiedene Sorten. Folglich hab ich von den meisten Sorten nur eine einzige Pflanze.

    Da ich nicht aus 10-12 Pflanzen pro Sorte die beste selektieren kann, gebe ich i.d.R. auch keine Samen an andere Leute ab. Es werden i.d.R. auch garnicht erst welche gewonnen.

    Mir geht es letztlich nur darum aus etwa 160 Sorten einen Überblick zu gewinnen. Diese 160 Sorten sind eine Auslese aus ausführlichen Recherchen. Ich habe mir diese Sorten aus aller Welt schicken lassen. Und mir geht es dieses Jahr lediglich darum interessante Sorten als Kreuzungspartner zu finden. Nächstes Jahr geht's dann los mit der Tomatenzüchtung.

    Nimmt auch jemand von euch Radieschensamen ab? Mich würd mal interessieren, ob die Samen dann auch so schöne rote Knollen bilden.

    Ich lasse gerade Radieschensamen wachsen. Dazu lässt man die Radieschen einfach auf dem Beet stehen, obwohl sie Knollen haben. Irgendwann fängt er dann zum blühen an:

    77512059.jpg

    Später hat er dann diese Fruchtstände:

    77882565.jpg

    Ich gehe schon einmal davon aus, dass der eigene Samen später Knollen ansetzt. Sonst würde ich ja keine Samen wachsen lassen. Inwiefern sich der Aufwand allerdings bei 08/15 Radieschen lohnt, die man für wenig Geld wieder neu kaufen kann muss jeder selber wissen. Bei seltenen (z.B. welche mit gelben Knollen) sieht das anders aus.

    Braucht Ihr eure Samentüten regelmäßig auf?

    Kommt drauf an. In Tüten wo z.B. nur 5 Korn drin ist, geht das innerhalb einer Saison. Ansonsten nicht...

    Wie lange hält so Samen überhaupt?

    Unterschiedlich von Art zu Art. Dazu habe ich folgende Seite:

    Samen - Keimfähigkeit - Code - Verschiedenes

    Grüßle, Michi
     
    Ich hätte da noch eine spezielle Frage zu der Samengewinnung und Erhalt der genetischen Vielfalt:

    Ich habe heuer Buschbohnen Daisy gepfanzt. Davon ist eine einzige "Staude" etwa doppelt so groß wie die anderen, mit wirklick dickem Stamm und gigantisch vielen Blühten/Bohnen. Wenn ich jetzt nur von dieser einen die Samen nehme, verliere ich dann auch die genetische Vielfalt oder ist das eine Art Auslese? Oder soll ich auch von den anderen ein paar Samen ernten und zu denen von der Superbohne dazumischen?
     
    Die Eigenschaften sollten für die Sorte typisch sein. Da aber keine andere Pflanze derartige Eigenschaften zeigt solltest du die gewonnen Samen dieser "Wunderpflanze" als eine eigene Sorte behandeln. Stattdessen gewinnst du von einer zweiten Pflanze Samen, die dann aber die besten, sortentypischen Eigenschaften trägt. Diese darfst du dann auch "Daisy" nennen.

    Grüßle, Michi :)
     
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